Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
Renna. »Wenn du anfängst, in der Nacht Kranke zu heilen, nimmt diese Erlöser-Geschichte nie ein Ende.«
Arlen hob ihr sein Gesicht entgegen, und sie sah, dass es tränenüberströmt war. »Wie soll ich mich deiner Meinung nach denn verhalten? Soll ich diese Menschen einfach sterben lassen?«
Renna sah ihn an, und ihre Entschlossenheit geriet ins Wanken. »Natürlich nicht. Ich sage nur, dass du einen hohen Preis bezahlst.«
»Man bezahlt immer einen Preis, Renna. All das hier ist meine Schuld.« Mit einer Handbewegung umfasste er das Lager der Haferfelder. »Ich gab den Anstoß dafür, dass das passieren konnte.«
Renna wölbte eine Augenbraue. »Wieso? Hast du diese Leute aus ihren Häusern vertrieben?«
Arlen schüttelte den Kopf. »Ich habe den Dämon geweckt, der ihnen das antat. Ich hätte den Speer niemals nach Krasia bringen dürfen. Und ich hätte niemals Jardir vertrauen dürfen.«
»Was für ein Speer? Wer ist Jardir?«, fragte Renna.
»Der Seelendämon hätte getötet, um Antworten auf diese Fragen zu bekommen«, erwiderte Arlen. »Willst du es wirklich wissen?«
»Die Dämonen kennen nichts anderes als töten«, sagte Renna und deutete auf das Abwehrsiegel gegen Seelendämonen, das mit Schwarzstängel auf ihre Stirn gemalt war. »Und diese Ungeheuer mit ihren aufgeblähten Köpfen kommen nie wieder in meinen Kopf hinein.«
Arlen nickte. »Jardir ist der Anführer des krasianischen Volkes. Ich begegnete ihm vor langer Zeit, und wir wurden Freunde. Bei der Nacht, wir waren mehr als nur Freunde. Er lehrte mich die Hälfte dessen, was ich weiß, und er rettete mir mehr als einmal das Leben. Ich liebte ihn wie einen Bruder.« Arlen ballte die Faust. »Und die ganze Zeit über wartete er nur darauf, mir ein Messer in den Rücken zu stoßen.«
»Was ist passiert?«
»Auf dem Schwarzmarkt kaufte ich mir eine Landkarte. Darauf war der Weg zu einer verlorenen Stadt in der Wüste verzeichnet, angeblich die Heimat Kajis.«
»Was ist ein Schwarzmarkt?« fragte Renna. »Ist der nur nachts geöffnet?«
Arlen lächelte humorlos. »Das könnte man so sagen. Mit Schwarzmarkt meine ich, dass die Leute die Karte, die ich ihnen abkaufte, gestohlen hatten.«
Renna zog die Stirn kraus. »Das sieht dem Arlen Strohballen, den ich kenne, aber gar nicht ähnlich.«
»Ich bin auch nicht stolz darauf«, gab Arlen zu, »aber seit ich aus Tibbets Bach fortging, hatte ich mit vielen zwielichtigen Leuten zu tun. Leute, gegen die Harleys Wegelagerei ein ehrliches Handwerk ist. Wenn man sich da draußen hinter den Schutzsiegeln herumtreibt, sind Ganoven manchmal die einzigen Menschen, die man trifft.«
Renna gab ein Knurren von sich. »Du kauftest also eine Karte, in der dieser Ort Kaji eingezeichnet war. Und was dann?«
»Kaji ist kein Ort«, stellte Arlen richtig. »Kaji war ein Mann. Der letzte General aus den Dämonenkriegen. Der Erlöser, wenn man an solche Sachen glaubt.«
Renna lachte. »Du, Arlen Strohballen, zogst aus, um den Erlöser zu suchen? Jetzt weiß ich, dass du mir ein Märchen erzählst.«
»Ich habe nicht den Erlöser gesucht«, fauchte Arlen. »Ich suchte nach seinen Siegeln . Und ich fand sie, Ren. Ob er nun der Erlöser war oder nicht, ich entdeckte Kajis Grab und nahm daraus seinen Speer. Die uralten Kampfsiegel, Mittel, um die Horclinge zu bekämpfen, wurden der Welt zurückgegeben! Ich brachte Jardir den Speer, und er besaß die Frechheit, mir vorzuwerfen, ich hätte ihn gestohlen . Behauptete, der Speer gehöre ihm . Ich bot ihm an, eine Kopie davon anzufertigen, bis hin zum letzten Siegel, aber das war ihm nicht gut genug.«
Arlen holte tief Luft und atmete gründlich durch, während er sich sammelte. Es war schon ironisch, dass eine krasianische Meditationstechnik ihm half, seine innere Balance wiederzufinden, aber Renna war trotzdem froh, dass er sie beherrschte.
»Was hat er getan?«, fragte sie dann.
»In der Nacht nahm er mir den Speer ab«, erzählte Arlen. »Er lockte mich in eine Falle und lächelte, als seine Männer mich in eine Dämonengrube warfen, um dort von Horclingen getötet zu werden. Und nun ist Jardir in den Norden gekommen und plant, uns alle zu versklaven und in einen neuen Dämonenkrieg zu schicken.«
»Bring ihn einfach um, und die Sache hat ein Ende«, schlug Renna vor. »Die Welt ist besser dran ohne manche Menschen.«
Arlen seufzte. »Manchmal glaube ich, die Welt wäre besser dran ohne mich.«
»Wie bitte?«, fragte Renna. »Du kannst dich doch nicht allen
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