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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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überlegten, auf welche Art man Aithreos Ideen am besten umsetzen könnte, um so wenig Verluste wie möglich zu erleiden. Dorc und Glic zweifelten immer noch, ob es klug war, mit einem ganzen Heer anzutreten. Aber nach vielem Hin und Her ließen sich die Freunde überzeugen. Vielleicht war wirklich der richtige Zeitpunkt gekommen, an dem dieses Volk aufstehen und gegen die Stadt ziehen musste, um die grausame Herrschaft der Jalluthiner zu beenden.
    Rechtzeitig vor dem nächsten Neumond brachen sie in der Abenddämmerung auf. Zwar war die Wolkendecke beinahe ständig geschlossen, aber sie wollten kein Risiko eingehen. Viel hing davon ab, dass der Feind sie erst bemerkte, wenn es zu spät war. Genau in der Neumondnacht wollten sie vor den Toren der Stadt sein. Noch in der Dunkelheit würden Dorc, Glic und Lasair versuchen, von der Hafenseite aus über die Mauer zu gelangen, um sich von dort zum Heiligtum durchzuschlagen. Im Morgengrauen würden sie dann in das Gebäude eindringen, während gleichzeitig die Aos Sí ihren Angriff begännen, um Soldaten und Flammenkrieger von ihrem eigentlichen Ziel wegzulocken.
    Aithreo hatte für Dorc und Glic Pferde und Zaumzeug besorgen lassen, damit sie schneller waren als zu Fuß. Für die ungeduldigen Aos Sí kämen sie trotzdem viel zu langsam vorwärts, aber das ließ sich nicht ändern. Die Pferde spürten die Aufregung, die in der Luft lag, und tänzelten unruhig hin und her. Die beiden Freunde hatten Mühe, sie zu halten. Sie waren so mit den Tieren beschäftigt, dass ihnen entging, wie ein Krieger nach dem anderen aus der Höhle trat, sich verwandelte und in die Luft schwang. Nachdem es Glic beim dritten Anlauf gelungen war, in den Sattel zu kommen, nahm er endlich seine Umgebung wieder wahr. Mit offenem Mund betrachtete er den riesigen Schwarm Vögel, der die Sonne verdunkelt hätte, würde sie am Himmel stehen.
    »Warum habt ihr die Stadt nicht längst angegriffen? Ihr seid doch eindeutig in der Übermacht!«, sagte er zu Lasair, die noch in menschlicher Gestalt neben ihnen stand.
    »Das war nicht immer so«, erklärte ihm diese. »Die Kriege mit den Menschen hatten unsere Zahl stark verringert, und es dauerte Jahrhunderte, bis wir erneut so viele geworden sind. Abgesehen davon, hast du vergessen? Selbst wenn wir wüssten, wo Grian versteckt gehalten wird, könnten wir sie nicht befreien, da man sie sicher in Eisen gefangen hält, um ihr die Kräfte zu rauben.«
    »Hm, richtig, und da kommen wir wohl ins Spiel, wir und die verflixte Prophezeiung!«, brummte Glic.
    Lasair nickte niedergeschlagen.
    »Ich frage mich gerade, ob es jemals einen Helden gab, der diesen Beruf aus freien Stücken ergriffen hat. Mir scheint das eine anstrengende und recht aussichtslose Tätigkeit zu sein. Hoffentlich stimmt wenigstens der Lohn!« Obwohl er sich bemühte, ernst zu bleiben, blitzte der Schalk in seinen Augen, und auch Lasair konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Sie wollte eben etwas erwidern, da gab Aithreo das Zeichen zum Aufbruch.
    Ohne Bedauern verließ Glic diesen zauberhaften Ort. Die ganze Schönheit kam ihm seltsam kalt und leblos vor, und er zog es bei Weitem vor, in einem richtigen Wald zu leben. Es gab ihm immer noch einen Stich, dass seine ehemalige Heimat abgeholzt und unwiderruflich verschwunden war. Obwohl er damals raus aus dem Wald wollte, um die Welt zu erkunden, hatte er nicht damit gerechnet, dass es ein Abschied für immer wäre. Lange konnte er jedoch nicht über die Vergangenheit sinnieren. Es bereitete ihm große Mühe, sich auf dem Pferd zu halten. Im Gegensatz zu Dorc hatte er nie reiten gelernt. Wie lächerlich musste er aussehen, weil er sich hilflos an der Mähne festklammerte, statt das Tier zu lenken, und er beneidete die Aos Sí glühend um ihre Fähigkeit der Verwandlung. Wie viel lieber würde er fliegen!

    War es Angst, die ihn vorwärtstrieb? Er mochte es nicht einmal vor sich selbst zugeben. Erfüllt von einer tiefen Unruhe wanderte er durch das Heiligtum und die Gänge des Nebengebäudes. Beständig horchte er nach innen, als wartete er auf eine Stimme, die ihm endlich Klarheit schenken würde. Er war so sehr auf sich bezogen, dass er den Schreiber übersah, der vor ihm durch eine Tür huschte, hinter der er nichts zu suchen hatte.
    Erstaunt fand er sich plötzlich auf dem flachen Dach des Heiligtums wieder. Seine Hände klammerten sich an die Zinnen, während er die dichten Wolken anstarrte, als könnte er von ihnen eine Botschaft empfangen.

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