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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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Gewalt als Lohn zum Riesenbaumeister zerren wollte, der Walhall erbaute!“ kicherte die Wala. Laut aber rief sie dann:
     
    „Wer nicht willig vor Friggas Angesicht tritt, der weiche der Hohen. Denn die Frauenehre und die Ehe sind Odins herer Gattin heilig!“ erklangen die Worte der Wala. „Rede, Thursula, ob an dem Manne, den dein Vater wählte, ein solcher Makel haftet, dass er deiner unwürdig ist. Rede - oder schweige und gehorche!“
     
    „Kein Makel ist an ihm! Und obgleich ich sein Bild nicht in meinem Herzen trage, weiche ich Vaters Willen. Vom Faden der Nornen geführt, trete ich vor das Angesicht der Göttin - doch nicht von einem Weibe geleitet!“ rief Thursula trotzig. „Einem eurer Frauen mag eine Gespielin aus Kindertagen für diesen Gang tauglich sein. Mir jedoch als Tochter eines Volkes, das Tiu Saxnot, der Kriegsgott selbst gezeugt hat, steht es zu, von einem Krieger meiner Wahl in den Ring geführt zu werden!“
     
    Für einen Augenblick herrschte eisiges Schweigen in der Methalle. Eine solche Forderung hatte man noch niemals gehört. Was Thursula gesagt hatte, war eine Beleidigung für jede freie Frau der Thing-Gemeinschaft.
     
    „Das...ist nicht Sitte in Sachsenland!“ presste Wulfegar hervor.
     
    Aber der Jarl gab ihm ein Zeichen, zu schweigen. Die peinliche Situation musste bereinigt werden. Er wandte sich zu seinem Sohn, der jedoch verständnislos mit dem Kopf schüttelte. Aber da war Högnis Schlangenblick, der sich an den Jarl heran preßte und ihm einige Worte zuflüsterte, die dessen Miene aufhellte.
     
    „So bestimmt denn selbst, Thursula Sachsentochter, den Krieger zu deinem Braut-Geleit!“ dröhnte die Stimme des Jarl durch die Halle. Über das Gesicht des Mädchens schoss ein Schimmer der Freude.
     
    „Lars Wolfssohn!“ rief sie laut. „Ich bitte dich um das Geleit zu meinem Ehegelöbnis!“  Der Gerufene, der bei diesem Fest wieder am unteren Ende der Halle saß, wie es jungen Kriegern zukommt, fuhr empor, als habe er einen Schlag mit der Ochsenpeitsche erhalten.
     
    „Da haben wir es!“ vernahm Lars die Stimme Widars neben sich. „Diese Rache hat sich das Weib fein ausgedacht. Denn jetzt wird Thorleif glauben, dass du ihr heimlicher Geliebter bist und versuchen, dich zu vernichten!“
     
    „Dein Name ist bereits genannt!“ flüsterte ihm Sigurd Schildspalter zu, der sonderbarer-weise heute auf seinen Ehrenplatz in den ersten Reihen verzichtet hatte, um mit Lars und Widar in den unteren Reihen der jungen Krieger zu sitzen. „Wenn du diese Brautleite ablehnst, rettet es vielleicht dein Leben. Aber dann zerstörst du auch deine Ehre, denn jeder Wikinger wird glauben, dass du dich vor dem Knochenbrecher fürchtest!“
     
    „Aber ich trage das Bild einer Elben-Maid im Herzen“. gab Lars leise zurück, „Das Bild einer Frau, das ich immer wieder in meinen Träumen sah. Was auch immer die Leute flüstern - ich habe Thursula nie berührt. Thorleif kann mich für eine Tat, die ich nicht getan habe, auch nicht zum Kampf fordern!“
     
    „Es gibt eine Zeit für Träume und eine Zeit für Taten, Krieger!“ flüsterte Widar. „Weichst du hier den Taten,  dann magst du für den Rest deiner Tage von der verlorenen Ehre träumen!“
     
    „Fürchte den Knochenbrecher nicht, wenn er dich herausfordert!“ setzte Sigurd hinzu. „Denke an die Ringergriffe und die Fausthiebe, die ich dich in den letzten Tagen lehrte. Es sind die Künste, wie sie in den Kampfschulen von Romaburg und den Stadien von Greekaland gelehrt wurden und in denen man sich bei den Franken übt. Du bist gewandt und schnell. Mit diesen Künsten der Welschen magst du der rohen Kraft Thorleifs begegnen!“
     
    „Nun Wolfssohn?“ klang die fordernde Stimme des Sachsenmädchens durch die Halle. „Du rühmst dich der Abstammung Wotans. Erbtest du nicht Siegvaters Mut und Verwegenheit? Hält Furcht dich fern, Thursula das Ehrengeleit zu geben?“
     
    „Das Horn leere der Krieger mit Ruhe, bevor er dem Keifen eines Weibes Gehör schenkt“. gab Lars laut zurück und trank in langen Zügen das Horn leer, „Denn wenn er sofort eilt, ist er dem Weibe hörig und ihren wechselhaften Launen untertan. Sei getrost, Sachsentochter. Ich werde kommen und dir ehrenhaftes Geleit geben, weil diese Handlung die Sitte und die Ehre gebieten, die du, Kind des geehrten Gastfreundes, gefordert hast!“
     
    Mit diesen Worten erhob sich Lars und zwängte sich durch die Reihen der ihm zutrinkenden Männer nach vorn.

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