Die Flammende
weinen.
»Jetzt machen Sie sich mal keine Sorgen, Lady Fire«, sagte Roens Tierheiler. »Das sind alles nur Fleischwunden. In einer Woche ist er wieder putzmunter.«
Putzmunter, wo doch seine ganze hintere Hälfte zusammengenäht und verbunden war und er den Kopf hängen lieÃ. Er freute sich, sie zu sehen, obwohl es ihre Schuld war. Er drückte sich an die Tür der Box, und als sie hineinging, schmiegte er sich an sie.
»Offenbar hat er sich Sorgen um Sie gemacht«, sagte der Heiler. »Jetzt, wo Sie hier sind, ist er viel munterer.«
Es tut mir leid , dachte Fire, die so gut es ging die Arme um seinen Hals geschlungen hatte. Es tut mir leid. Es tut mir leid.
Sie nahm an, dass die fünfzig Männer in den Little Grays bleiben würden, bis die dritte Abteilung eintraf und die Greifvogelmonster wieder aufsteigen lieÃ. Bis dahin würde es still sein im Stall.
Und so blieb Fire bei Small, lehnte sich an ihn, sammelte seine Spucke in ihren Haaren und linderte mit Hilfe ihres Bewusstseins sein Gefühl stechenden Schmerzes.
Sie lag zusammengerollt auf einem frischen Bett aus Heu in der Ecke von Smalls Box, als Roen eintraf.
»Fire«, sagte Roen mit sanften Augen vor der Tür zur Box. »Bleib liegen«, fügte sie hinzu, als Fire versuchte sich aufzusetzen. »Die Heilerin hat mir gesagt, du sollst dich ausruhen, und ich schätze mal, wir müssen schon froh sein, wenn du dich hier drin ausruhst. Kann ich dir irgendetwas bringen?«
»Etwas zu essen vielleicht.«
Roen nickte. »Noch etwas?«
»Archer?«
Roen räusperte sich. »Ich werde ihn dir schicken, sobald ich überzeugt davon bin, dass er nichts Unflätiges sagen wird.«
Fire schluckte. »So wütend war er noch nie auf mich.«
Roen senkte den Blick und sah ihre Hände auf der Tür der Box an. Dann kam sie herein und kniete sich vor Fire hin. Sie streckte die Hand aus und strich Fires Haare glatt, hielt eine Strähne zwischen ihren Fingern fest und betrachtete sie sorgfältig, ganz still auf ihren Knien im Heu, als versuchte sie hinter die Bedeutung von irgendetwas zu kommen. »Schönes Mädchen«, sagte sie, »du hast heute etwas Gutes getan, egal, was Archer denkt. Aber nächstes Mal sag vorher jemandem Bescheid, damit wir besser vorbereitet sind.«
»Archer hätte niemals zugelassen, dass ich das tue.«
»Nein. Aber ich.«
Einen Augenblick trafen sich ihre Blicke. Fire verstand, dass Roen das, was sie sagte, ernst meinte. Sie schluckte. »Gibt es Nachrichten aus Gray Haven?«
»Nein, aber die dritte Abteilung ist vom Aussichtsturm gesehen worden, so dass wir unsere fünfzig Männer vielleicht schon heute Abend wieder hier haben.« Roen klopfte sich den Schoà ab und stand auf, jetzt wieder ganz geschäftsmäÃig. »Wir haben übrigens in den Räumen des Königs niemanden gefunden. Und wenn du schon darauf bestehst, deine abgöttische Liebe für dein Pferd so zum Ausdruck zu bringen, sollten wir dir wenigstens Kissen und Decken bringen. Schlaft ein bisschen, ihr beiden, Mädchen und Pferd, ja? Und ich hoffe, Fire, eines Tages erzählst du mir, warum du das getan hast.«
Mit schwingenden Röcken und einem Klicken des Riegels war Roen verschwunden. Fire schloss die Augen und dachte über die Frage nach.
Sie hatte es getan, weil sie es tun musste. Es war eine Entschuldigung für das Leben ihres Vaters, der eine gesetzlose Welt geschaffen hatte, in der Städte wie Gray Haven von Plünderern angegriffen wurden. Und sie hatte es getan, um Roens Sohn zu zeigen, dass sie auf seiner Seite war. Und auch, damit er am Leben blieb.
Fire schlief in ihrem Zimmer, als in jener Nacht alle fünfzig Männer aus Gray Haven zurückkamen. Der Prinz und der König verschwendeten keine Zeit und brachen unverzüglich mit der dritten Abteilung Richtung Süden auf. Als Fire am nächsten Morgen aufwachte, waren sie bereits weg.
Cansrel hatte Fire immer Zutritt zu seinem Bewusstsein gewährt, damit sie üben konnte, seine Gedanken zu verändern. Er hatte sie im Rahmen ihrer Ausbildung sogar dazu ermutigt. Sie tat es auch, aber es war jedes Mal wie ein schrecklicher Albtraum.
Fire hatte Erzählungen von Fischern gehört, die im Meer mit Wassermonstern um ihr Leben kämpften. Cansrels Bewusstsein war wie ein Aalmonster, kalt, glitschig und gefräÃig. Immer wenn sie danach griff,
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