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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Furcht in seinen Augen sah. Und weil dieser Feind keine Gnade kennt, das hat er wenig später bewiesen.«
    »Ich verstehe.« Sarah merkte, wie etwas ihr die Kehle zuschnürte. Als du Gard behauptet hatte, dass ihr Vater bei seinem Besuch in Paris einen verängstigten Eindruck gemacht hatte, hatte sie das für eine maßlose Übertreibung, wenn nicht gar für eine dreiste Lüge gehalten. Allmählich jedoch verdichteten sich die Hinweise darauf, dass der alte Gardiner sich mit Gegnern eingelassen hatte, die weitaus mächtiger waren als er selbst …
    Betroffen blickte Sarah auf den Würfel in ihrer Hand. Was auch immer ihren Vater beschäftigt hatte, es schien mit diesem Artefakt zusammenzuhängen. Je eher sie herausfand, worum es sich handelte, desto eher würde sie auch Antworten, ihren Vater betreffend, erhalten. Der Gedanke, dass ihm bereits etwas zugestoßen sein und jede Hilfe zu spät kommen könnte, brachte sie an den Rand einer Panik. Mit aller Macht redete sie sich ein, dass es nicht einen einzigen Beweis für Madame Recassins Behauptung gab, dass es die haltlosen Mutmaßungen einer Frau waren, die in der geschlossenen Anstalt saß. Allerdings machte Francine Recassin einen sehr viel weniger verrückten Eindruck, als es Sarah in dieser Sache recht gewesen wäre …
    »Was hat es mit dem Kubus auf sich?«, erkundigte sie sich direkt und blickte der Patientin dabei tief in die Augen.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sagten Sie nicht, er hätte sich lange Zeit im Besitz Ihrer Familie befunden?«
    »Das sagte ich – aber das bedeutet nicht, dass ich seine Bedeutung kenne.«
    »Wusste Ihr Bruder, was es mit dem Würfel auf sich hat?«
    »Das nehme ich an.«
    »Sie haben nie darüber gesprochen?«
    »Nein, Lady Kincaid, und Sie sollten es auch nicht tun. Blut klebt an diesem Gegenstand. Von alters her haben Menschen gemordet, um in seinen Besitz zu gelangen, und viele sind einen grausamen Tod dafür gestorben, genau wie mein Bruder. Sie haben ihm das Haupt von den Schultern …« Sie unterbrach sich, als der Schmerz sie überwältigte. Krämpfe schienen sie zu schütteln, und es hatte den Anschein, als ob sie weinen wollte, es jedoch nicht konnte; als ob ihre Tränen nach Wochen der Trauer endgültig versiegt wären.
    »Es ist gut, Francine«, sagte du Gard leise. »Was immer gewesen ist, es ist vorbei.
    »Das ist nicht wahr.« Sie blickte ihn an, der Ausdruck in ihren von wirrem Haar umrahmten Zügen wirkte noch gehetzter als zuvor. »Es geht weiter, begreifen Sie das nicht? Die Eigentümer des Erbstücks sind zurückgekehrt, und solange sie nicht bekommen haben, wonach sie suchen, werden sie weiter morden. Meinen Bruder haben sie bereits getötet, und wir werden die nächsten sein.« Nervös begann sie, an ihren Fingernägeln zu nagen.
    »Wer?«, verlangte Sarah erneut zu wissen. »Wer sind diese Leute?«
    »Ich weiß es nicht«, kam die leise Antwort, »aber sie sind alt, sehr alt.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »In ihrem Besitz hat sich das Erbstück einst befunden, ehe es im Sturm der Zeit verloren ging – nun jedoch sind sie zurückgekehrt, um sich zu nehmen, was ihnen gehört. Sie sind in großer Gefahr, Lady Kincaid. Wenn Sie nicht wollen, dass Sie dasselbe Schicksal ereilt wie meinen Bruder, sollten Sie ihnen geben, wonach sie verlangen. Nur so können Sie Ihr Leben und das Ihres Vaters retten.«
    »Nicht, solange ich nicht weiß, was es mit diesem Artefakt auf sich hat«, widersprach Sarah störrisch. »Mein Vater hat es bestimmt nicht ohne Grund für mich zurückgelassen.«
    »Was gilt es Ihnen? Retten Sie Ihr Leben, solange sie noch können, und wenden Sie den Fluch, der auf uns allen lastet.«
    »Was für ein Fluch?«
    »Der Fluch, der jeden ereilt, der seine Hand an das Erbstück legt. Tod und Verderben folgen ihm, so ist es immer gewesen.«
    »Madame Recassin«, sagte Sarah streng. »Ich glaube nicht an Flüche und abergläubischen Hokuspokus, sondern an den aufgeklärten Geist der Wissenschaft. Was Ihrem Bruder widerfahren ist, ist schrecklich, aber ich bezweifle, dass es mit einem antiken Fluch zu tun hat. Wenn jemand hinter dem Kubus her ist, dann aus guten Gründen – und ich bin sicher, dass diese Gründe höchst weltlicher Natur sind.«
    »Wenn Sie meinen.« Francine lachte leise, während sie blicklos vor sich hin starrte. »Hätten Sie gesehen, was ich gesehen habe, würden Sie anders denken. Ich weiß nicht, wer diese Leute sind, aber ich habe gesehen, zu welcher Barbarei sie fähig sind.

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