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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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an dessen Ende Runen geritzt sind, die ich mein Lebtag noch nicht er-schaut, habe.“ Er erhob sich und gab Wilturdis den Thor-Hammer zurück. Lars beugte den Kopf, damit ihm die Mutter das kostbare Erbe um den Hals hängen konnte.
     
    „Gedenke der Ehre des Vaters und diene seinem Willen in Treue“, sagte die Tochter Widukinds mit fester Stimme. Hrolf Silberhaar aber legte ihm beide Hände auf die Schultern. Ein Blick des Priesters hinüber zum Skladen und Olaf Metkanne ließ seine Finger über die Saiten der Harfe gleiten.
     
    Mit feierlich singender Stimme redete der alte Mann in der Dichtkunst des Stabreimes, die Odin selbst die Völker des Nordens lehrte:
     
    „Laufe und luge - wehrhafter Wolfssohn,
     
    finde des Vaters - herrliche Halle.
     
    Weisheit seine Worte - Wunder seine Werke.
     
    Schläger der Schlachten - Sänger der Sagen.
     
    Winde und Wogen - Steine und Straßen
     
    wandle sie weidlich - in Wanderers Weise.
     
    Wort sei deine Waffe - doch Waffe dein Wort
     
    Kampf dem Krieger - Friede dem Freundlichen
     
    Retter und Rater - werde Wolfssohn des Wälse.
     
    Walle den Weg - pflüge die Flut - wandle den Wald
     
    z u finden den Vater - in Nacht und in Nebel
     
    in himmlischen Höhen - in Heide und Hag.
     
    Südwärts segele -  westwärts wandle - nahe dem Norden.
     
    Im Kreise von Kriegern - im prächtigen Prunk.
     
    Der Rater der Runen - als Wolfsvater sich weist!“
     
    Lars war tief bewegt über die Worte des greisen Priesters, der in seiner Gestalt und Kleidung so sehr dem Gott selbst glich, den er verkündete, indem er wie Odin selbst schlicht und unerkannt durch die Welt wandelte.
     
    „Was aber ward aus Widukind, dem Wackeren“, fragte Jarl Haakon und wies den jungen Krieger an, Platz zu nehmen, bevor er dem Priester einige Worte des Dankes sagen konnte.
     
    „Ja, künde mir, Wulfegar, ob mein Vater noch lebt“, bat Wiltrudis mit Wärme in der Stimme.
     
    „Leben ... ja, er lebt noch“, die Stimme des Sachsen sank zu einem Flüstern herab. „Nach dem Blutgericht an der Aller kam er, getrieben von den Rache-Göttern, vom sicheren Hof des Dänenkönigs zurück in die von tausend Wunden des Krieges blutende Heimat.
     
    Zum letzten Male durcheilten seine Boten die Gaue der Sachsen. Die Not trieb alle Stämme zu einem Bündnis, das vorher nie bestanden hatte. Denn wir hatten vernommen, dass der große Karl unser Volk entweder unter das Joch des Christengottes beugen oder ausrotten wollte. Für die Söhne Tiu Saxnots gab es nur Sieg oder Tod. Denn ein König, der so viele Wehrlose hinschlachten lässt, den graust auch nicht davor, wehrlose Weiber und lallende Kinder zu töten! Jeder wehrfähige Mann sammelte sich unter dem Banner des steigenden Pferdes, um für die Freiheit des Sachsenvolkes zu streiten. Auch viele Friesen eilten herbei, um gegen die Unterdrückung durch die Franken zu kämpfen.“
     
    „Also stellten sich die Tyrs Söhne zur letzten Schlacht wie die Asen es einst am Ende aller Tage tun werden, wenn Bifröst, die Regenbogenbrücke, unter den Hufen der Flammenpferde von Surts Feuerriesen zu Asche verbrennt!“, sagte der Odins-Priester bedächtig.
     
    „Leider warteten sie nicht, bis sich die gesamte Heeresmacht gesammelt hatte, sondern griffen die Franken wie üblich in kleinen Trupps an, die von den großen und wohl gerüsteten Heerhaufen leicht zurückgeschlagen wurden. Bei solchen Angriffen, geführt von der Verzweiflung oder dem Hass der Blutrache, fielen die besten Krieger unseres Volkes, die ihren Mut nicht bezähmen konnten.
     
    Als Widukind endlich die Scharen aller Gaue gesammelt hatte und sich zur Schlacht stellen konnte, fehlten ihm diese wichtigen Männer, von denen jeder die Spitze eines Angriffskeils hätte führen können. Es gab ein großes Treffen der Heere, an dem das Abendrot des scheidenden Tages den letzten Sieg sächsischer Waffen sah.
     
    Doch der Feind war noch lange nicht besiegt und Königs Karls Befehl rief weitere Frankenkrieger zu Heer. Weniger als zwei Monde später wagte Widukind eine weitere Schlacht. Und dies war die Schlacht, die alles entscheiden sollte. Drei Tage bei glühender Hitze währte der Tanz der Schwerter. In geheimen Liedern singen die Sachsen heute, dass in der Nacht die Walküren die toten Sachsenhelden nicht nach Walhalla führten, sondern ihre Wunden schlossen und ihre Schmerzen linderten, damit sie am nächsten Tage wieder Tiu-Saxnots Siegesschwert schwingen konnten.
     
    Doch das Lager der

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