Die Flamme erlischt
sich an einer Wand. Ihnen gegenüber hing eine riesige, vielfarbige Karte Worlorns, in der eine Menge Nadeln und Markierungsfähnchen steckten. Dazwischen befanden sich drei Arbeitstische. Hier fügten Gwen und Ruark die Einzelerkenntnisse zusammen, die sie der sterbenden Festivalwelt abjagen konnten, aber Dirk kam das Ganze eher wie die Kommandozentrale eines Militärstützpunktes vor.
Er war sich noch immer nicht ganz sicher, warum sie hier waren. Nach Vikarys ausführlicher Erklärung und der bissigen Diskussion, die daraufhin zwischen Ruark und den beiden Kavalaren einsetzte, war der Kimdissi zu seinem eigenen Appartement hinuntergestürmt und hatte Dirk mit sich genommen. Es war nicht die rechte Zeit gewesen, um mit Gwen zu sprechen. Aber kaum hatte Ruark die Kleider gewechselt und seine Nerven mit einem Schluck Wein beruhigt, bestand er darauf, Dirk müsse mit ihm zum Arbeitsraum hinaufkommen. Er hatte drei Gläser mitgenommen, aber der Kimdissi trank als einziger. Dirks Erinnerung an das letzte Mal war noch wach, und er mußte an den morgigen Tag denken, an dem es galt, hellwach zu sein. Und wenn sich Kimdissiwein so mit Kavalarwein vertrug, wie es Kimdissi und Kavalaren taten, würde es blanker Selbstmord sein, die beiden Weinsorten hintereinander zu trinken.
Deshalb trank Ruark allein. »Das Verrückte an der Sache ist, daß Sie sich wie ein Kavalare duellieren wollen«, sagte der Kimdissi, nachdem er an seinem grünen Getränk genippt hatte. »Ich habe es mit eigenen Ohren gehört, aber ich kann es kaum glauben! Jaantony: ja. Garsey: in jedem Fall. Erst recht natürlich die Braiths: lebensfeindliches Gesindel, gewalttätiges Pack. Aber Sie, aah! Sie, Dirk, ein Mann von Avalon. Das ist unter Ihrer Würde! Denken Sie nach, ich bitte Sie, ja, ich bitte Sie – für Gwen und für alles, was Ihnen teuer ist. Wie können Sie das wahr machen? Sagen Sie es mir – ich muß es wissen. Von Avalon! Sie sind doch mit der Akademie des Menschlichen Wissens aufgewachsen, nicht wahr? Und mit dem Institut zur Erforschung Nichtmenschlicher Intelligenz auf Avalon doch ebenfalls? Die Welt des Tomas Chung, die Ausgangsbasis der Kleronomas-Erhebung ... Avalon – mit all dem gesammelten Wissen über die Geschichte des Menschen, das an Umfang vielleicht nur noch von Alt-Erde oder Newholme übertroffen wird! Sie sind gebildet, haben Reisen gemacht, die verschiedensten Welten besucht und in alle Sternenwinde verstreutes Volk angetroffen. Ja! Sie wissen es besser. Sie müssen es besser wissen, oder? Doch!« Dirk runzelte die Stirn. »Arkin, Sie verstehen das nicht. Ich habe den Kampf nicht gewollt. Es ist alles ein Mißverständnis. Ich wollte mich entschuldigen, aber Bretan hörte mir nicht zu. Was soll ich denn sonst tun?«
»Was Sie tun sollen? Verschwinden natürlich. Nehmen Sie die süße Gwen und verschwinden Sie, verlassen Sie Worlorn so schnell wie möglich. Sie sind ihr das schuldig, Dirk, das wissen Sie. Sie braucht Sie, ja, und niemand sonst kann ihr helfen. Wie wollen Sie ihr denn helfen? Indem Sie so schlecht sind wie Jaan? Indem Sie sich selbst umbringen? Na? Sagen Sie es mir, Dirk, sagen Sie es mir.«
Wieder begann sich alles zu verwirren. Als er mit Janacek und Vikary getrunken hatte, war alles so klar gewesen, so leicht annehmbar. Aber jetzt sagte ihm Ruark, daß alles falsch war. »Ich weiß nicht«, erwiderte Dirk. »Ich meine, ich habe Jaans Schutz von mir gewiesen, und deshalb muß ich mich selbst schützen, oder nicht? Wer sonst soll dafür zuständig sein? Ich habe die Wahlen getroffen und auch sonst dem Ritual genügt, das Duell wurde fest angesetzt. Ich kann jetzt schlecht einen Rückzieher machen.«
»Natürlich können Sie das«, sagte Ruark. »Wer will Sie daran hindern? Ein Gesetz? Nennen Sie es mir! Jagen uns diese Bestien vielleicht legal? Nein, es gibt auf Worlorn kein Gesetz – deshalb ist fast jeder hier in Schwierigkeiten. Aber wenn sie nicht wollen, müssen Sie sich auch nicht duellieren.«
Mit einem klickenden Geräusch öffnete sich die Tür, und Dirk drehte rechtzeitig den Kopf, um Gwen eintreten zu sehen. Seine Augen verengten sich, während Ruark strahlte. »Ah, Gwen«, sagte der Kimdissi, »steh mir bei und hilf mir, Vernunft in t'Larien hineinzuhämmern. Dieser verdammte Narr will sich duellieren, wirklich, als wäre er Garsey selbst.«
Gwen trat näher und stellte sich zwischen sie. Sie trug Hosen aus Chamäleonstoff (der jetzt dunkelgrau schimmerte), einen schwarzen Pullover und
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