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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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fühle, auch wenn er mir manches verheimlicht hat.«
    »Vielleicht«, sagte du Gard ebenso leise, »ist es für dich an der Zeit, dich von ihm zu lösen.«
    Sie schaute auf, und beide wechselten einen Blick, der nicht von langer Dauer war, jedoch von unermesslicher Tiefe.
    »Vielleicht«, bestätigte sie.
    »Eh bien«, seufzte du Gard, »dann leg dich jetzt wieder hin. Versuche, deinen Geist von allem Ballast zu befreien. Es gibt nur noch dich und deine Vergangenheit, verstehst du? Nur dich allein …«
    Bereitwillig kam Sarah der Aufforderung nach und bettete sich auf das zerwühlte Laken. Doch wie eine verdorbene Speise, die man am Abend gegessen hat und die sich nächtens zurückmeldet, überkam sie plötzlich das hässliche Gefühl, dass sie dabei war, einen Fehler zu begehen …
    Aus der Tasche seines Rocks beförderte du Gard einen kleinen Gegenstand zutage, der an einer silbernen Kette hing. Es war ein Kristall, in dessen glatt geschliffenen Seiten sich die Kabinenbeleuchtung dutzendfach brach und den du Gard vor Sarahs Augen hin und her baumeln ließ.
    »Konzentriere dich ganz auf den Kristall, hörst du? Nichts anderes existiert in diesem Augenblick für dich als dieser Kristall. Der Kristall ist deine Welt. Hier findest du alles, was du zurückgelassen hast, deine Ängste und fernen Erinnerungen …«
    Sarah hörte die Worte, aber sie fühlte sie nicht. Irgendetwas tief in ihr verweigerte sich dem Ansinnen, sich fallen zu lassen und hinüberzugleiten in jenen Dämmerzustand, in dem Wachen und Träumen eins zu sein scheinen. Jähe Furcht ergriff von ihr Besitz, aber statt ihr nachzugeben, redete Sarah sich ein, dass es nur die Angst vor dem Unbekannten wäre, und kein anderer als ihr Vater hatte ihr beigebracht, dass ein wacher Forschergeist gerade dieser Angst niemals nachgeben durfte …
    »Der Kristall, Sarah«, brachte du Gard in Erinnerung, der merkte, dass seine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt waren. »Du musst dich auf den Kristall konzentrieren. Nur er existiert für dich und nichts sonst. Er ist deine Welt …«
    Sie bejahte, und tatsächlich gelang es ihr, sich ein wenig zu entspannen. Mit jedem Augenblick, der verstrich, verloren ihre Blicke sich mehr im Lichterspiel des Kristalls.
    »Bon«, lobte du Gard, »so ist es gut …«
    Sarah beruhigte sich. Ihr Atem wurde flacher, und sie hatte das Gefühl, auf einer Woge der Zuversicht zu schwimmen, in einem Meer der Geborgenheit. Die Augen fielen ihr zu, und sie ließ es geschehen.
    Sie war bereit …
    »Sarah, kannst du mich hören?«
    »Ja.«
    »Du wirst nun alle Fragen, die ich dir stelle, wahrheitsgemäß beantworten. Das Wort expergitur …«
    Weiter kam du Gard nicht – denn in diesem Augenblick klopfte jemand hart und energisch gegen die metallene Tür der Kabine.
    »Lady Kincaid?«
    Es war die Stimme von Caleb, dem Maat.
    »Ja?«
    Benommen schoss Sarah in die Höhe, halb noch in Trance und halb im Hier und Jetzt.
    »Nachricht vom capitaine, Lady Kincaid«, drang es durch das Schott. »Er lässt Ihnen ausrichten, dass wir das Ziel der Reise in Kürze erreichen werden. Er erwartet Sie in der Zentrale.«
    »Verstanden«, sagte Sarah nur, worauf Calebs Schritte sich stampfend entfernten. Sie atmete tief ein und massierte ihre Schläfen, um die Benommenheit zu vertreiben, die sich ihrer bemächtigt hatte. »Wie es aussieht«, sagte sie dazu, »müssen wir unsere Sitzung wohl ein anderes Mal fortsetzen, Maurice.«
    »Non«, kam es entschieden zurück.
    »Was soll das heißen?«
    »Das heißt, dass es keine Fortsetzung dieser Sitzung geben wird«, erklärte du Gard bestimmt. »Das eben war ein Zeichen, und wir tun gut daran, es zu beachten.«
    »Was für ein Zeichen? Wovon sprichst du?«
    »Dein ganzes Leben lang hast du versucht, hinter das Geheimnis deiner Vergangenheit zu kommen – und just in dem Augenblick, da es dir gelingen könnte, werden wir unterbrochen? Ich weiß nicht, wie es dir dabei geht, aber für mich ist dieser Hinweis deutlich genug, merci beaucoup.«
    »Das soll es also gewesen sein?«, fragte Sarah ungläubig. »Du willst es nicht noch einmal versuchen?«
    »Das Schicksal bedient sich seiner eigenen Sprache, chérie – man muss nur aufmerksam zuhören.«
    »Unsinn«, fauchte Sarah. »Ich will nichts hören vom Schicksal. An so etwas glaube ich nicht.«
    »Aber ich – und es war ein Fehler, diese Regression zu versuchen, das ist mir nun klar.«
    »Aber« – Sarah rang um passende Worte -, »das ist doch verrückt!

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