Die Flamme von Pharos
Kincaids Kabine zu einer geradezu tropischen Schwüle gesteigert. Schweißperlen standen auf bloßer Haut, und keuchender Atem war zu hören, als die Liebenden endlich voneinander abließen, um in der schmalen Koje nebeneinander zu liegen.
Minuten verstrichen, ohne dass auch nur ein Wort gesprochen wurde. Zu groß war die Erschöpfung, zu betörend der Zauber des Augenblicks, um ihn zu zerstören.
»Das war unglaublich«, flüsterte Sarah schließlich.
»Ich weiß«, kam es trocken zurück.
»Du weißt es?« Sie drehte sich zu ihm herum, stützte den Kopf auf den Unterarm. »Bescheidenheit ist nicht deine Sache, was?«
»Non«, gab der Franzose unumwunden zu, ehe er sich ebenfalls herumdrehte und die Schweißperlen von ihrer Stirn küsste. »Du schmeckst nach Salz«, stellte er fest. »Das kommt vom Pökelfisch.«
Sarah musste lachen. »Komplimente zu machen scheint dir ebenfalls nicht sehr zu liegen.«
»Wozu?« Er grinste dreist. »Das eindrucksvollste Kompliment, das zu machen ich in der Lage bin, habe ich dir bereits mehrmals unterbreitet.«
»Du bist ein Aufschneider«, konterte sie, während er begann, ihren nackten Rücken zu massieren, »allerdings ein ziemlich talentierter, dass muss ich wohl zugeben.«
»Merci beaucoup.«
»Du bist ein Mann der Widersprüche, Maurice du Gard«, flüsterte Sarah, während sie sich bäuchlings auf das Laken sinken ließ und es genoss, seine weichen Hände über ihren Rücken wandern zu fühlen. »Als ich dir das erste Mal begegnete, hätte ich dich am liebsten in der Seine ertränkt – und nun …«
»Vorsicht, chérie.«
»Vorsicht? Wovor?«
»Du bist dabei, dich in mich zu verlieben«, stellte du Gard fest.
»Ich? Mich in dich verlieben?« Sie lachte freudlos auf. »Wie sollte das wohl geschehen? Ich weiß nicht das Geringste über dich.«
»Trotzdem.«
»Keine Sorge«, versicherte Sarah, »ich werde vorsichtig sein. Allerdings hätte ich gerne mehr über dich erfahren.«
»Was denn zum Beispiel?«, fragte er.
»Ich möchte wissen, wer du bist. Was dich bewegt. Was dich nach Paris verschlagen hat. Offen gestanden, war ich ziemlich überrascht zu erfahren, dass du in den Vereinigten Staaten aufgewachsen bist …«
»Das wäre wohl auch zu viel gesagt.« Du Gard lächelte matt. »Als Junge habe ich eine Weile in New Orléans gelebt – die Franzosen dort unterhalten allerdings ihr eigenes Viertel, in dem sie unter sich zu bleiben pflegen.«
»Wie kam es dazu?«, wollte Sarah wissen.
»Mein Vater war ein französischer Kaufmann, der häufig in Übersee zu tun hatte. Dort lernte er meine Mutter kennen. Sie war Kreolin und hat ihm wohl auf den ersten Blick den Kopf verdreht.«
»Ich verstehe.« Sarah schnitt eine Grimasse. »Das scheint bei dir in der Familie zu liegen …«
»Sie wurde von ihm schwanger und bekam einen Sohn, den sie nach seinem Vater ›Maurice‹ nannte.«
»Dich«, folgerte Sarah.
»Meine Mutter«, fuhr du Gard nickend fort, »hat später oft gesagt, dass das die glücklichste Zeit ihres Lebens war – leider hat sie nicht sehr lange gedauert.«
»Was ist passiert?«
»Mein Vater wurde das, was man ein geachtetes Mitglied der Gesellschaft nennt. Durch seine Geschäfte gelangte er zu Wohlstand und Ansehen, aber seine Gier nahm immer noch zu. Er wurde amerikanischer Staatsbürger, und die Speichellecker, die ihn umgaben, redeten ihm ein, eine politische Karriere anzustreben und für den Senat zu kandidieren. Alles, was ihn daran hinderte, waren eine kreolische Geliebte und ein uneheliches Kind – also trennte er sich von beidem. Er gab meiner Mutter zweihundert Dollar und verschwand.«
»Dieser Bastard!« Sarah biss sich auf die Lippen. »Das muss furchtbar für euch gewesen sein.«
»Es geht«, erwiderte du Gard gepresst. »Immerhin hat mein Vater mir zwei wichtige Dinge vermacht.«
»Nämlich?«
»Zum einen die französische Staatsbürgerschaft, die mir nicht mehr aberkannt werden konnte – und zum anderen die Erkenntnis, dass irdisches Glück nicht von Bestand ist.«
»Und dafür bist du ihm dankbar?«, fragte Sarah ungläubig.
»Oui, allerdings. Denn es hält mich davon ab, wie ein Narr meine Zeit zu verschwenden und nach etwas zu suchen, das es nicht gibt.«
»Aber strebt denn nicht jeder Mensch danach, sein Glück zu finden und es festzuhalten, es dauerhaft zu bewahren?«
»Man kann sein Glück nicht festhalten«, meinte du Gard überzeugt, »auch du wirst das irgendwann begreifen. Carpe diem, Sarah – nutze den
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