Die Flammen der Dunkelheit
klopfte er zunächst nur leise, in der Hoffnung gehört zu werden, er wollte auf keinen Fall die Nachbarn wecken. Er hatte die Hand gerade von dem Holz weggezogen, da flog die Tür auf und Ardal stand mit zerzausten Locken vor ihm, als hätte er sich unaufhörlich die Haare gerauft. In seinem Gesicht wechselten sich Erleichterung, Zorn und Fassungslosigkeit ab, während er erst Glic und dann seine Begleitung betrachtete. Doch schnell fasste er sich wieder und half den beiden ins Haus. Bevor er die Tür schloss, flog die Dohle hinterher. Als er sah, wie Glic wankte, nahm Ardal Dallachar auf den Arm und trug ihn hoch in seine Kammer. Dort legte er ihn vorsichtig auf das Bett. Dann verschwand er kurze Zeit, um mit allerlei Gerätschaften zurückzukehren. Er sprach kein Wort, während er Dallachars Wunden versorgte, aber Glic sah das Entsetzen in seinen Augen. Danach deckte er den Jungen zu und strich ihm sanft übers Haar. Die Augen des Verwundeten fielen zu und er schien in einen tiefen Schlaf zu versinken.
»Was ist geschehen?«, fragte Ardal und sah zu Glic hinüber, der sich auf dem Boden niedergelassen hatte.
Nach kurzem Zögern erzählte dieser ihm alles. Er hatte das Gefühl, Ardal vertrauen zu können, nachdem er gesehen hatte, mit wie viel Sorge und Mitgefühl der sich um Dallachar gekümmert hatte.
»Du sagst, du kennst den Jungen? Woher?«, wollte Ardal wissen, nachdem Glic den Bericht über die Rettung beendet hatte.
Glic wand sich ein wenig, aber schließlich erzählte er auch von ihrer ersten Begegnung.
»Ich weiß nicht viel von ihm, aber er hat mir das Leben gerettet! Und er hat ein Segelboot«, sagte Glic. Dann fiel ihm noch etwas ein und er ergänzte: »Er heißt Dallachar.«
»Was … was sagst du da?« Ardal war aschfahl im Gesicht geworden und seine Knie schienen unter ihm nachzugeben. Schnell schob ihm Glic einen Stuhl unter, auf den er sich fallen ließ.
Jetzt erst bemerkte Glic Benen in der Tür. Er hatte Mund und Augen vor Überraschung aufgerissen. »Der Prinz?«, fragte er, als hätte er sich verhört.
»Ja, er hat erwähnt, dass er Prinz ist. Aber er hat mir nicht verraten, was das ist.« Glic war verunsichert über das Verhalten der beiden. Was immer Dallachar verbrochen hatte, sie durften ihm nichts antun! Er war sicher, dass in dem Jungen kein Fünkchen Böses war, und würde ihn notfalls auch gegen die beiden verteidigen. »Wenn ihr ihn ausliefern wollt, dann wird euch Schreckliches geschehen!«, sagte er drohend und setzte sein finsterstes Gesicht auf. Er hatte keine Ahnung, was er in dem Fall tun sollte, aber es würde ihm schon etwas einfallen. Die Dohle würde ihn bestimmt unterstützen.
Ardal schüttelte den Kopf. Er schien kaum in der Lage zu sprechen. Tränen liefen über seine Wangen. »Nein«, flüsterte er schließlich heiser. »Ich habe ihn nicht erkannt, so schrecklich haben sie ihn zugerichtet. Wir müssen ihn verstecken! Sie dürfen ihn niemals finden!«
Damit war Glic aus tiefstem Herzen einverstanden und auch Benen nickte. Ardals Lebensgeister schienen wieder zu erwachen. Er stand auf und ging aufgeregt hin und her.
»Wir müssen ein Versteck für euch alle bauen«, sagte er und erklärte den verblüfften Jungen, dass die Flammenkrieger sämtliche Häuser durchsuchen würden, erst recht, wenn sie Dallachars Verschwinden bemerkten.
»Vielleicht denken sie, diese Schlangenbiester haben ihn gefressen!«, sagte Glic hoffnungsvoll.
»Du hast die Fesseln geöffnet, aber sie wohl kaum wieder geschlossen«, sagte Ardal ernst. »Ich denke nicht, dass sie glauben, die Muränen hätten Schlüssel bei der Hand. Nein, sie werden wissen, dass der Prinz entkommen ist!« Als Glic ihn erst erschrocken und dann ganz verlegen anschaute, fügte er hinzu: »Dich trifft keine Schuld! Selbst wenn sie nur einen winzigen Verdacht haben, reicht das, um Durchsuchungen in Gang zu setzen.«
Ardal verschwieg, dass er davon ausging, der Erwählte würde früher oder später nach Dallachars Enttarnung auf den Zusammenhang mit der Prophezeiung kommen und dann versuchen den zweiten Jungen zu finden. Der Priester, der die Fähigkeit besaß, den Weg der Sterne zu berechnen, hatte einmal unter dem benebelnden Einfluss von vergorener Ziegenmilch ausgeplaudert, dass es eine Prophezeiung gebe, und Ardal reimte sich den Rest zusammen. Damit konnte nur die eine gemeint sein. Vielleicht hatte vor langer Zeit jemand unter Folter etwas verraten. Diese unerwartete Nachricht erklärte jedenfalls die
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