Die florentinische Prinzessin
davon erholen.«
Ich nickte betrübt, in Gedanken an das letzte Mal, da ich den alten Maestro in seiner Dachbodenkammer gesehen hatte, umgeben von den Requisiten seines Metiers. Sein Tod kappte noch ein Verbindungsglied zu meiner Vergangenheit, und ich hob unwillkürlich die Hand zur Brust, wo unter dem Hemd die kleine Phiole hing, die er mir gegeben hatte.
Carlo fuhr fort: »Die Obrigkeit konfiszierte unser Haus; man hat uns alles genommen. Wir mussten in den Straßen betteln gehen, bis sie in einem der Klöster Erbarmen mit uns hatten und uns aufgenommen haben. Die Schwestern ließen uns ihre Gärten pflegen und halfen uns, den Brief an Euch zu schicken.« Er seufzte. »Wir haben nur noch die Kleider, die wir am Leibe tragen, und Papas Pergamentrollen. Cosimo hat sie immer mitgeschleppt. Papa hat ihm gesagt, dass er eine Gabe hat. Ich habe mich nie um diese Dinge gekümmert. Ich will zur See fahren, nicht bloß noch ein Jude sein, der Kleinkram verhökert. Aber Cosimo will lernen. Nur wird er Euch nicht wirklich dienen können …«
»Carlo!«
Wir blickten auf. Cosimo stand im Türrahmen, in einen meiner Schlafröcke gewickelt, die braunen Haare wirr um den Kopf. Er funkelte uns an. »Ich kann ihr dienen. Ich weiß genug, um meinen Unterhalt zu verdienen.«
»Cosimo, sie ist jetzt eine französische Prinzessin. Kurpfuscher und Pillendreher hat sie dutzendweise.«
»Warte.« Ich winkte Cosimo heran. Er schlurfte schmollend über den Teppich, wie der freche Bengel, der er gewesen war, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Ich schenkte ihm Wein ein, häufte ihm einen Teller mit Gebratenem voll. Er setzte sich auf den Boden und aß mit der Gier desjenigen, der nie den Hunger vergessen würde. Als er fertig war, sagte ich: »Erzähl mir von deinem Plan.«
»Ich kann Euch als Heiler dienen«, sagte er, mit einem finsteren Blick zu Carlo. »Ich kann Parfüms und Emulsionen und Tinkturen herstellen. Ich kenne mich mit Kräutern aus, und was ich nicht weiß, kann ich lernen.«
»Tatsächlich?« Ich war belustigt von seiner Ernsthaftigkeit. »Ich könnte zufällig einen geschickten Kräuterheiler brauchen, aber es gibt niemanden am Hofe, bei dem du in die Lehre gehen könntest.«
Cosimo erhob sich wortlos und ging ins Schlafgemach zurück. Als er wiederkam, trug er ein Lederbündel, das an beiden Enden zugeschnürt war. Er schob meinen Teller beiseite und legte das Bündel vor mir ab, schnürte es auf und offenbarte ganze Stapel von Pergamenten, die mit seltsamen Schriftzeichen und Symbolen bedeckt waren.
»Die haben Papa gehört. Ich studiere sie seit Monaten, in jeder freien Stunde. Hier sind Geheimnisse und okkultes Wissen aufgezeichnet. Ich kann alles lernen, was ich wissen muss. Sonst brauche ich nichts.«
Der Raum war von so tiefer Stille erfüllt, dass ich mein eigenes Herz schlagen hörte. Ich entsann mich der Worte des Maestros: Ihr werdet Euer Schicksal erfüllen. Carlo blickte mich an, ohne etwas zu begreifen, doch als ich Cosimo ansah, wurde mir klar, dass er wusste, was in mir vorging. Seine Macht umgab uns in einer Weise, die kein anderer spüren konnte.
»Ich kann Euch helfen«, hörte ich ihn sagen, obwohl seine Lippen sich nicht bewegten. »Ich kann Euren Mann dazu bringen, dass er sich in Euch verliebt.«
Das Einvernehmen verflog. Ich unterdrückte den Impuls, mir die Arme zu reiben; ich fror wegen des Auflebens meiner eigenen Gabe. Cosimo besaß die Gabe ebenfalls. Doch während ich sie vernachlässigte, hatte er sich ihr mit Leib und Seele ergeben. Was könnte ich mit ihm an meiner Seite nicht alles erreichen! Wenn wir zusammenarbeiteten, würde es dann nicht leicht sein, Henri wieder in mein Bett zu locken, damit ich ein Kind empfangen konnte? Ich freute mich nicht darauf, diesen erniedrigenden Akt noch mal erdulden zu müssen, aber ich musste Kinder bekommen, damit der Hof mich nicht für unfruchtbar hielt.
Cosimo wandte sich ab, ein ausgemergelter Jüngling, der nichts an sich hatte, was ihn besonders hervorhob. Während er seine Pergamente zusammenpackte, sagte Carlo: »Hat er es getan? Hat er versucht, Euren Geist zu umnebeln?«
»Ja«, sagte ich, überrascht, dass er es bemerkt hatte. »Woher wusstet du das?«
»Er tut es dauernd. Er sollte Schauspieler sein, nicht Kräuterheiler. «
»Er ist außerordentlich begabt. Ich werde ihn zu meinem persönlichen Astrologen machen und ihm ein Haus in Paris kaufen, wo er sich seinen Studien widmen kann.« Ich blickte Cosimo an. Er
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