Die Flirtfalle
mir? Ich kenne einen guten Italiener“, sagte ich.
„ Na wunderbar! Ich werde dich pünktlich abholen!“
Später liefen wir gemeinsam die Treppen hinunter. Mark gab mir einen Abschiedszungenkuss, sagte, er würde heute Abend um Punkt 7.00 Uhr da sein und fuhr davon. Es war Zeit, Justin abzuholen. Bevor ich in mein Auto stieg, blickte ich zum Fenster meiner Nachbarin. Sie stand tatsächlich hinter den Gardinen. Mein Blick traf sie so überraschend, dass sie es nicht schaffte, in Deckung zu gehen. Bald würde die ganze Nachbarschaft wissen, dass heute Vormittag ein dicklippiger Mann bei mir in der Wohnung war, aber was soll’s.
Während der Fahrt zum Kindergarten dachte ich an Mark. Er will sich in mich verliebt haben. Dass ich mich auch in ihn verliebt hatte, war eine Selbstverständlichkeit, so selbstverständlich, dass ich es nicht für notwendig hielt, diese laut auszusprechen. Es gab aber noch etwas, was mich davon abhielt, Mark eine Liebeserklärung zu machen. Es waren die fünf Prozent Restunsicherheit, die mich plagten, denn rein theoretisch war es doch möglich, dass mein Mark und Lisas Mark eine und dieselbe Person waren. Eine ziemlich unerträgliche Vorstellung, die ich zu verdrängen versuchte. Mark. Verflixt. Ich konnte mich nicht davon abbringen, an ihn zu denken. Ein toller Mann! Ein tolles Gefühl! Ich konnte glatt lossingen, ohne vorher das Radio eingeschaltet zu haben.
Im Kindergarten entdeckte ich meinen Piraten in einer Spielecke. Er saß in Unterhemd und Schlüpfer auf dem Fußboden und baute ein Legohaus. Die Augenklappe und der Piratenanzug lagen neben einer einbeinigen Puppe. Ich fragte die Erzieherin, wie sich mein Sohn heute so gemacht hatte. Sie meinte, dass Justin ein ganz toller Junge sei, ein wenig eigenwillig vielleicht, ein wenig stur und manchmal ein ganz wenig frech.
„Mama, morgen will ich kein Pirat sein. Die Kinder haben mich ausgelacht und mit meiner Augenklappe eine Spinne totgeschlagen“, weinte sich Justin aus, als wir im Auto saßen. Na bitte. Wenn das keine Anerkennung für meine richtige Erziehung war!
18.59 Uhr
Mark klingelte eine Minute früher als vereinbart an meiner Wohnungstür. Er überreichte mir eine riesige Schachtel Pralinen und küsste mich, als wären wir ein eingespieltes Liebespaar.
Der Italiener war wie immer gut besucht, dennoch konnte n wir ein kleines Tischlein am Fenster ergattern.
„Erzähl, wie war dein Tag?“, eröffnete Mark unseren Smalltalk.
„ Einfach wunderbar! Ich hatte ein traumhaft schönes Erlebnis mit einem Traummann. Einem Traummann, den ich heute zum zweiten Mal in einem kleinen Italiener treffe“, sagte ich und fragte mich, warum ich wie eine Betrunkene rede, ohne einen Tropfen Alkohol getrunken zu haben. Welche unsichtbaren Weltmächte brachten mich dazu, so viel seltsames Zeug von mir zu geben?
„Oh ! Wenn das so ist, dann kann ich nur hoffen, dass du rechzeitig zu deiner Verabredung erscheinst“, sagte Mark und sah mich dabei mit besorgtem Gesicht an. Eigentlich hatte ich vor, diesen Abend zu nutzen, um alles mögliche über Mark in Erfahrung zu bringen. Hat er Geschwister? Was macht er beruflich? Wie heißt er mit Nachnamen? Hängen geblümte Gardinen in seinem Wohnzimmer? Wie sieht sein Pyjama aus? Ich war schon im Begriff, meine letzte Frage laut auszusprechen, als mir Mark mit seiner Frage zuvorkam.
„Melanie, ich weiß zu wenig über dich, dabei möchte ich so gern alles, wirklich alles wissen!“
Ich fragte mich, ob das der richtige Zeitpunkt war, um Mark zu eröffnen, dass ich nicht nur geschieden, sondern auch alleinerziehend und stolze Mama eines kleinen Jungen war. Dabei musste ich an Justin denken, den ich zu Mutti gebracht hatte, die vor Glück fast ausflippte.
„Erzähl. Was ist deine Lieblingsfarbe?“
Mark war ein Traum! Ein unsensibler Mann hätte mich bestimmt nach meinem nicht vorhandenen beruflichen Leben ausgefragt, oder noch schlimmer - nach meinem nicht vorhandenen Urlaubsziel in diesem Sommer.
„Gelb “, sagte ich.
„ Lieblingstier?“
„Hase.“
„Filme?“
„Liebesschnulzen mit vorhersehbarer Handlung und glücklichem Ende.“
Die Speisen wurden serviert. Mein ‚Tagliatelle verdi e Lurcioperca’ sah wie ein Kunstwerk aus und schmeckte hervorragend. Mark hatte sich für ‚Spezzatino di pesce con gamberetti’ entschieden, eine richtig gute Wahl, wie er fand.
„ Also, wo waren wir stehen geblieben? Lieblingsaffe?“, fragte Mark. Die Frage war so absurd, dass
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