Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
Vom Netzwerk:
haben.
    Die Menschen waren wirklich sehr unangenehm, und je mehr er von ihnen erfuhr, desto schlimmer schienen sie zu sein. Wäre nicht Benen so ein lieber Kerl, Glic hätte spätestens jetzt das Weite gesucht und die Stadt wieder verlassen. Dann fiel ihm Dallachar ein und der Ausflug mit ihm, und auch Ardal war kein schlechter Mensch, obwohl er sich ein bisschen komisch verhielt. Aber Ardal und Benen besaßen schließlich ebenfalls Dämonenblut, so wie Aodh. Sehnsüchtig dachte er an die Zeit bei dem Schmied. Vielleicht sollte er Benen und Ardal überreden, mit ihm dorthin zu gehen! Diese Lösung gefiel ihm sehr und er wollte sich gleich auf den Weg zu ihnen machen. Doch die Dohle hatte wohl andere Vorstellungen. Die ganze Zeit schon war sie unruhig, jetzt flog sie auf und Glic um den Kopf herum.
    »Was ist mit dir?«, fragte er leise und hoffte, dass niemand beobachtete, wie er mit dem Vogel sprach. Das Tier flog ein kleines Stück weiter die Mauer entlang, ließ sich an einer Stelle nieder, lugte über den Rand nach unten, um dann heftig mit den Flügeln zu schlagen. Es sah wirklich so aus, als wollte es ihn auf etwas aufmerksam machen. Wissbegierig wie er war, folgte er der Einladung und beugte sich über die Mauerkrone. Unter sich sah er eine winzige Bucht, die keine Verbindung zu anderen Stränden hatte. Sie war nur vom Meer aus zu erreichen. Die Dohle breitete die Flügel aus und warf sich in den Wind. In immer enger werdenden Kreisen flog sie auf die Bucht zu. Was wollte sie ihm zeigen? Von hier aus war nichts zu sehen. Glic schaute sich um, und als er keine Menschenseele entdecken konnte, schwang er sich auf die Mauer und ließ sich auf der anderen Seite hinab. Ein, zwei Schritte konnte er machen, dann fiel die Klippe steil ab. Er ging erst auf die Knie und legte sich schließlich auf den Bauch. Hier oben blies der Wind ziemlich stark und er wollte nicht von einer plötzlichen Böe hinabgeweht werden. Aufmerksam untersuchte er den Sand tief unter sich. Er konnte nichts von Bedeutung erkennen. Der Vogel schraubte sich unterdessen hinauf zu ihm, um dann erneut in die Tiefe zu segeln. Irgendetwas Wichtiges war dort! Vielleicht musste er ein Stück abwärts klettern, um einen besseren Überblick zu bekommen. Glic zögerte nur kurz und schaute sich nach einer geeigneten Stelle für den Abstieg um. Ein paar Schritte weiter zurück schien der Fels weniger steil und ausreichend zerklüftet, sodass er Halt finden würde. Keinen Augenblick dachte er daran, dass dies gefährlich sein könnte. Die Natur fürchtete er bedeutend weniger als die Menschen. Außerdem besaß er genügend Vertrauen in seine Geschicklichkeit und vor allem eine übergroße Portion Neugier.
    Nachdem er ein ungefähr mannshohes Stück Felswand überwunden hatte, gelangte er an einen Absatz, der von oben nicht zu sehen gewesen war. Von hier aus konnte er den Strand bis zum Fuß des Felsens überblicken und nun endlich entdeckte er den Grund für die Aufgeregtheit der Dohle: Jemand lag dort, ohne sich zu rühren. Vielleicht ein verunglückter Fischer, den das Meer hier angespült hatte. Zuerst ging Glic davon aus, der Fischer wäre ertrunken, aber dann wurde ihm klar, dass die Dohle wegen eines Toten nicht so viel Aufhebens machen würde, sie hatte oft genug bewiesen, wie klug sie war. Er sollte wohl besser Hilfe holen, um den Bewusstlosen von einem Boot aus zu bergen. Sofort hatte er ein unangenehmes Gefühl, wenn er sich vorstellte, Menschen zu suchen und sie dann auch noch zum Helfen überreden zu müssen. Was, wenn ihm keiner glaubte und sie ihn stattdessen einsperrten? Wer weiß, am Ende war es vielleicht verboten, über die Mauer zu klettern, oder das da unten war ein Essensdieb. Aber das Wichtigste war, er hatte womöglich nur wenig Zeit! Wenn das Meer gerade dabei war, wieder auf das Land vorzurücken, dann wäre der Strand bald verschwunden. Wie hatte Benen das genannt? Richtig, Ebbe und Flut! Er versuchte sich zu erinnern, in welchem Rhythmus sie wechselten. In jedem Fall sollte er sich beeilen! Glic entschied kurzerhand sich den Rest unten zu überlegen, wenn er wusste, was mit dem Verunglückten los war.
    Der Abstieg hier gestaltete sich zu seiner Erleichterung kaum schwieriger als die Kletterei vor ein paar Tagen. Doch an manchen Stellen war der Fels brüchig, und er musste sehr aufpassen, dass sich keine Steine lösten. Schließlich wollte er dem Menschen da unten helfen und ihn nicht erschlagen. Er war schon ziemlich weit gekommen, da

Weitere Kostenlose Bücher