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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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passiere. Keine Ahnung, was er meinte. Vielleicht hatte er gesehen, wie ich mit meinem Exfreund Champagner trank. Aber das heißt gar nichts. Wenn Sie so wollen, habe ich eine passive Abschiedstournee in Haus Holle gemacht und mehrere Exfreunde empfangen. Wohlgemerkt, ohne mit einem einzigen zu schlafen, auch wenn Frau Prinz so etwas andeutet. Ich liebe meinen Mann und ich bin ihm treu. Um Matze nicht unnötig eifersüchtig zu machen, habe ich meine liebsten Freunde spätabends empfangen, wenn er nach Hause gegangen war. Deshalb habe ich alles, was Knopinski andeutete, ignoriert und mich lieber auf mein Leben konzentriert. Und darauf, wie ich aus dem Vertrag mit diesem Mistkerl von Bestatter rauskomme.“
    „Haben Sie Ärger?“, hakte Mike nach.
    „Sogar ziemlich großen“, rief Bella ärgerlich. „Vor ein paar Tagen war ein Typ hier, der mir ein All-inclusive-Angebot für einen Sarg, eine Einäscherung, eine Trauerfeier und das Schreiben meiner Grabrede gemacht hat. Für alles zusammen sollte ich 400 Euro berappen. Gestern flatterte plötzlich eine Rechnung über 800 Euro ins Haus. Natürlich habe ich den Bestatter prompt angerufen. Er faselte etwas von Mehrwertsteuer, ausverkauften Billigsärgen, teurerer Miete für die Kapelle, und so weiter, und so weiter. Jetzt pocht er auf meine Unterschrift und das Kleingedruckte. Aber mein Mann braucht jeden Cent, um die Miete weiterhin bezahlen zu können. Diese Sorge bringt mich an den Rand des Wahnsinns.“
    Mike war bedrückt. Er fand es entsetzlich, dass Bestattungsunternehmen auf den letzten Metern des Lebens miese Geschäfte mit Todkranken machten und sie über den Tisch zogen. Deshalb bot er Bella Schiffer seine Hilfe an. Doch die lehnte sie robust ab. „Ich habe einen Exfreund, der Jurist ist. Der hat sich der Sache schon angenommen. Wenn ich gar nicht weiter komme, hetze ich dem Bestatter meine Schwiegersöhne auf den Hals. Das sind kräftige Jungs.“
    Die Jung s hatte Mike bereits gesehen. Es waren gutgebaute Mucki-Männer, die allesamt als Türsteher vor den Lokalen im Amüsierviertel hätten arbeiten können. Aber sie lachten immer freundlich, und kümmerten sich sehr um ihre Schwiegermutter.
    Genau wie Bellas Exfreunde: „Derselbe Jurist, der mir beim Kampf gegen den Bestatter hilft, hat gestern meine Patientenverfügung aufgesetzt. Wenn ich im Sterben liege, will ich auf keinen Fall reanimiert werden. Dr. Albers hat mir erklärt, dass manche Patienten Krankheiten haben, die mit Flöhen vergleichbar sind, während andere unter Krankheiten leiden, die wie Läuse sind. Wieder andere leiden unter Flöhen und Läusen . Das bedeutet, dass Todkranke mit einem geschwächten Immunsystem am Ende auch noch Co-Infektionen wie Mundfäulnis bekommen können. Ich will und werde meine Augen nicht schließen, während ich an Schläuche angeschlossen bin.“
    Die junge Frau gähnte herzhaft. „Morgen werden Matze und ich zu meinen alten Eltern fahren. Rein mathematisch springe ich ja schon nächste Woche über die Klinge. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte… Vor dem Abendessen möchte ich noch etwas Augenpflege machen.“
     
    Mike erzählte seiner Mutter nichts von den Begegnungen mit den anderen Hospizbewohnern. Als er das Zimmer seines Vaters betrat, saß dieser aufrecht in seinem hochgestellten Krankenbett. „Da bist Du ja“, sagte Herbert verärgert. „Ich habe den ganzen Tag auf Dich gewartet.“
    „Papa ist gerade erst wach geworden“, relativierte Anne. „Schau mal, Mike, wir haben Besuch.“
    Tatsächlich saß eine kleine Frau am Bett des Kranken: Ordensschwester Serva, eine ungeschminkte Mitsiebzigerin mit wachem Blick. Die Geistliche reichte dem Journalisten die Hand. „Ich habe mich gerade mit Ihrem Vater unterhalten, und bin immer wieder überrascht über seine Zuversicht und die Stärke seines Glaubens“, sagte sie. „Nicht wahr, Herr Powelz? Sie wissen, dass Gott Ihnen die Arme entgegenstreckt, wenn Sie zu ihm kommen.“
    „Und Maria“, sagte Herbert.
    „Und Maria“, bestätigte Serva.
    Glücklich schloss Herr Powelz die Augen, und war im nächsten Moment eingeschlafen .
    „Ich beneide meinen Vater um seinen Glauben“, offenbarte Mike. „Bei mir ist er nicht so tief. Aber ich bete oft zu Gott.“
    „Es reicht schon, wenn Sie ihn sich wünschen“, entgegnete Serva ernst. „Gott ist für all jene da, die sich nach ihm sehnen und glauben möchten. Er ist immer da, um uns zu beschützen. Warum sollen wir Menschen Angst vor dem Tod

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