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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Dunkelheit nicht zu erkennen.
    »Regarde!«, stellte du Gard verblüfft fest. »Ein doppelter Boden – wie in der Kiste eines Zauberers.«
    Nacheinander kletterten sie die Leiter hinab in die dunkle Tiefe, in der sich das Mondlicht bereits nach wenigen Fuß verlor. Sarah hörte ein dumpfes Schmatzen, als Ali Bey den Boden erreichte. Offenbar war der Grund des Schachtes von Feuchtigkeit durchdrungen, was am nahen Kanal Mahmûdije liegen mochte, der südwestlich des Geländes verlief.
    Sarah gelangte als Nächste nach unten. Sie brauchte einen Moment, um ihre Augen an die schlechten Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Dann jedoch sah sie, dass sich der Schacht nach einer Seite hin erweiterte und es einen Stollen zu geben schien, der noch weiter in ungeahnte Tiefen führte.
    »Vaters Ausgrabung drehte sich nicht um die Statue«, dämmerte es ihr. »Es ging ihm um diesen geheimen Gang.«
    »Offenbar«, stimmte Ali Bey zu. »Und uns wird dieser Gang vielleicht das Leben retten.«
    »Woher wussten Sie davon?«
    Das Grinsen auf den wohlgenährten Zügen des Alexandriners war in der Dunkelheit nur zu erahnen. »Als aufmerksamer Händler habe ich meine Quellen, Lady Kincaid. Außerdem weiß jeder hier von der zweiten Stadt, die sich unter den Fundamenten der ersten erstreckt …«
    Sarah blieb keine Zeit, sich zu erkundigen, wovon genau Ali Bey da sprach. Sie nahm an, dass er auf die Katakomben von Kom El-Schugâfa anspielte, die nur eine Viertelmeile entfernt waren – konnte es sein, dass sie sich bis hierher erstreckten? Aber was hatte dies mit dem Grab Alexanders und mit der verschollenen Bibliothek zu tun, nach der ihr Vater angeblich suchte?
    Auch du Gard und Hingis gesellten sich zu ihnen auf den Boden des Schachts, und beide verfielen in bittere Verwünschungen, als ihre Stiefel im schlammigen Nass versanken.
    »Still jetzt«, brachte Sarah sie energisch zum Schweigen. »Die Soldaten können jeden Augenblick hier sein …«
    Tatsächlich waren schon kurz darauf Stimmen zu hören, die vom Rand des Schachts herabdrangen. Der Feind hatte das Lager erreicht und durchsuchte es. Beklommen fragte sich Sarah, ob die Soldaten tatsächlich nach ihnen fahndeten. Wie, in aller Welt, konnten sie von ihrer Anwesenheit in Alexandria erfahren haben?
    Der hässliche Verdacht, dass sich ein Verräter in ihren Reihen befand, drängte sich auch ihr für einen Moment auf, aber es blieb keine Zeit, um ihm nachzugehen. Denn im nächsten Augenblick war Fackelschein zu sehen, der die Dunkelheit über dem Schacht rötlich färbte, und durch den Sand näherten sich knirschende Schritte.
    »Sie suchen nach uns«, flüsterte Hingis kaum hörbar. »Und sie scheinen genau zu wissen, wo wir sind …«
    Sarah merkte, wie Ali Bey sie an der Hand nahm und in die Finsternis des Stollens hineinzog, die so vollkommen war, dass man die Hand vor Augen nicht mehr erkennen konnte. Du Gard und Hingis folgten – allerdings nur wenige Schritte. Unvermittelt endete ihre Flucht vor einem Hindernis, das sich nicht umgehen ließ. Mit den Händen versuchte Sarah, seine Ausmaße zu ertasten, und stellte entsetzt fest, dass es nicht nur die gesamte Breite des Stollens einnahm, sondern auch vom Boden bis hinauf zur Decke reichte. Eine Steinwand, glatt und massiv wie ein Quader, versperrte den Weg.
    »Misch kwayyes«, flüsterte Ali Bey. »Das ist nicht gut …«
    »Es scheint sich um ein steinernes Falltor zu handeln, ähnlich wie die Baumeister der alten Pyramiden sie zu verwenden pflegten«, vermutete Sarah.
    »Das bedeutet, dass sich etwas Wichtiges dahinter verbergen muss«, folgerte Hingis.
    »In der Tat. Der Überfall auf das Lager erfolgte wohl, ehe mein Vater und seine Leute dazu kamen, die Pforte zu öffnen …«
    »He!«, ließ sich plötzlich ein heiserer Ruf in schlechtem Englisch vernehmen. »Ihr da unten!«
    Sarah und ihre Gefährten erstarrten in der Schwärze.
    »Kommen mit erhobenen Händen heraus«, verlangte die Stimme unbarmherzig.
    »Er spricht Englisch mit uns«, fiepte Hingis panisch. »Sie wissen also, dass wir hier sind …«
    Zu gerne hätte Sarah widersprochen, aber der Schweizer hatte zweifellos recht. Wenn der Soldat sie in ihrer Muttersprache anrief, konnte das nur bedeuten, dass er über ihre Identität Bescheid wusste. Die Frage war nur, woher …
    »Still«, schärfte Ali Bey ihnen flüsternd ein. »Verhalten Sie sich ruhig, vielleicht ziehen sie wieder ab …«
    Die Soldaten jedoch dachten nicht daran.
    »Wir genau wissen, ihr dort

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