Die florentinische Prinzessin
du wolltest etwas von mir, das ich dir nicht geben konnte.«
Henri wollte sich schon wieder auf ihn stürzen, doch mit erhobener Stimme gebot ich ihm Einhalt. »Nein!« Ich blickte Guise an. »Du verlässt sofort den Hof. Kehr zum Gut deiner Familie nach Joinville zurück und bleibe dort.«
Guise verneigte sich, raffte sein Wams an sich und eilte zur Tür. Im Gehen warf er Margot einen letzten Blick zu. »Wenn ich dich noch einmal mit meiner Schwester erwische, bist du tot!«, rief ihm Henri hinterher.
Mit einer Geste bedeutete ich Lucrezia, von außen die Tür zu schließen und niemanden hereinzulassen. Die Peitsche immer noch in den Händen, baute ich mich dann vor meinen Söhnen auf. »Was soll das? Sie ist eure Schwester. Wie konntet ihr …?«
»Sie ist eine Hure!«, zischte Charles. Aus einer Wunde an seiner Unterlippe tropfte Blut, da er sich offenbar selbst gebissen hatte. »Ihre Verlobung mit Navarra steht bevor, und was macht sie? Treibt es hinter unserem Rücken mit Guise!«
Ich unterdrückte mein Entsetzen. Während ich in sein verzerrtes Gesicht starrte, fiel mir auf, dass er die vom täglichen Üben in der Waffenkammer muskulösen Schultern bis zum Hals hochgezogen hatte.
»Geh«, sagte ich. »Ich kümmere mich darum.«
»Ja«, meinte Henri, »lass Maman sich darum kümmern. Ich wage zu prophezeien, dass Guise sich nie wieder in Margots Nähe blicken lassen wird.«
Plötzlich brach Charles in bellendes Gelächter aus. »Ja, und er wird sich auch von dir fernhalten, Bruder. Dein hübscher Leibwächter Guast wird bestimmt entzückt sein.«
Henri erstarrte. Dann packte er Charles am Arm und führte ihn hinaus. Zurück blieben Margot und ich. Sie rappelte sich mühsam auf. Dabei blieb ihr Haar in dem geronnenen Blut auf ihrer Schulter kleben.
»Ist das wahr?«, fragte ich. »Hast du dir deine Jungfräulichkeit von diesem Guise-Welpen rauben lassen?«
»Nein!« Sie zitterte am ganzen Körper. »Ich … ich wollte ihn bloß treffen, um von ihm Abschied zu nehmen.« Ein Schluchzen erstickte ihre Stimme, und sie verbarg das Gesicht in den Händen. »Ich liebe ihn! Ich liebe ihn mit jeder Faser meines Herzens, und jetzt habe ich ihn wegen Euch für immer verloren!«
Ich war zu keiner Regung fähig. Sie hätte mich um alles gebracht, wenn sie sich an den Erben einer Familie hergegeben hätte, die mich mit erbarmungsloser Feindschaft verfolgte. Doch ich konnte ihr keine Vorwürfe machen, denn Schuld hatte auch ich. Ich hatte die Gefahr unterschätzt, die mir aus der Situation erwachsen konnte. Bei einem Mann waren solche Impulse durchaus statthaft, ja, bewundernswert, doch einer unverheirateten Frau, zumal einer Prinzessin, konnte dergleichen zum Verhängnis werden.
»Du darfst ihn nie wieder treffen«, hörte ich mich mit flacher, kalter Stimme sagen. »Verstehst du? Nie. Für dich ist Guise ab sofort gestorben. So wie du für ihn.«
Sie hob die verweinten Augen zu mir. Ein solch tiefer Schmerz lag darin, dass ich den Anblick fast nicht ertragen konnte. Ich streckte ihr die Hand entgegen. »Komm mit, wir müssen deine Wunden versorgen. Kannst du gehen?«
Sie nickte, und gemeinsam mit Lucrezia brachte ich sie in ihre Gemächer.
Am nächsten Tag schrieb ich der Herzogin von Guise einen Brief mit der Mitteilung, dass die jüngst verwitwete Madame Porcein eine ideale Partie für ihren Sohn abgeben würde. Zwar war die betreffende Witwe doppelt so alt wie er, doch da er seine Familie wahrscheinlich bereits über seine Zwangslage aufgeklärt hatte, rechnete ich nicht mit Widerspruch. Es erfolgte auch keiner. Schon in der darauf folgenden Woche heiratete Guise seine Braut in einer hastigen Zeremonie.
Mit dieser Nachricht begab ich mich sogleich zu Margot. Guise hatte nicht um sie gekämpft. Mit keinem Wort hatte er darauf beharrt, dass sie seine einzige und wahre Liebe war. Ihre fassungslose Miene verriet mir alles.
»Nun kannst du dich voll und ganz Navarra widmen«, fuhr ich fort. »Du wirst ihn heiraten, ihn zum Konfessionswechsel bewegen und ihm Söhne gebären, die du als katholische Prinzen erziehen kannst. Das ist deine Bestimmung.«
»Meine Bestimmung«, wiederholte sie tonlos. Ein trübes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »So nennt Ihr das also? Ihr und Charles habt mir alles weggenommen. Ihr habt mich zerstört. Ich hasse euch beide. Ich wünschte, ihr wärt tot.«
Ich musterte sie, während sie angespannt auf ihrem Bett kauerte wie ein wundes Tier, das sich auf den Gegenangriff
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