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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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nicht lieben konnte?«
    Dídean fuhr erschrocken zusammen. Ihr war entgangen, dass Lasair sich die ganze Zeit auf der Bank unter der alten Linde befunden hatte. Offensichtlich hatte sie alles gehört, denn während sie langsam auf sie zu und dann an ihr vorbeiging, fügte sie hinzu: »Eine letzte Frage habe ich noch an dich, Dídean: Welche von euch zwei ›Müttern‹ ist verwerflicher?« Eine Antwort wartete sie nicht ab.
    Die nächsten Tage wachten Lasair und Dorc gemeinsam über den langsam genesenden Glic, ohne ein Wort miteinander zu wechseln. Trotzdem war die Stimmung nicht unangenehm, sondern eher so, als wäre alles gesagt worden. Zwar gab es noch Unausgesprochenes, aber sie verspürten beide kein Bedürfnis nach Klärung, vielleicht waren sie auch einfach nur erschöpft.
    Sobald Dorc sicher war, dass für Glic keine Gefahr mehr bestand, zog er sich zurück. Sein menschliches Erbe verlangte dringend nach ausgiebiger Ruhe. Lasair blieb bei dem Kranken, sie konnte lange ohne Schlaf auskommen. Lag Glic wach und hatte nichts dagegen, erzählte sie ihm von der Geschichte ihres Volkes, so wie sie es Dorc berichtet hatte, aber noch ein wenig ausführlicher, da Glic ganz gespannt lauschte.
    Als sie geendet hatte, schüttelte er den Kopf und sagte: »Ihr Dämonen seid schon merkwürdige Wesen!«
    »Wir sind keine Dämonen«, erwiderte sie sanft, als würde sie zu einem Kind sprechen. »Das ist eine Bezeichnung, die uns die Menschen verliehen haben, um unsere Auslöschung zu rechtfertigen.«
    »Ja, du hast schon recht«, erwiderte Glic. »Ardal, ein Mann, der uns in der Stadt bei sich versteckte … ach, ich vergaß, du kennst ihn ja! Er jedenfalls hat uns aufgeklärt, und ich habe mich selbst manches Mal gefragt, wer eigentlich wirklich das Böse in sich trägt!«
    »Manchmal denke ich, wir alle.« Ihr Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln. Über Glics verwunderten Blick sah sie hinweg.
    »Dann findest du also diesen verrückten Plan, mit der Zeugung von bedauernswerten Mischlingen die Erfüllung einer ziemlich vagen Prophezeiung zu erzwingen, auch nicht gut?«, fragte er.
    »Ich war nie sicher, ob wir diesem Weg folgen sollen.«
    »Aber aufgelehnt hast du dich nicht, oder?« Glic schaute sie missbilligend an. »Ich verstehe dich nicht. Wenn du schon Zweifel gehabt hast, ob das Vorgehen dieses Wahnsinnigen richtig ist, warum hast du dann die Drecksarbeit für ihn getan? Unzählige Stunden hast du mit uns in dem stickigen Erdloch verbracht. Das wäre eigentlich unnötig gewesen, fällt mir gerade auf.«
    »Grian ist meine Schwester. Ich liebe sie, und die Vorstellung, wie viel Leid sie ertragen muss, quält mich Stunde um Stunde. Das ist mein sehr persönlicher Grund gewesen, Aithreo zu helfen und für eure Sicherheit zu sorgen.« Mit einem hilflosen Lächeln breitete sie die Hände aus. »Und dann konnte ich euch in dem Elend nicht einfach allein lassen, doch vor allem habe ich nie damit gerechnet, dass ihr mir so ans Herz wachsen würdet.«
    Glic wurde rot, ohne dass er es zu verhindern wusste. Barsch sagte er: »Aber warum hast du uns dann in Gefahr gebracht? Es war ziemlich dumm von dir, den Ring bei mir zu verstecken! Wir haben wirklich Glück gehabt, dass wir nicht dem Erwählten zum Fraß vorgeworfen wurden.«
    »Ich weiß!«, rief sie. »Ich kann nur sagen, das war ungeplant. Sieh doch, ich war so durcheinander, als ich den Ring entdeckte, und als dann noch die Falken begannen, mich anzugreifen, habe ich völlig kopflos reagiert. Ich wollte ihn nur in Sicherheit bringen und konnte an nichts anderes mehr denken.«
    »War er das wert?«, fragte Glic trocken.
    »Die sechste Prophezeiung spricht von einem Ring. Ich dachte, es müsse dieser sein und er sei wichtig für uns.« Dass sie die Vorstellung nicht ertragen hatte, Grians Ring am Finger der Königin zu sehen, verschwieg sie, und Glic entging die Lüge. Er wollte mehr über die Prophezeiung wissen und sie zitierte ihm den rätselhaften Vers.
    »Obwohl ich die ersten Zeilen unverständlich finde, haben wir auf diese Weise tatsächlich die ganze Wahrheit erfahren, wie der Schluss uns sagt.« Glics Lächeln wirkte unglücklich.
    »Ich wünschte, es wäre eine andere …« Lasair senkte den Kopf.
    Keiner von beiden fügte dem noch etwas hinzu. Stumm schauten sie den Bewegungen der zarten Stoffe zu, die sich einem Wind hingaben, den nur sie spürten.
    Ein paar Tage später ging es Glic besser und er wollte unbedingt aufstehen. Er war von Unruhe erfüllt und

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