Die Flirtfalle
es wenig später sauber und in ein Badetuch gewickelt ins Auto, verabschiedete mich von Marta und fuhr nach Hause.
„Mama, können wir zum Wasserspielplatz?“
Bei der Vorstellung, das frisch gewaschene, splitternackte Kind gleich wieder in den Schlamm zu setzen, wurde mir ganz übel.
Zu Hause trug ich Justin, der fest schlief , ins Bett und tat das, wonach ich mich den ganzen Abend gesehnt hatte: Ich warf mich auf das Sofa, legte die Beine auf den Tisch und kramte in meiner Handtasche nach der Serviette mit Marks Telefonnummer. Als ich zögernd zum Telefon blickte, bemerkte ich, dass der rote Punkt des Anrufbeantworters leuchtete. Ich ließ das Band laufen:
„ … wie ich von einer dreißigjährigen Frau erwartet hätte! Und weil ich mir Sorgen um dich mache! Du musst endlich deine Depressionen in den Griff bekommen und dich von einem Psychologen behandeln lassen!“
Ha! Depressionen! Da zieht man das Hochzeitskleid seiner Urgroßmutter an, um einen Verkupplungsversuch zu sabotieren, und schon wird man als depressiv abgestempelt. Wenn Mutti wenigstens behauptet hätte, ich sei egozentrisch, rebellisch, unkonventionell oder ein wenig verrückt. Aber depressiv?
Ich hatte schon das Frustkis sen in der Hand, als mir etwas Besseres einfiel und ich die Wohnung nach der verlorenen Flasche Wein zu durchstöbern begann. Vergeblich. Das Telefon läutete.
„ Melanie, erzähl! Wie war es? Mensch, sag schon! Wie hat sich Mark verhalten? Antworte!“
„ Lisa, nur immer mit der Ruhe, ja? Ich fürchte, du wirst von dem Ergebnis nicht sonderlich erfreut sein.“
„Was soll das nun heißen? Nein, warte, das können wir nicht am Telefon klären. Anna und ich werden in zwanzig Minuten bei dir sein. Bis gleich!“
Lisa legte auf. Eigentlich war mir jetzt nicht nach Besuch. Ich wollte erst ein Bad nehmen, als Nächstes die Qi Gong Übung ‚Himmel und Erde’ machen und schließlich vollkommen entspannt ins Bett fallen. Nun musste ich das Entspannungsprogramm um ein paar Stunden verschieben. Da ich die Zeit bis zu Lisas und Annas Ankunft nicht ungenutzt lassen wollte, machte ich mich wieder an die Bewerbung als bibliothekarische Hilfskraft. Ich suchte nach Argumenten, die überzeugen sollten, warum mir ausgerechnet diese Stelle so viel bedeuten würde. Nach langem Überlegen musste ich einsehen, dass mir die Stelle einer bibliothekarischen Hilfskraft vollkommen egal war und mich eigentlich nur die Bezahlung interessierte. Obwohl ich diese Erkenntnis nicht in meine Bewerbung zu schreiben gedachte, sagte mir meine weibliche Intuition, dass es auch diesmal mit dem Job nicht klappen würde. Bald gab ich es auf, nach einem anspruchsvollen Anfang für meine Bewerbung zu suchen, legte das Blatt zur Seite und dachte wieder an Mark. Diese Ausstrahlung … Diese Stimme … Selbst Marks Schweigen war mit erotischer Energie geladen. Ich griff wieder nach der Serviette. Diese Handschrift! Ich beeilte mich, das heilige Stück Papier an einen sicheren Ort zu bringen, bevor Lisa hier aufkreuzen würde. Gerade als ich das Kama-Sutra aus dem Versteck holen wollte, um ein paar verschämte Blicke auf die unanständigen Abbildungen zu werfen, kündigte sich der Besuch an.
„Kommt rein! Wo habt ihr denn eure Kinder gelassen?“
„Im Bett, wo sie auch hingehören“, sagte Lisa trocken und begann sich umzusehen, als würde sie nach ihrem Mark suchen, den ich gefesselt und geknebelt in einer Ecke gefangen hielt.
„Setzt euch. Ich mache uns gleich Milchshakes.“
„Melanie, für uns bitte nicht. Wir sind auf Diät“, sagte Anna matt.
„Dann eben nicht. Erzählt schon, ihr zwei. Wie war die Bummeltour?“
„ Melanie, lass uns bitte gleich zur Sache kommen. Nun sag schon! Hast du mit Mark geflirtet?“
„Ja, das habe ich“, sagte ich mit gezwungener Gleichgültigkeit.
„Was willst du mir nun damit sagen?“
„Nichts! Ich habe nur deine Frage beantwortet.“
„ Melanie, entschuldige. Aber meine Nerven … Schon gut. Erzähl weiter.“
„Also, Folgendes: Es war einfach wie verhext. Ich konnte mich plötzlich an keinen einzigen der Sprüche erinnern, die ich stundenlang auswendig gelernt hatte. Als ich dann sah, dass Mark Anstalten machte zu gehen, geriet ich dermaßen in Panik, dass ich ganz schnell die ‚Haben Sie vielleicht Feuer?’- Nummer abzog.“
„Waaaas? Seit wann rauchst du denn?“, regte sich Lisa auf.
„ Bleib gaaanz ruhig. Atme tief ein und aus. So.“ Anna begann Lisa eine wunderwirkende
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