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Die Firma

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Titel: Die Firma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Hände tief in die Taschen seines Wollmantels und ging langsam auf die Gedenkstätte zu. Kalte Böen aus dem Norden ließen das tote Laub in alle Richtungen flattern. Er zitterte und schlug den Mantelkragen bis über die Ohren hoch.
    Ein einsamer Pilger saß starr in einem Rollstuhl und betrachtete die Mauer. Auf seinen Knien lag eine dicke Steppdecke. Unter einem übergroßen Beret in Tarnfarben verdeckte eine Flieger-Sonnenbrille seine Augen. Er saß so ziemlich am Ende der Mauer, in der Nähe der Namen der im Jahre 1972 Gefallenen. Mitch folgte den Jahren auf dem Gehsteig, bis er in die Nähe des Rollstuhls gelangt war. Er überflog die Namen. Der Mann war plötzlich vergessen.
    Er holte tief Luft und spürte eine Art Taubheit in seinen Beinen und in seinem Magen. Er ließ den Blick langsam abwärts wandern, und da, fast am unteren Ende, war er. Der Name Rusty McDeere, säuberlich, sachlich eingraviert, genau wie die vielen anderen.
    Ein Korb mit gefrorenen, verwelkten Blumen stand am Fuße der Gedenkstätte, nur ein paar Zentimeter von seinem Namen entfernt. Mitch stellte ihn behutsam beiseite und kniete vor der Mauer nieder. Er berührte die eingravierten Buchstaben von Rustys Namen. Rusty McDeere. Alter achtzehn, für immer. Sieben Wochen in Vietnam, als er auf eine Landmine trat. War sofort tot, hatte es geheißen. Das sagten sie immer, behauptete Ray. Mitch wischte sich eine kleine Träne ab und stand da und betrachtete die Mauer. Er dachte an die fünfundachtzigtausend Familien, denen man gesagt hatte, sie wären sofort tot gewesen und niemand hätte da drüben leiden müssen.
    »Mitch, sie warten.«
    Er fuhr herum und sah den Mann in dem Rollstuhl an, den einzigen Menschen weit und breit. Die Flieger-Sonnenbrille starrte auf die Wand und schaute nicht auf. Mitch ließ seinen Blick in alle Richtungen schweifen.
    »Ganz ruhig, Mitch. Wir haben die Gegend abgesperrt. Sie können Sie nicht beobachten.«
    »Und wer sind Sie?« fragte Mitch.
    »Nur einer von der Truppe. Sie müssen uns vertrauen, Mitch.
    Der Direktor hat Ihnen ein paar wichtige Dinge zu sagen, Dinge, die Ihnen das Leben retten können.«
    »Wo ist er?«
    Der Mann im Rollstuhl drehte den Kopf und schaute den Gehsteig entlang. »Gehen Sie in diese Richtung. Man wird Sie finden.«
    Mitch warf noch einen Blick auf den Namen seines Bruders, dann ging er hinter dem Rollstuhl vorbei. Er ging an dem Denkmal der drei Soldaten vorbei. Er ging langsam, abwartend, die Hände tief in den Taschen. Fünfzig Meter hinter der Gedenkstätte trat Wayne Tarrance hinter einem Baum hervor und gesellte sich zu ihm. »Weitergehen«, sagte er.
    »Weshalb bin ich nicht überrascht, Sie hier zu sehen?« sagte Mitch.
    »Gehen Sie einfach weiter. Wir wissen von mindestens zwei Typen aus Memphis, die vor Ihnen hier eintrafen. Sie wohnen im gleichen Hotel wie Sie, im Zimmer neben dem Ihren. Hierher sind sie Ihnen nicht gefolgt. Ich glaube, wir haben sie abgehängt.«
    »Was zum Teufel geht da vor, Tarrance?«
    »Das werden Sie gleich erfahren. Gehen Sie weiter. Aber keine Aufregung, niemand beobachtet Sie, außer ungefähr zwanzig unserer Leute.«
    »Zwanzig?«
    »Ja. Wir haben diese Gegend abgeriegelt. Wir wollten ganz sicher gehen, daß diese Typen aus Memphis nicht hier aufkreuzen. Ich rechne nicht damit, daß sie es tun.«
    »Wer sind diese Leute?«
    »Der Direktor wird es Ihnen erklären.«
    »Weshalb der Direktor selbst?«
    »Sie stellen eine Menge Fragen, Mitch.«
    »Und Sie haben nicht genug Antworten.«
    Tarrance deutete nach rechts. Sie verließen den Gehsteig und strebten auf eine schwere Betonbank in der Nähe einer Brücke zu, die in ein Wäldchen führte. Das Wasser in dem Teich darunter war zugefroren.
    »Hinsetzen«, wies ihn Tarrance an. Beide ließen sich auf der Bank nieder. Zwei Männer kamen über die Brücke. In dem kleineren von beiden erkannte Mitch sofort Voyles. F. Denton Voyles, Direktor des FBI unter drei Präsidenten. Ein Verbrecherjäger, der kein Blatt vor den Mund nahm und im Ruf der Unerbittlichkeit stand.
    Mitch erhob sich respektvoll, als sie vor der Bank stehenblieben. Voyle streckte ihm eine kalte Hand entgegen und musterte Mitch. Das große, runde Gesicht, das alle Welt kannte. Sie reichten sich die Hand und nannten ihre Namen.
    Voyles deutete auf die Bank. Tarrance und der andere Agent gingen zu der Brücke und betrachteten den Horizont. Mitch warf einen Blick über den Teich und sah zwei Männer, eindeutig Agenten in schwarzen

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