Die Firma
Chicago auf die Inseln? Haben Sie irgendeine Ahnung? Das Flugzeug, vermuten wir. Dieser vergoldete Lear, mit dem Sie gekommen sind, fliegt ungefähr jede Woche einmal nach Georgetown.«
Mitch saß steif da und beobachtete Tarrance, der sich außer Hörweite aufhielt und jetzt auf der Brücke stand. »Und weshalb besorgen Sie sich dann nicht Haftbefehle und lassen den ganzen Laden hochgehen?«
»Wir können es nicht. Wir werden es tun, das versichere ich Ihnen. Ich habe in Memphis fünf und hier in Washington drei Agenten mit der Sache beauftragt. Ich werde sie kriegen, Mitch, das verspreche ich Ihnen. Aber wir brauchen einen Insider. Sie sind sehr gerissen. Sie haben Unmengen von Geld. Sie sind über die Maßen vorsichtig, und sie machen keine Fehler. Wir sind auf Hilfe von Ihnen oder einem anderen Angehörigen der Firma angewiesen. Wir brauchen Kopien von Akten, Kopien von Bankauszügen, Kopien von einer Million Dokumenten, die nur von drinnen kommen können. Sonst ist es unmöglich.«
»Und ich wurde auserwählt.«
»Und Sie wurden auserwählt. Wenn Sie ablehnen, können Sie Ihren Weg weitergehen und Unmengen von Geld scheffeln und ganz allgemein ein erfolgreicher Anwalt sein. Aber wir werden es weiter versuchen. Wir werden warten, bis wieder ein Neuer eingestellt wird, und versuchen, mit ihm ins Geschäft zu kommen. Und wenn das nicht funktioniert, machen wir uns an einen der älteren angestellten Anwälte heran. Einen, der genügend Mut und Moral und Mumm hat, um das Ric h tige zu tun. Eines Tages werden wir unseren Mann finden, Mitch, und wenn das passiert, stellen wir Sie zusammen mit allen anderen vor Gericht und verfrachten Ihren wohlhabenden und erfolgreichen Arsch ins Gefängnis. Dazu wird es kommen, mein Sohn, das können Sie mir glauben.«
In diesem Augenblick, zu dieser Zeit und an diesem Ort, glaubte ihm Mitch. »Mr. Voyles, mir ist kalt. Können wir ein wenig herumgehen?«
»Natürlich, Mitch.«
Sie kehrten langsam auf den Gehsteig zurück und gingen auf die Vietnam-Gedenkstätte zu. Mitch warf einen Blick über die Schulter. Tarrance und der andere Agent folgten ihnen in einigem Abstand. Ein weiterer, dunkel gekleideter Agent saß auf einer Bank am Wege.
»Wer war Anthony Bendini?« fragte Mitch.
»Er heiratete 1930 eine Morolto. Der Schwiegersohn des Alten. Damals operierten sie in Philadelphia, und er arbeitete gleichfalls dort. Dann, in den Vierzigern, wurde er aus irgendeinem Grund nach Memphis geschickt, um dort eine neue Firma zu gründen. Nach allem, was wir gehört haben, war er ein hervorragender Anwalt.«
Tausend Fragen fluteten durch sein Gehirn und drängten darauf, gestellt zu werden. Er versuchte, einen gelassenen, beherrschten, skeptischen Eindruck zu machen.
»Was ist mit Oliver Lambert?«
»Ein wahres Juwel. Der perfekte Seniorpartner, der nur zufällig alles über Hodge und Kozinski und die Pläne zu ihrer Beseitigung wußte. Wenn Sie Mr. Lambert das nächste Mal im Büro begegnen, versuchen Sie sich daran zu erinnern, daß er ein kaltblütiger Mörder ist. Natürlich bleibt ihm nichts anderes übrig. Wenn er sich weigerte, würde man wenig später irgendwo seine Leiche finden. So sind sie alle, Mitch. Sie haben genau so angefangen wie Sie. Jung, intelligent, ehrgeizig, bis sie plötzlich eines Tages bis über beide Ohren drinsteckten und nirgendwo anders hinkonnten. Also spielen sie mit, arbeiten schwer, tun alles, was in ihren Kräften steht, um die Fassade zu erhalten und wie eine echte, respektable kleine Anwaltsfirma auszusehen. So ziemlich jedes Jahr rekrutieren sie einen vielversprechenden jungen Anwalt aus ärmlichen Verhältnissen, ohne Geld in der Familie, mit einer Frau, die Kinder haben möchte, und sie überschütten ihn mit Geld und kaufen ihn ein.«
Mitch dachte an das Geld, das ungewöhnlich hohe Gehalt von einer kleinen Firma in Memphis, und an den Wagen und die zinsgünstige Hypothek. Er war nach Wall Street unterwegs gewesen und hatte sich von dem Geld nach Memphis locken lassen. Nur von dem Geld.
»Was ist mit Nathan Locke?«
Der Direktor lächelte. »Locke ist eine andere Geschichte. Er war ein armer Junge in Chicago, und als er zehn war, wurde er der Laufbursche des alten Morolto. Er ist zeitlebens ein Gangster gewesen. Hat mit Ach und Krach sein Studium hinter sich gebracht, und der alte Mann schickte ihn in den Süden, damit er Anthony Bendini in der kriminellen Filiale der Familie, in der die Leute mit den weißen Kragen arbeiten, zur Hand
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