Die Flammen der Dunkelheit
hängen.
»Warte!«, rief Glic. Er riss einen Fetzen aus den Überresten von Dallachars Kleidung, wickelte sein Hab und Gut darin ein und band es so zusammen, dass eine lange Schlinge entstand. Die konnte der Vogel sicher besser halten. Erfreut sah er, dass der Plan klappte. Die Dohle hüpfte auf die Schlinge zu, schloss die Krallen darum und schwang sich in die Luft. Zwar hatte sie offensichtlich Mühe, die unter ihr baumelnde Last zu tragen, aber der Stoff ließ sich anscheinend viel besser greifen. Langsam schraubte sie sich in die Höhe.
Jetzt, da ein Problem gelöst war, widmete Glic sich dem nächsten. Er stellte sich hinter den immer noch bewusstlosen Jungen, richtete dessen Oberkörper auf, griff unter seine Achseln und zog ihn nach oben. Vielleicht war es sogar besser, dass Dallachar das Bewusstsein verloren hatte, so nahm er den Schmerz, der bestimmt schrecklich sein musste, nicht wahr. Der Sand, auf dem Dallachar gelegen hatte, war ganz blutig. Wieder überfiel Glic eine Woge des Zorns. Wie konnte man jemandem so etwas antun! Aber seine Fassungslosigkeit wurde noch größer, als er in dem beständig steigenden Wasser Schatten sah, große schlangengleiche Tiere. Hatte der Geruch des Blutes sie angelockt? Glic erblickte geöffnete Mäuler mit spitzen Zähnchen. Er musste hier weg! Mit einer Drehung und viel Gezerre schaffte er es, sich Dallachar über die Schultern zu legen. Keuchend richtete er sich auf und schwankte zu der Stelle, die sich am besten für den Aufstieg eignete. Die Wellen überspülten immer wieder seine Füße, und Glics Angst, dass die grässlichen Schlangentiere über ihn herfielen, wurde größer. Erst als er vor der Felswand stand, merkte er, er hatte die Hände nicht frei. Wie sollte er gleichzeitig Dallachar und auch noch sich selbst am Fels festhalten? Er war nahe daran, zu verzweifeln. Dann hatte er die rettende Idee, zumindest hoffte er, dass sie helfen würde. Er ließ Dallachar wieder von seinen Schultern gleiten, riss weitere Fetzen und Streifen aus dessen Kleidung, um ihn anschließend aufzurichten und gegen den Fels zu lehnen. Er stellte sich vor ihn, ging ein wenig in die Knie und zog den Verletzten ächzend hoch und dessen Arme über seine Schultern. Schnell band er Dallachars Hände vor sich mit dem Stoff fest zusammen. Vielleicht würde der ihn so erwürgen, aber dies war die einzige Möglichkeit, er musste es einfach versuchen. Inzwischen stand er bis zum Knie im Wasser und als etwas Scharfes seinen Knöchel ritzte, überfiel ihn Panik. Die Biester griffen an! So rasch er konnte, umklammerte er die Felsvorsprünge und zog sich nach oben. Seine Last schnürte ihm beinahe die Luft ab und er keuchte, während er mit den Zehen in der Wand nach Halt suchte. Glic hoffte, dass der Stoff hielt und Dallachar nicht von seinen Schultern rutschte. Die Verzweiflung schenkte ihm die Kraft, sich bis zu einem schmalen Absatz hochzuziehen, wo er verschnaufen konnte.
Lange könnten sie dort nicht bleiben, das Meer würde sie einholen, das wusste er. Der Strand war verschwunden und die Wellen klatschten an den Fels. Dallachar stöhnte, schien aber nicht aus der Ohnmacht zu erwachen. Glic betete zu Grian, dass die Anstrengungen nicht vergeblich waren und der Verletzte ihm unter den Händen wegstarb.
Ich sollte lieber um Kraft bitten!, dachte er, als er weiterklettern wollte und merkte, dass seine Beine den Dienst versagten. Dieses erste kleine Stück hatte ihn zu sehr angestrengt. Verzweifelt schaute er nach oben. Das hätte er lieber lassen sollen, sein Ziel schien unerreichbar hoch. Nach unten wollte er aber ebenso wenig schauen. Seit er wusste, was darin herumschwamm, grauste ihm vor dem Meer. Durch das Rauschen der Wellen hörte er ein Flattern und dann spürte er die Dohle auf seinem Arm landen.
»Du nicht auch noch!«, seufzte er. »Ach könnte ich doch fliegen!«
Sie keckerte und schaute ihn mit gelbschwarzen Augen an, als wollte sie ihn hypnotisieren.
Unwillkürlich musste er lächeln. »Du bist schon ein lustiger Vogel!«, sagte er zärtlich. Seltsamerweise fühlte er sich plötzlich gestärkt. Mit neuem Mut richtete er sich auf und machte sich daran, das nächste Stück in Angriff zu nehmen. Die Dohle flatterte dicht neben ihm. Er kam jetzt viel leichter voran, weil er mehr Energie in sich spürte. Verblüfft dachte er darüber nach, während er sich an winzigen Felsnasen nach oben hangelte.
Ob das Tier magische Kräfte hatte?, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Ein
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