Die Flamme von Pharos
möglichst unauffällig.«
»Das ist wahr.«
»Nun, infolge der aktuellen politischen Entwicklung, über die Sie zweifellos informiert sind, dürfte sich dies nur sehr bedingt bewerkstelligen lassen, zumal der Hafen von Alexandria von britischen Kriegsschiffen blockiert wird.«
»Ich weiß«, räumte Sarah ein, »deshalb habe ich an eine Schiffspassage nach Abusir gedacht. Dort würden wir uns einen ortskundigen Führer und Kamele mieten und die Reise auf dem Landweg fortsetzen.«
»Ich verstehe.« Verne schürzte die Lippen. »Ganz abgesehen von den Gefahren, die eine solche Reise birgt – wie viel Zeit würde der Umweg über Land Sie kosten? Drei Wochen? Vier?«
»Zweieinhalb, wenn alles glattgeht«, erwiderte Sarah grimmig.
»Zweieinhalb Wochen also.« Der Schriftsteller nickte. »Zweieinhalb Wochen, um die Ihre Ankunft in Alexandria sich verzögern wird. Zweieinhalb Wochen, die Sie vielleicht zu spät kommen werden, um Ihren Vater zu retten.«
»Monsieur Verne«, wandte Sarah ein, »mir ist durchaus bewusst, dass die Lösung nicht ideal ist, aber in Anbetracht der Bedingungen denke ich nicht, dass mir eine andere Wahl bleibt, als …«
»Und wenn doch?«
»Wie bitte?«
»Gesetzt den Fall, es gäbe eine Chance, innerhalb weniger Tage auf dem Seeweg nach Alexandrien zu gelangen, ungeachtet der britischen Schiffe – würden Sie sie nutzen wollen?«
»Ohne Frage«, erklärte Sarah sofort, »aber eine solche Möglichkeit gibt es nicht.«
»Ich fürchte, da irren Sie sich, meine Teure«, entgegnete der Schriftsteller und tauschte einen vielsagenden Blick mit du Gard, der bereits eingeweiht zu sein schien. »Haben Sie jemals meinen Roman ›Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer‹ gelesen?«
»N-natürlich«, bestätigte Sarah verblüfft. »Aber was hat das hiermit zu tun? Sie wollen doch hoffentlich nicht behaupten, dass …«
Monsieur Verne sagte kein Wort, aber sein wissendes Lächeln sprach Bände.
»Wollen Sie mir allen Ernstes weismachen, es gäbe so etwas wie ein Unterseeboot?«, erkundigte sich Sarah voller Unglauben.
»Sagen wir, es gibt einen mir bekannten Ingenieur, dessen Arbeit mich beim Schreiben des Romans sehr inspiriert hat. Er hat etwas konstruiert, das die meisten Zeitgenossen wohl als wahres Wunderwerk der Technik empfinden würden …«
»Sagen Sie es nicht«, bat Sarah ächzend.
»… nämlich ein Fahrzeug, das in der Tat in der Lage ist, sowohl über als auch unter Wasser zu reisen«, fuhr Verne fort, »ein ›Submarin‹, wie er es nennt.«
»Monsieur Verne«, sagte Sarah mit tadelndem Blick, »wie ich Ihnen schon sagte, bin ich eine große Bewunderin Ihrer Kunst – aber Sie sollten sich nicht über mich lustig machen.«
»Das tue ich nicht, Teuerste. Durchaus nicht.«
»Soll das heißen, Sie kennen tatsächlich jemanden, der ein Unterseeboot sein Eigen nennt?«
»Nicht nur sein Eigen.« Erneut spielte ein Lächeln um Vernes bärtige Züge. »Er hat es auch konstruiert und gebaut.«
»Aber ich dachte, Unterseeboote funktionierten nicht«, wandte Sarah ein. »Nach allem, was ich darüber gelesen habe, seien sie viel zu schwerfällig, um sich unter Wasser manövrieren zu lassen. Zudem gebe es Probleme mit dem Antrieb, von der Atemluft unter Wasser ganz zu schweigen. Angeblich gab es während des amerikanischen Bürgerkriegs einige Versuche, die allerdings sämtlich fehlgeschlagen sein sollen.«
»Sie sind erstaunlich gut informiert.« Verne nickte. »Es stimmt, dass sich die Unterseeboote sowohl der Konföderierten als auch der Union als nicht seetauglich erwiesen haben. Was Sie allerdings nicht zu wissen scheinen, ist, dass es einem Spanier namens Monturiol bereits lange vor dem Krieg gelungen ist, ein funktionstüchtiges Unterseeboot zu bauen, dem er den Namen ›El Ictineo‹ gab. Und in Italien wird schon seit Jahrhunderten nach Wegen gesucht, den Grund der Ozeane zu befahren – wie es heißt, war bereits Leonardo da Vinci im Besitz von Plänen für ein tauchfähiges Vehikel.«
»Das wusste ich tatsächlich nicht«, gab Sarah zu.
»Sie haben natürlich recht, wenn Sie auf die Schwierigkeiten beim Unterwasserantrieb sowie bei der Rückgewinnung von Atemluft hinweisen. Meine Landsleute Claude Goubet und Gustave Zédé, die seit einigen Jahren an der Entwicklung seetüchtiger Unterseeboote arbeiten, beschäftigen sich sehr intensiv mit diesen Problemen – von einer Lösung sind sie allerdings noch Jahre entfernt. Unserem wackeren Kapitän unterdessen ist es bereits
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