Die florentinische Prinzessin
hören können, hob sie die Augen zu mir. Ein Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Es war ein Lächeln, wie ich noch nie eins gesehen hatte, spöttisch, triumphierend, das sich bis auf den Grund meiner Seele bohrte, wo Furcht und Neid herrschten.
Ich raffte meine Röcke und floh aus dem Saal, hörte nicht auf zu rennen, bis ich in meine Gemächer stürzte, wo meine Damen kreischend von ihren Schemeln aufsprangen.
Lucrezia kam zu mir. »Was ist, Herrin? Ihr seht aus, als hättet Ihr ein Gespenst gesehen.«
»Diese … diese Frau. Diane de Poitiers. Sie ist hier im Saal.« Als ich ihren Namen aussprach, war mir, als würde der üble Geschmack für immer in meinem Mund bleiben. » Dio mio, sie ist nicht alt. Sie ist nicht hässlich.« Ich stützte die Hände auf den Frisiertisch, sah meine langen Finger mit ihren bemalten Nägeln, beladen mit Ringen. Ich blickte auf, und das Gesicht, das mir aus dem Spiegel entgegenblickte, war das einer Fremden – eine pausbäckige Italienerin, auf Französin geschminkt, die am Hofe nur durch königliches Wohlwollen geduldet war.
»Geht«, wisperte ich. »Alle. Lasst mich allein.«
Die kleine Anna-Maria hastete hinaus. Lucrezia blieb. »Ihr dürft Euch das nicht gefallen lassen. Ihr seid Cathérine de Medici, Duchesse d’Orléans. Wer ist sie denn, außer die Hure Eures Gatten?«
Ich atmete tief durch, um meine Wut zu bezwingen. »Ja«, hörte ich mich sagen, mit einer Stimme, die nicht wie meine klang. »Wer ist sie schon? Ein Niemand! Die Witwe eines kleinen Hofbeamten, eine ehemalige Gouvernante. Mein Urgroßvater war Lorenzo de Medici, Herrscher über Florenz; meine Verwandtschaft saß auf dem Thron von Sankt Peter.«
Ich wandte mich zu Lucrezia um. »Und dennoch wagt sie es, ihr Gesicht bei Hof zu zeigen; sie wagt es, an der Seite meines Gemahls in den Saal zu treten und mich anzusehen, als wäre ich ihre Dienerin.«
»Vielleicht hat sie Angst. Vielleicht wird ihr jetzt bewusst, wie viel sie verlieren kann.«
»Angst?« Ich lachte zornig auf. »Vor mir ?«
»Ja. Ihr seid seine Ehefrau; eines Tages werdet Ihr ihm Söhne gebären. Sie hat ihm nichts zu bieten außer ihrem Körper, und sie weiß, das kann nicht ewig dauern. Sie mag noch jung aussehen, aber sie ist es nicht, und sie ist auf seine Treue angewiesen. Eine Frau wie sie kann leicht verstoßen werden. Das passiert jeden Tag.«
Ich schwieg. So hatte ich das noch nicht gesehen. Die Frau musste schon über vierzig sein; schließlich hatte sie bereits Kinder geboren, war Witwe geworden. Sie musste auch wissen, dass ich das Wohlwollen des Königs genoss; dass François mich trotz meines Mangels an Nachkommen nicht fortschickte. War sie deswegen in der Öffentlichkeit erschienen, in die gleichen Farben wie Henri gekleidet, wie ein Ritter und sein Ritterfräulein von anno dazumal? Hatte sie endlich begriffen, dass sie alles verlieren konnte, wenn sie nicht allmählich Zugeständnisse machte?
»Das ist es«, hauchte ich. »Der König hat Henri rufen lassen, und sie ist mitgekommen. Sie weiß, dass Henri seine Pflichten nicht länger vernachlässigen kann, nicht einmal ihr zuliebe. Sie hatte keine andere Wahl.« Ich wedelte mit der Hand. »Schnell, hilf mir, mich umzukleiden. Er wird bald hier sein.«
Lucrezia entledigte mich meiner Robe und half mir in mein Nachtgewand. Während sie im Nebenraum Wache hielt, bürstete ich mir das Haar, bis es in langen Locken herabfiel. Ich lockerte mein Dekolleté, wog meine Brüste in den Händen und kitzelte die zimtfarbenen Brustwarzen, damit sie sich aufstellten. Ich musterte meinen Körper, als ob er eine Ware sei – die Beine wohlgeformt, die Waden straff vom Reiten, die Fesseln schmal genug, die Schenkel prall.
Ich lächelte meinem Spiegelbild zu. Auch wenn ich nicht stattlich war wie sie, so war ich doch gut gebaut und jung. Sie klammerte sich an den letzten Rest ihrer Jugend, während meine sich vor mir dehnte wie ein fruchtbares Feld.
Es klopfte an der Tür. Ich band den Gürtel meines Schlafrocks zu und setzte ein erwartungsvolles Lächeln auf, als Henri eintrat. Er blieb stehen, als zweifele er, ob er willkommen sei.
»Mein Gemahl, was für eine unerwartete Freude.« Langsam ging ich zur Anrichte und schenkte Wein ein. Er nahm den Becher, den ich ihm reichte, mit einer Unbeholfenheit, die mich fast zum Lachen brachte.
Er räusperte sich. »Wir müssen reden«, begann er, und ich nickte und ließ mich anmutig auf meinen Sessel gleiten. Er betrachtete mich lange, ehe
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