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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Kompliment, während sie mich gleichzeitig beleidigt. Haben Sie das bemerkt, Jules?«
    »Ich habe es bemerkt.« Der Schriftsteller lächelte wieder. »Sarah scheint wie ich jemand zu sein, der mit Worten umzugehen weiß. Und wir haben noch etwas gemeinsam.«
    »Und das wäre?«, fragte Sarah wissbegierig.
    »Dass wir bei den gelehrten Häuptern dieser Stadt beide nicht recht gelitten sind.«
    »Wie darf ich das verstehen? Ich meine, ich verfüge weder über ein wissenschaftliches Studium noch über einen akademischen Grad, sodass es nicht weiter verwunderlich ist, dass man mich nicht anerkennt. Sie hingegen sind ein erfolgreicher und bekannter Schriftsteller, der sicher über einigen Einfluss verfügt und …«
    »Dennoch sind auch meinem Ehrgeiz Grenzen gesetzt«, versicherte Verne bescheiden. »Seit geraumer Zeit bemühe ich mich um Aufnahme in die Académie Française, aber allem Anschein nach gibt es Parteien, die einen Phantasten wie mich nicht im erlauchtesten wissenschaftlichen Kreis dieses Landes sehen wollen. Im nächsten Jahr will man endgültig über meinen Beitritt befinden, aber allem Anschein nach wird man meinem Ersuchen wohl eine Absage erteilen.«
    »Das ist bedauerlich«, erwiderte Sarah, »und in höchstem Maße unverständlich.«
    »Wie auch immer – Sie sehen, Sie befinden sich in bester Gesellschaft. Zumal Maurice mir berichtet hat, dass Sie bei einem speziellen Problem meine Hilfe benötigen.«
    »Sie wollen uns helfen?«, fragte Sarah hoffnungsvoll.
    »Soweit es mir möglich ist. Sie müssen wissen, dass ich dem guten Maurice – trotz der offensichtlichen Fehler, mit denen er behaftet ist – zu großer Dankbarkeit verpflichtet bin.«
    »Inwiefern?«
    »Nun, er hat seine Fähigkeiten freundlicherweise dazu benutzt, mir einige sehr aufschlussreiche Hinweise zu geben – Hinweise, die mir bei meiner Arbeit überaus nützlich gewesen sind.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Sarah verblüfft. »Dass Sie beim Schreiben Ihrer Romane die Hilfe eines Wahrsagers in Anspruch genommen haben?«
    »Das Geheimnis der Schriftstellerei besteht darin, gute Quellen zu haben und sie zu nutzen, Sarah«, erklärte Verne. »Zu meinem Freundeskreis gehören Geographen, Biologen und Ingenieure – und eben auch der gute Maurice, der mir dort weiterhilft, wo die Wissenschaft derzeit noch nicht weiterweiß.«
    »Dann schildern Ihre Romane tatsächlich die Zukunft?«
    »Eine mögliche Zukunft«, drückte Verne es ein wenig versöhnlicher aus. »Die Technik von heute in einem neuen Morgen.«
    »Einen Flug zum Mond halten Sie also für durchführbar?«
    »Nicht heute und wohl auch nicht in zehn Jahren. Aber irgendwann wird es so weit sein, dessen bin ich gewiss. Unsere Welt braucht Menschen mit Visionen, Sarah. Sie allein sind es, die die Entwicklung unserer Spezies vorantreiben.«
    »Glauben Sie das wirklich?«, fragte Sarah.
    »Sie etwa nicht?«
    »Nun, ich stimme Ihnen zu, was Menschen mit Visionen angeht. Die moderne Welt braucht ihre großen Erfinder und Denker, ohne sie wäre kein Fortschritt möglich.«
    »Dennoch entnehme ich Ihrem Tonfall, dass Sie Zweifel hegen.«
    »Ein wenig.« Sarah nickte. »Offen gestanden, glaube ich, dass der Blick in die Vergangenheit mindestens ebenso wichtig ist wie jener in die Zukunft. Nur wenn die Menschheit aus den Fehlern der Geschichte lernt, kann sie sich weiterentwickeln. Oder, wie mein Vater es wohl ausdrücken würde: Nur was Wurzeln hat, kann wachsen.«
    »Nun sehe sich einer das an«, meinte Verne. »Sie haben mir eine junge Engländerin mit wissenschaftlichen Ambitionen angekündigt, Maurice – und was bringen Sie mir? Eine Philosophin!«
    »Bitte entschuldigen Sie«, erwiderte Sarah und errötete. »Ich wollte nicht belehrend wirken, das steht mir überhaupt nicht zu …«
    »Aber ganz im Gegenteil! Ein offenes Wort ist mir allemal lieber als die Heuchelei dieser blutarmen Gelehrten. Davon abgesehen, haben Sie vielleicht nicht Unrecht. Vielleicht sollte der moderne Mensch tatsächlich mehr auf seine Vergangenheit achten und versuchen, aus ihr zu lernen, statt sich in immer neue Unwägbarkeiten zu stürzen.«
    »Ich bin überzeugt, dass dadurch manches Unrecht auf dieser Welt verhindert werden könnte«, bekräftigte Sarah.
    »Damit könnten Sie recht haben – in Ihrem Fall allerdings scheint moderne Technik die einzig mögliche Antwort zu sein.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Maurice hat mir berichtet, dass Sie nach Alexandrien reisen möchten, und das

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