Die Flirtfalle
entfernt lag. Ich musste auf Nummer sicher gehen, da ich nicht wusste, wann Lisa und Justin wieder da sein würden. Mark sagte, er würde sich bald bei mir melden. Danach versuchte er mich wieder zu küssen, was ich geschickt durch ein abruptes Wegdrehen sabotierte.
Um neunzehn Uhr standen Lisa, Anna und die Kinder an der Tür. Justin hatte ein Lebkuchenherz mit der Aufschrift ‚Ich liebe dich’ um den Hals, einen Lutscher im Mund und eine Tüte mit Süßigkeiten in der Hand.
Kapitel 13
Donnerstag, 8:30 Uhr
J ustin fand all seine Klamotten viel zu doof für ein Weltereignis wie den ersten Kindergartentag. Er bestand darauf, sich schick zu machen und wollte unbedingt den Piratenanzug anziehen, den ich ihm für die Karnevalzeit gekauft hatte. Nachdem er gefühlte zwei Stunden „Ich will aber ein Pirat sein!“ gebrüllt hatte, musste ich mich geschlagen geben, denn: 1. Wir waren spät dran.
2. Justin war ein gleichberechtigter Mensch an meiner Seite, dessen Menschenrechte, Würde und Wünsche ich stets zu beachten hatte. 3. Ich wollte keinen Streit. 4. Ich erinnerte mich daran, wie sehr ich es damals hasste, Sachen anzuziehen, die Mutters aber nicht meinem Geschmack entsprachen. 5. Man lernt nur durch eigene Erfahrung. 6. Ich wusste, dass Geduld und Toleranz zu einer pädagogisch wertvollen Erziehung dazugehören. 7. Justins starker Willen und Mut, so in den Kindergarten hereinzuspazieren, waren einfach bewundernswert.
Das Kind stand nun vor der offenen Wohnungstür, eine schwarze Augenklappe auf seinem rechten Auge und sang sich vor Freude und Aufregung das Schildkrötenlied aus der Seele, als das Telefon klingelte. Eine Frauenstimme erklärte mir, man hätte meine Kurzgeschichte erhalten, gelesen und als sehr gelungen empfunden. Man müsse sie nur etwas kürzen, damit sie auf die Feuilletonseite der Zeitung passen würde, was ich denn davon halte. Die Frau klang so, als würde sie erwarten, dass ich nach ihrer Mitteilung vor Freude ausflippen würde. Ich erklärte aber, dass ein Irrtum vorliegen müsse, ich hätte nämlich gar keine Kurzgeschichte geschrieben, aber die Frau ließ nicht locker. Sie überprüfte meinen Namen und meine Adresse. Alles stimmte. Ich war ratlos und versicherte wiederholt, dass ich noch nie in meinem Leben ein Gedicht, geschweige denn ein Feuilleton oder gar eine Kurzgeschichte verfasst hätte. Mir dämmerte schon, dass Lisa und Anna hinter diesem Streich stecken könnten, als die Frau die Überschrift der Kurzgeschichte und den Anfang vorlas: „’Bewerbung als Verlagssekretärin. Ich sitze am Frühstückstisch, trinke meinen Kaffee - schwarz und bitter - und lese die Zeitung. Ich sehe aus dem Fenster. Es regnet. Rabenschwarzer Tag. Ich blicke wieder auf die Zeitung und da sehe ich sie: Die Anzeige, die mein Leben …’“
Ich erstarrte. Meine Bewerbung als Verlagssekretärin wurde nicht einmal als solche erkannt! Mir wurde schwindlig vor Verlegenheit. Ich musste mich erst einmal setzen. Die nette Frau wollte gar nicht aufhören zu lesen. Irgendwann unterbrach ich sie und gab mit niedergeschlagener Stimme zu, dieses Schreiben tatsächlich verfasst zu haben.
„Na wunderbar! Sie müssen doch stolz auf sich sein!“, sagte sie und ich wusste nicht, ob sie sich über mich lustig machte oder tatsächlich glaubte, ich hätte ganz bewusst eine Kurzgeschichte verfasst und sie auf gut Glück an die Zeitung geschickt. Justin begann zu jammern, er würde im Kindergarten als Letzter ankommen und er würde immer und überall als Letzter ankommen. Dann brach er in Tränen aus. Ich konnte kein Wort mehr verstehen und musste der netten Frau versprechen, sie später anzurufen.
Der Kindergarten sah aus wie ein bunter Palast. Als wir ihn betraten, hatte ich das Gefühl, in einem Märchenparadies gelandet zu sein. Justins Erzieherin kam gleich auf mich zu. Sie wagte gleich die Vermutung, Justin würde wohl über Kindergarten-Erfahrung verfügen, sonst würde er sich nicht so offensichtlich freuen sondern vielmehr weinen. Wir unterhielten uns so lange, bis Justin meine Anwesenheit zu peinlich wurde und er mich mit „Mutti, nun geh schon, geh!“, aufforderte, das Feld zu räumen.
Zu Hause rief ich die Frau von der Feuilletonredaktion an. Ich wollte alles erklären. Meine Kurzgeschichte sei eigentlich als eine ernstzunehmende, unkonventionelle Bewerbung zu betrachten, wollte ich sagen, aber dann geschah etwas, was mich völlig aus dem Konzept brachte. Die Frau fragte mich, ob ich
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