Die Flirtfalle
meinetwegen schwul gestellt hatte. Ich grüßte, setzte mich neben Lisa und versuchte, in ihrem Gesicht Spuren einer leidenschaftlichen, schlaflosen Nacht zu erkennen.
„ Melanie, was ist los? Du siehst irgendwie gestresst aus“, sagte Lisa.
„ Nun ja, ich komme direkt von meinem Zahnarzt. Also, Lisa, erzähl schon! Wie war es? Du und Mark, ihr wart doch gestern Abend aus, oder? Seid ihr beide nun ein richtiges Paar geworden?“
„ Daraus ist leider nichts geworden. Ich rief Mark um halb acht an, um ihn zu fragen, ob ich Sekt oder Rotwein mitbringen sollte und da hat er die Verabredung ganz plötzlich abgesagt. Es wäre ihm etwas dazwischen gekommen, mehr wollte er mir am Telefon nicht verraten.“
Nein. Also doch! Ich schrumpfte in meinem Stuhl zusammen und musste mich am Tischbein festklammern, um nicht umzukippen. Alles passte. Gestern Abend um halb acht hatte Marks Handy geklingelt. Ich sollte mir nichts mehr vormachen. Lisas Mark und mein Mark waren eine und dieselbe Person. Ich wollte nach Hause und den Rest des Tages mit meinen melancholischen Herbststimmungen allein verbringen.
„ Melanie, was ist? Wo willst du so plötzlich hin?“
„ Lisa, ich muss leider los - Justin von Mutti abholen, weil sie und Viktor heute Abend ins Theater wollen, vorher aber ein paar Freunde einsammeln müssen“, sagte ich, angenehm überrascht, dass mir diese kleine Lüge so spontan eingefallen war.
„Übrigens, Mutti und Viktor wollen bald heiraten“, sagte ich noch, weil ich das Gefühl hatte, noch einen Abschiedssatz sagen zu müssen.
„Das habe ich schon erzählt. Schatz, wir gehen doch hin, ja?“ Leo umarmte Anna und küsste sie auf den Mund.
„Was ist eigentlich mit mir? Bekomme ich auch eine Einladung für die Hochzeit? Wenn, dann würde ich natürlich mit Mark kommen.“
Wie bitte? Lisa in Marks Begleitung auf Mutters Hochzeit? Das wäre mein Todesurteil.
„ Melanie, setz dich gefälligst wieder hin! Du machst mich nervös“, sagte Lisa und stellte mir eine Schale mit Keksen und Schokolade hin. Ich ließ mich auf den Stuhl fallen und machte mich über die Schokolade her.
„Nun erzählt. Was habt ihr drei gestern Abend unternommen?“, wechselte ich das Thema, um Lisa keine Einladung für Mutters Hochzeit versprechen zu müssen.
„ Wir waren erst Sushi essen, danach im Kino, anschließend in einer Bar“, sagte Anna.
„ Melanie, es tut mir leid, dass wir dir nicht Bescheid sagen konnten. Es war …“, Lisa stockte.
„Schon gut, kein Problem. Ich war gestern Abend auch aus und hatte einen wirklich schönen Abend“, sagte ich. Leo, Anna und Lisa sahen mich an, als glaubten sie mir kein Wort.
„Was ich noch loswerden wollte: Also, mein Onkel und Melanies Mutter wollen in ‚Kornelias Waldhütte’ feiern und einhundert Gäste einladen. Lisa, du und dein Mark, ihr bekommt natürlich auch eine Einladung. Dafür werde ich schon sorgen“, sagte Leo.
Das war es. Die Sache zwischen Mark und mir würde garantiert auffliegen, danach bin ich meine beste Freundin los, von meinem Ruf als treuer Seele und hochmoralischer , toller , loyaler Frau und Freundin ganz zu schweigen. Dass ich der festen Überzeugung gewesen war, mein Mark sei nicht Lisas Mark, bevor ich Mark mein Schlafzimmer zeigte, würde mir Lisa niemals abkaufen. Was soll`s. Das mit Mark und mir wäre einfach zu schön gewesen. Arme Lisa. Sie war dabei, sich auf einen Macho einzulassen und genau den Fehler zu machen, den sie durch die Flirtfalle vermeiden wollte.
„ Melanie, kannst du uns das mit deiner Kurzgeschichte genauer erklären?“, fragte Lisa.
„Ja, erzähl doch! Um was geht es denn in deiner Geschichte?“, fragte Anna, ohne den Blick von Leo abzuwenden.
„Die könnt ihr bald in der Zeitung lesen. Nun muss ich aber wirklich los.“
„ Melanie, ist wirklich alles mit dir in Ordnung? Wo ist eigentlich Justin?“
„ Er war im Kindergarten, jetzt ist er bei Mutti. Ich muss ihn dort abholen. Und was ist mit dir? Du hast dich so auf dein Treffen mit Mark gefreut und nun das!“
„ Es ist alles in Ordnung. Mark hat vorgeschlagen, dass wir uns heute Abend treffen. Er will es wieder gut machen.“
„Schön für dich. Ich hoffe , du weißt, was du da tust.“
Auf dem Nachhauseweg war ich in Gedanken wieder bei Mark, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, ihn zu vergessen. Soll ich mit ihm noch einmal reden oder ihm das Aus erklären, ohne mir die Mühe zu machen, meine Entscheidung zu begründen? Ich redete mir ein,
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