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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Sollte sie du Gard sagen, was sie gesehen hatte? Was sie gesehen zu haben glaubte …?
    »Nein«, behauptete sie steif.
    »Mince alors. Wer mag der Kerl sein? Und woher wusste er all diese Dinge? Für wen arbeitet er?«
    »Auch das weiß ich nicht.« Sarah schüttelte den Kopf. »Er sagte nur, dass er den Auftrag hätte, die Bibliothek von Alexandria zu zerstören, und dass er sich von niemandem dabei aufhalten ließe, weder von meinem Vater noch von mir. Vielleicht gibt es diesen Auftraggeber auch gar nicht, und wir haben es lediglich mit einem gemeingefährlichen Irren zu tun.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach du Gard. »Ich denke, ich weiß, in wessen Diensten dieser Geisteskranke steht.«
    »Tatsächlich?«
    »Alors, Kincaid, bist du blind? Abgesehen von Monsieur Verne und uns beiden gab es nur einen, der über unsere Abreise nach Marseille informiert war.«
    »Du meinst doch nicht etwa …?«
    »Naturellement, wen denn sonst?«, knurrte du Gard. »Es war ein Fehler, Hingis einzuweihen. Er hat uns verraten, ça saute aux yeux.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Pourquoi pas? Sagtest du nicht selbst, dass Friedrich Hingis ein ruchloser Intrigant wäre?«
    »Das sagte ich, und dieser Ansicht bin ich noch immer«, räumte Sarah ein. »Aber ich denke nicht, dass er etwas mit dieser Sache zu tun hat. Erstens wusste der Vermummte Dinge, die Hingis unmöglich wissen konnte. Zweitens wäre es aus Hingis’ Sicht viel zu früh, uns aus dem Verkehr zu ziehen. Schließlich weiß er noch nicht einmal, wohin genau die Reise geht, und er braucht uns, um nach Alexandria zu gelangen. Und drittens …«
    »Nun?«, hakte du Gard nach, als er Sarahs Zögern bemerkte.
    »… bin ich dem Vermummten bereits einmal begegnet«, gestand sie ein wenig kleinlaut.
    »Pardonne-moi?«
    »Ich sagte, dass ich dem Vermummten bereits einmal begegnet bin«, wiederholte Sarah.
    »Wann und wo ist das gewesen?«
    »Auf dem Montmartre. In der Nacht, als ich deine Vorstellung besuchte.«
    »Mais pourquoi … Warum hast du nichts davon gesagt?«
    »Weil ich mir nicht sicher war. Dieser große, dunkle Schatten verfolgte mich, aber kaum war ich ihm entkommen, da erschien mir die Bedrohung nicht mehr … wirklich.«
    »Nicht mehr wirklich? Ein vermummter Hüne verfolgt dich mitten in der Nacht, und das ist dir nicht wirklich genug? Wie wirklich muss es denn deiner Ansicht nach werden?«
    »Es war ein Fehler«, gestand Sarah ein. »Die Wahrheit ist, dass man mich in Paris die ganze Zeit über beobachtet hat. Der Vermummte wusste, dass sich das Artefakt in meinem Besitz befand, und er hat den geeigneten Augenblick abgewartet, um es sich zu holen.«
    »Oui«, maulte du Gard und blickte an seiner halbnackten Gestalt herab, »der geeignete Augenblick, c’est vrai. Wir wissen also gar nichts, richtig? Weder, in wessen Gewalt wir uns befinden, noch, wohin man uns verschleppt hat.«
    »Nach Malta«, eröffnete Sarah schlicht.
    »Quoi?«
    »Malta«, wiederholte sie. »Eine Insel im südlichen Mittelmeer, ihres Zeichens britische Kronkolonie.«
    »D’accord, ich weiß, wo Malta liegt«, beteuerte du Gard angesäuert. »Woher willst du wissen, dass wir dort sind?«
    »Die Vermutung liegt nahe«, antwortete Sarah. »Der Vermummte erwähnte das Jahr 1565 und die türkische Invasion unter Dragut Rais.«
    »Und?«
    »Unser anonymer Peiniger nahm an, ich wüsste das nicht, aber in jenem Jahr wurde Malta von der türkischen Flotte angegriffen«, erklärte Sarah. »Den Rittern des Johanniterordens, in deren Besitz sich die Insel damals befand, gelang es, den Angriff nach langer Belagerung zurückzuschlagen. Dragut Rais fand dabei den Tod.«
    »Das erklärt noch nicht, warum du glaubst, dass wir uns auf Malta befinden«, wandte du Gard ein.
    »Der Vermummte sagte weiter, dass der Codicubus im Lauf der Schlacht neue Herren gefunden hätte, die ihn hüteten, bis ihre Herrschaft durch Bonaparte beendet wurde – damit können nur die Großmeister des Ordens gemeint sein, die Napoleon gegen Ende des vorigen Jahrhunderts von der Insel vertrieb. Über Generationen hüteten sie den Codicubus und erschufen einen Ort, an dem er sich öffnen ließ, um sein Geheimnis preiszugeben – nämlich jene finstere Gruft, in der ich gefangen war. Aus diesem Grund nehme ich an, dass wir uns auf Malta befinden.«
    »Schön und gut – aber das würde bedeuten, dass wir mehrere Tage lang ohne Bewusstsein waren.«
    »Nach meinen Berechnungen rund eine Woche«, bestätigte Sarah. »So lange

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