Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
immer einen Verlust.« Sie hielt das Stück Elektron in die Höhe. »Endlich haben wir die Antwort gefunden.«
Jardir nahm den Klumpen und inspizierte ihn. Er biss hinein und betrachtete die Abdrücke, die seine Zähne hinterließen. »Aber die Krone und der Speer sind härter als der beste Stahl. Es gibt nichts, was darauf einen Kratzer hinterlassen könnte. Dieses Metall hier ist weich. Man könnte es nicht einmal schärfen wie eine Klinge.«
»Vielleicht jetzt noch nicht«, gab Inevera zu. »Aber sobald es mit Magie aufgeladen ist, wird es unzerstörbar sein.«
Bei diesem Wort spürte Jardir ein Prickeln in seinen Lenden. Die Vorstellung, noch mehr Waffen herstellen zu können, die so mächtig waren wie sein Speer, berauschte ihn. Plötzlich erschien ihm, als sei der Sieg im Sharak Ka in greifbare Nähe gerückt. »Man stelle sich vor, mit welch mächtigen Waffen meine Krieger …«
Abban räusperte sich und unterbrach seinen Gedankengang.
»Ich bitte tausendmal um Vergebung, Erlöser«, sagte der khaffit , als Jardir ihn ansah, »aber spanne nicht den Karren vor das Kamel. Wie Rennick sagte, gibt es lediglich eine kleine Ader von diesem Zeug.«
»Wie klein?«, fragte Jardir. Er fasste Abban scharf ins Auge. »Ich werde es merken, wenn du mich belügst, Abban.«
Abban hob und senkte die Schultern. »Dreißig Pfund? Vielleicht fünfzig? Die Menge reicht nicht einmal aus, um nur die Speere des Erlösers zu bewaffnen. Außerdem möchte ich noch hinzufügen, dass du es dir gut überlegen solltest, irgendeinen Krieger mit solch einer machtvollen Waffe auszustatten, denn es könnte leicht dazu führen, dass er größenwahnsinnig wird.«
Jardir verzog wütend das Gesicht, aber Inevera mischte sich ein. »Ich stimme dem khaffit zu.«
Überrascht sah Jardir sie an. »Zweimal an einem Tag? Everams Wunder hören nie auf.«
»Gewöhne dich lieber nicht daran«, gab sie trocken zurück. »Aber in diesem Fall sind deine Waffenschmiede nicht die geeignetsten Experten, um diese Entdeckung zu nutzen.«
Jardir sah sie eine lange Zeit an und erinnerte sich, was sie ihm im Kissenzimmer gesagt hatte.
Du wirst den dama’ting heute ein kostbares Geschenk machen.
Er nickte. »Du hast recht.«
In der Sicherheit der Kammer der Schatten blickte Inevera auf den Klumpen Elektron in ihrer linken Hand, während sie in der rechten langsam ihre alagai hora rollte. Sie staunte, als sich dünne Ranken aus Magie in Richtung des Elektrons schlängelten und von dem Metall aufgesogen wurden wie Rauch von einem leichten Luftstrom. Auch ohne Siegel lockte das Metall Magie an und glühte matt im Licht, das von den Symbolen ausging.
Dama’ting stellten häufig Schmuckstücke mit einem Kern aus Dämonenbein her, aber es war verboten, die Würfel zu beschichten, denn auch Edelmetalle hemmten die Übertragung von Magie, und es hatte sich herausgestellt, dass die Weissagungen beeinträchtigt wurden. Sie betrachtete ihre kostbaren Würfel, die endlich fertig geworden waren, und lächelte. Sie traf schon Vorbereitungen, um zur Sicherheit einen weiteren Satz zu schnitzen, doch nun konnte sie sie gefahrlos dem Sonnenlicht aussetzen.
Sie war schon dabei, sich noch weitere Verwendungszwecke auszudenken. Hora wurden zerstört, wenn ihre Kraft aufgezehrt war, doch wenn man sie mit Elektron beschichtete, konnten sie sich erneut aufladen und immer wieder benutzt werden, so wie der Speer des Kaji. Abban hatte nicht gelogen, als er meinte, diese Macht sei zu groß, um sie gewöhnlichen Kriegern anzuvertrauen. Auch die dama’ting würden vor nichts zurückschrecken, um noch mehr von diesem Metall zu ergattern, wenn sie von seinem Ursprung erfuhren. Vielleicht verschenkte sie mit Elektron beschichtete hora an jene Frauen, die sie unterstützten und ihr am vertrauenswürdigsten erschienen, aber sie würde jedes einzelne Teil selbst herstellen müssen. Sie sah sich in der Kammer um und überlegte, wie man so tief im Boden eine Metallschmelze einrichten konnte, ohne die Sicherheit ihres persönlichen Gewölbes zu gefährden.
Schließlich atmete sie tief durch, klärte ihren Geist und versteckte das Metall. Noch einmal warf sie ihre Würfel, in der Hoffnung, noch ein wenig mehr über die kommende Nacht zu erfahren, dann verließ sie endgültig die Kammer der Schatten.
Sie behielt ihre Mitte, doch der Sturmwind, der blies, war stark. Egal, welche Vorsichtsmaßnahmen sie traf, das Geheimnis des Metalls befand sich bereits in den Händen der Person, der sie
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