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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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Kraft gegen den Schiffskörper, um ihn durch den weichen Sand ins Wasser zu schieben und so die MIDGARDSCHLANGE flott zu bekommen. Der aufkommende Seegang war ihnen dabei eine große Hilfe. Dennoch gruben sich ihre Füße bis über die Knöchel in den zähen Uferschlamm ein.
     
    Auch Lars Wolfssohn reihte sich bei ihnen ein, nachdem er Angela an Bord gehoben und Harald Drachenreiter zugerufen hatte, sie bei ihren Gefährtinnen festzubinden. Über die Bordwand blickend sah Angela bewundernd auf Lars herab, der sich mit aller Kraft ins Zeug warf und unter dessen urwüchsiger Kraft der gewaltige Leib der MIDGARDSCHLANGE allmählich, aber doch gewiss, ihrem gewohnten Element entgegen glitt.
     
    Als letzter kletterte Haakon Bärensprung an Bord. Nach langer vergeblicher Suche war es ihm doch noch gelungen, einen handtellergroßen Spiegel zu finden. Die Männer schüttelten den Kopf, als sie sahen, wie ihr Jarl zwischen seinen eiligen Schritten immer wieder einmal anhielt, um sein Gesicht im Spiegel zu betrachten und dabei sonderbare Grimassen schnitt.
     
    „Ruderwache besetzen! Riemen aufnehmen!“ klang Haralds Stimme über Deck. Es krachte und polterte, als die schwer angetrunkenen Wikinger die Ruder aufnahmen und nach dem Kommandoruf des Steuermanns alle Mühe hatten, die Ruderlöcher zu finden.
     
    „Na wartet, ihr versoffenen Wildschweine, gleich wird der Rauschtrank in den Adern verdunsten!“ fauchte der Drachenreiter böse. „Ihr werdet rudern, bis euch das Wasser im Arsch kocht!“
     
    Im gleichen Augenblick ging ein Zittern durch das Schiff. Die MIDGARDSCHLANGE war frei. An zugeworfenen Tampen hangelte sich Lars mit den anderen Männern an Bord. Sie schüttelten sich wie die Hunde, dass ihnen das Meerwasser vom Leibe perlte.
     
    „Haaach! Der hat was zu saufen“, stöhnte ein Wikinger, als Harald Drachenreiter die Kürbis-Flasche, die ihm Lars mitgebracht hatte, genießerisch leerte und der Wein ihm durch die Mundwinkel in den Bart lief.
     
    „Ihr braucht nichts mehr zu saufen - weil ihr genug gesoffen habt - und weil ihr das Gesäuf beim Rudern jetzt alles raus schwitzen werdet!“ schrie Harald und stemmte sich gewaltig gegen das Steuer. Leicht krängend legte sich die MIDGARDSCHLANGE nach Lee.
     
    „Klar bei Segel!“ befahl der Drachenreiter. Augenblicke später sank die mächtige Stoffbahn herab und bauschte sich im aufkommenden Wind. Dennoch ließ Harald noch eine ziemlich lange Strecke weiter rudern, nachdem er sich einen Augenblick mit dem Jarl besprochen hatte.
     
    Haakon hatte wohl bemerkt, dass einige der Knechte und Mönche entkommen waren und teilte nun die Besorgnis des Steuermanns, dass sie vielleicht mit den Kriegern irgend eines britischen Fürsten zur Rache anrücken würden. Einem massiven diszipliniertem Angriff geübter Soldknechte aber waren die Wikinger trotz aller Tapferkeit im jetzigen Zustand fast vollendeter Volltrunkenheit nicht gewachsen.
     
    Leise weinten die Mädchen, als sie die Flammen über Lindisfarne vom Sturmwind erst richtig entfacht, mit aller Macht auf rauschen sahen. Von der Kirche her hatte der Brand auf alle anderen Gebäude übergegriffen. Im hereinbrechenden Nachtdunkel schienen die zum Himmel stiebenden Feuer-funken gleich den Seelen der erschlagenen Mönche und Knechte zu sein, die zu ihrem Gott emporstreben.
     
    „Verzaget nicht, Brüder im Herrn, denn Gott ist mit uns!“ rief Bruder Johannes, sich ermannend. „Lasst uns den Allmächtigen in einem Choral loben und preisen, auf dass die Heiden die Macht des wahren Gottes erkennen!“
     
    „Näher, mein Gott, zu dir...!“ stimmte Bruder Alban in lateinischer Sprache an. Und mit kräftigen Stimmen fielen die Brüder in den Wechselgesang ein.
     
    „Schnauze! Lied aus!“ brüllte Ragnar und fuhr von dem Fellager empor, auf dem er sich zusammen gerollt hatte. Neben ihm erhob sich Björn Baumfäller.
     
    Die Mönche verstanden jedoch die Worte des gewaltigen Wikingers nicht und sangen nur umso lauter, als Ragnar sich schwerfällig erhob und langsam mit wiegenden Schritten auf sie zukam. Hinter ihm schob sich der gewaltige Björn durch die Reihen der Ruderer.
     
    „Wollt ihr wohl das Maul halten?“ herrschte Ragnar die Mönche noch einmal an. Doch die frommen Brüder sangen nur um so kräftiger.
     
    Und da war es mit Ragnars Beherrschung zu Ende. Im Jähzorn war der Hammer unberechenbar und der Baumfäller unterstützte stets seine Taten. Bevor Bruder Alban begriff, was geschah, hatte ihn

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