Die Flammen von Lindisfarne
auf Eirinn, der Insel Irland, an Land gingen, um frisches Wasser aufzunehmen. Einige der dortigen Brüder kamen mit hocherhobenen Kreuzen zu uns und radebrechten in einer uns kaum verständlichen alten Nordsprache, dass wir uns für einen neuen Gott ins Wasser tauchen lassen sollten und...“
„Welcher Frevel, so über die heilige Taufe lästerliche Reden zu führen!“ kreischte der Mönch Benno.
„So sahen wir Wikinger das Taufsakrament damals. Ich denke, dass meine wilden Brüder es immer noch nicht besser wissen“, lächelte Erik. „Bedenkt, dass wir in unserer fernen Heimat aus Fels und Eis noch nie etwas von dem einen wahren Gott, dessen Name gepriesen sei von Ewigkeit zu Ewigkeit, gehört hatten.
Auch war uns Wikingern noch niemals die frohe Botschaft der Erlösung durch Jesus Christus gepredigt worden. Woher sollten wir das Sakrament der Taufe kennen? Vergesst bei allem Eifer im Dienste des wahren Gottes nicht, dass selbst hier im Lande Britannia in alten Zeiten viele Götter verehrt wurden.
Ich hörte die Namen der Götterkönige Lug und Mannanan von weißgewandeten Priestern mit Eichenkränzen im Haar unter uralten Bäumen flüstern. Noch heute machen die Bauern dieses Landes geheime Zeichen, wenn man den Erst-Gott und Altvater des Landes, den geheimnisvollen Krähengott nennt, dessen wahrer Name auszusprechen verboten ist. Die Frauen aber entweichen zur Vollmondnacht in die heiligen Haine, um die Große Mutter zu verehren. Ebenso ich hörte, dass die Krieger der alten Briten, die im Kampfe fielen, hofften, in Mag-Mell, der Halle der Helden einzugehen, wo sie im Reich ihrer Götter ewige Freuden genießen.“
„Als Buße für diese Worte wirst du drei volle Monde die Messe im Staube vor dem Altar liegend hören!“ grollte der Abt. „Unwürdig ist deine Rede eines Mönchs im Kloster von Sankt Cuthbert. Wäre nicht deine große Kunst...“
„...auf die ihr nach diesem allweisen Urteilsspruch drei Monde verzichten müsst“, schmunzelte Erik. „Wenn ich vor dem Angesicht Gottes im Staube liege, dann vermag ich nicht, die Harfe zu schlagen und so euren Chorälen den rechten Ton und die vollendete Schönheit zu geben.“
„Die Buße wird in das Beten von hundert Paternoster abgewandelt“, knirschte der Abt als er erkannte, dass Bruder Erik Recht hatte. Da ihre Klosterkirche nicht über eine Orgel verfügte, war man glücklich, dass ihnen die Brüder des Klosters von Sligo im Norden Irlands mit einer Kopie des Buches Hiob einen harfenkundigen Mann schickten, der sich nach einiger Überredung bereit fand, im Kloster von Lindisfarne zu bleiben.
„Was aber geschah mit den Brüdern in Irland, die den Männern deines Schiffes das Evangelium predigten?“ fragte Bruder Gregor neugierig.
„Wie ich schon sagte, waren ihre Worte kaum zu verstehen, da wir in Norwegen einen anderen Klang der Sprache haben“, sagte Erik. „So verstanden wir kaum ein Wort, was gesagt wurde. Was wir von ihrer Rede verstanden, war uns unbegreiflich. Achselzuckend wandten sich die meisten von uns ab und gingen ihrer Wege. Dann aber kam dieser Verrückte...verzeiht, dieser glaubenseifrige Mönch mit dem Kreuz, und wollte Agnar Bieberzahn, unseren Jarl, zwingen, vor diesem heiligen Zeichen nieder zu knien. Aber einen Kniefall macht ein Nordmann nicht einmal vor Odin selbst...“
„Hundertfünfzig Paternoster sind die Buße für fortgesetzten Frevel!“ unterbrach ihn der Abt.
„Als ihn der Mönch anbrüllte und ihm das Kreuz vorhielt, dass er es küsse, war es mit der Beherrschung Agnars vorbei“, setzte Erik ungerührt seine Erzählung fort. „Der Jarl erschlug den zeternden Mönch mit der Axt und niemand machte ihm einen Vorwurf. Das Geschrei des frommen Mannes war auch schon den anderen Männern aufs Gemüt gegangen und jeder war froh, dass nun wieder Ruhe herrschte. Die anderen Mönche entflohen entsetzt und wir ließen sie laufen.
Aber der Wille der Nornen...will sagen, der unergründliche Ratschluss Gottes wollte es, dass gerade diese Mönche trotz der Brandungswellen zu der Klippe heraus ruderten, an die ich mich verzweifelt anklammerte und mich gerade aus dem Wasser zogen, als meine Kraft erlahmte. Dass sie mich nicht töteten, obwohl sie erkannten, dass ich einer der Männer war, die einen der Ihren erschlugen, daran erkannte ich die Größe des Christenglaubens.“
„Ja, was hätten denn die frommen Brüder mit dir machen sollen?“ fragte Bruder Alban
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