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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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Silberhaar mit bedeutungsschwerer Stimme.
     
    „Ich zog mich nach der letzten Schlacht zurück auf ein kleines Gut an der Elbe ungefähr zwei Tagesritte nordwärts der Hammerburg und hielt Ruhe. So weit wagen sich die fränkischen Trupps normalerweise nicht in unser Land. Doch als Widukind für sein Volk den Weg der Schande gegangen war, kamen die Fronboten des Frankenkönigs auch bis zu meinem Gehöft.
     
    Aber sie verlangten nicht nur, dass ich mich samt meinem Gesinde taufen ließ, sondern auch dass ich mit eigener Hand die Pferdeschädel vom Hausgiebel schlagen sollte. Denn dort, wo sich die beiden äußeren Balken an den oberen Enden kreuzen, werden mit kundiger Hand die Köpfe von Pferden geschnitzt. Das zeigt Wotan, wenn er mit dem Herbststurm über Land reitet, unter welchem Dach er seine Getreuen findet. Mein Urahn hatte diese beiden Pferdeköpfe geschaffen. Heilig sind sie dem Sachsen und heilig ist mir meiner Väter Werk.“
     
    „Auch wir pflegen diesen frommen Brauch“, nickte Jarl Haakon.
     
    „Das Haupt hätte ich wohl der Taufe gebeugt, damit die Franken nicht den Knechten den Trotz des Herrn entgelten sollten“, fuhr Wulfegar fort. „Das wenige Wasser trocknet schnell ab und Wotan ist nicht so eifersüchtig wie der helle Christ. Doch die heiligen Pferdeköpfe vom Dachfirst zu schlagen, dafür konnte ich mich nicht hergeben.
     
    Als ich dies dem Fron-Vogt erklärte, las er mir jene Gesetze des Königs Karl vor, durch die zu Verden die Standhaften meines Volkes bluten mussten. Sie führten mich in die Mitte des Hofes, wo aus dem Brunnen ein Eimer Wasser heraufgezogen war und wo eine Axt zum Spalten von Brennholz in den Block geschlagen war.
     
    Man zerrte mich zum Block und zwang mich, meinen Kopf darauf zu legen, während einer der Blutschergen bereits mit dem Daumen die Schneide der Axt prüfte. Mit grinsendem Gesicht baute sich einer der feisten Mönche mit dem Eimer vor mir auf und hieß mich wählen, ob ich mit Wasser oder Blut getauft werden wollte.
     
    „Und was wähltest du?“ fragte Jarl Haakon ungeduldig.
     
    „Blut!“ stieß Wulfegar mit furchtbarer Stimme hervor. „Doch nicht das meinige, denn die Schergen der Franken wissen nicht, welche Kraft Donar im Leibe eines Sachsen zu erwecken vermag, wenn es um Ehre und Leben geht.
     
    Ich schüttelte die Neidinge ab wie der Bär sich der hetzenden Hundemeute erwehrt. Dann entriss ich dem Henker die bereits zum tödlichen Streich geschwungene Axt und sandte ihn als Diener vor dem Geschorenen her, den mein zweiter Hieb traf. So war die Wahl der Taufe, die er mir bot, seine eigene. Denn es war sein Blut, das sich mit dem Wasser mengte. Und bevor die Franken sich von ihrem Schreck erholt hatten, sprang ich auf mein lichtbraunes Edelross und trieb es hinüber zur Elbe.“
     
    „Hei, das war ein Heldenstück!“, rief Harald Drachenreiter begeistert. „Ich trinke auf deine Todeskühnheit, Sachse!“ Lächelnd gab ihm Wulfegar mit einem Trunk Bescheid.
     
    „Einem Rudel jagender Hunde gleich folgten mir die Franken. Sirrend flogen die Pfeile von ihren Bogen und nur einen Steinwurf von der rettenden Elbe entfernt brach das treue Ross tödlich getroffen unter mir zusammen. Doch ich warf mich in die aufschäumende Flut des rettenden Flusses. Kräftig schwamm ich unter ihrem Pfeilhagel hindurch, oft genug tief untertauchend und ihnen dadurch weniger Ziel bietend.
     
    Donar gab mir Kraft, dass es mir gelang, den Elbe-Strom zu durchschwimmen. Niemand der Franken wagte mir zu folgen. Am Ufer lag weder Schiff noch Kahn, mit dem man gefahrlos Jagd auf menschliches Wasserwild machen konnte. So entkam ich den blutrünstigen Häschern und die Bauern am anderen Ufer der Elbe halfen mir weiter auf meinem Wege nach Dänenland.“
     
    „Dort warst du in Sicherheit?“ klangen die Worte des Jarls fragend.
     
    „Am Hofe König Göttriks fand ich meine Tochter zur holden Jungfrau erblüht“, sagte Wulfegar. „Und für einige Zeit war mein Leben ihm Dienste der Dänen sicher. Doch dann kamen Gesandte König Karls an den Hof, die meine Auslieferung verlangten. Da ich einen Christenpriester erschlagen hatte, drohte der Frankenkönig den Dänen mit Krieg, wenn sie mich nicht auslieferten.
     
    Ich entkam den fränkischen Schergen mit Wissen König Göttriks, der mir eine Warnung zuspielte und mir alles Nötige zur Flucht überließ. Zwar war ihm das Gastrecht heilig, aber er konnte sein Volk nicht für einen Gast in einen Krieg hetzen, dessen

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