Die florentinische Prinzessin
am wenigsten ähnelt und den ich nie verstanden habe, meine Krone erben muss – das ist kaum zu begreifen.«
»Ich bin überzeugt, dass Henri Euch liebt«, sagte ich. »Ihr seid sein Vater. Wie könnte er Euch nicht lieben?«
Er seufzte. »Meine treue Cathérine, wirst du ihn denn ewig verteidigen? Nun gut, es ist deine Pflicht, nicht wahr, deine Schuldigkeit als seine Ehefrau.« Er schüttelte den Kopf. »Ich aber brauche nicht zu heucheln, was ich nicht empfinde. Doch wer weiß? Vielleicht kann Henri an deiner Seite noch zu einem guten König werden. Ich habe dich die letzten Jahre beobachtet; du gibst niemals auf. Du hast das Herz einer Herrscherin, Cathérine de Medici, und ich schäme mich bei dem Gedanken, dass ich einstmals fast dem Rat gefolgt wäre, dich fortzuschicken.«
»Eure Majestät haben getan, was Euch das Beste schien«, murmelte ich und dachte daran, wie knapp ich dem Desaster entronnen war und was ich getan hatte, um mich davor zu bewahren. »Ich hätte mich nicht widersetzt.«
»Ich weiß. Und ich weiß auch, dass mein Sohn deine Treue nicht verdient. Ich hoffe, dass er sich ihr eines Tages als würdig erweisen wird.« Er blickte mich ernst an. »Dennoch solltest du nicht blind sein vor Ergebenheit. Hüte dich vor dieser Frau an seiner Seite, dieser Sénéchale. Sie wird alles an sich reißen, wenn du sie gewähren lässt. Sie wird dir die Rolle der Zuchtstute aufzwingen, während sie Henri und den Hofbeherrscht.«
Es war das erste Mal, dass er von Diane sprach. Ihr Name klang obszön auf seinen Lippen.
»Und seine guten Freunde, die Guises«, fügte er hinzu. »Die musst du ebenfalls im Auge behalten. Sie versuchen, durch Henri an die Macht zu gelangen. Sie verfolgen hochgesteckte Ziele; es würde mich nicht wundern, wenn sie eines Tages versuchen würden, selbst über Frankreich zu herrschen.« Er wandte sich zu seinem Schreibpult, nahm eine Pergamentrolle und drückte sie mir in die Hand. »Das ist für dich.«
Ich entrollte das Pergament und sah ihn ungläubig an.
»Einst habe ich es von einem Gläubiger konfisziert«, sagte er. »Ich erinnere mich nicht mal mehr an den Namen des Elenden. Leider habe ich nie die Zeit und die Mittel gefunden, es zu restaurieren, aber es ist ein hübsches kleines Schlösschen am Ufer des Cher, mit eigenem Park und Weinberg. Es heißt Chenonceau. Jetzt gehört es dir, und du kannst damit machen, was du willst.«
Mein eigenes Château, mir mit Brief und Siegel überlassen von dem Mann, den ich zu lieben gelernt hatte wie einen Vater. Auf einmal ließ sich die schreckliche Wahrheit nicht mehr abstreiten. Er würde sterben. Bald würde er fort sein, und ich würde ihn nie wiedersehen. Nie wieder würde ich mit ihm lachen; nie wieder an seiner Seite zur Jagd reiten; nie wieder seine Freude an der Malerei, der Musik, der Architektur teilen. Er würde tot sein und ich allein zurückbleiben, ohne seinen mächtigen Schutz.
Der Schmerz durchfuhr mich unversehens, raubte mir den Atem. »Ich bin unwürdig«, wisperte ich.
Zärtlich legte er die knochigen Hände an meine Wangen. »Du bist würdig. Vergiss das nie. Behalte mich stets im Gedächtnis, Cathérine. Solange ich in deiner Erinnerung lebe, werde ich niemals sterben.«
Es war nicht zu verhehlen, dass es mit ihm zu Ende ging. Seine Augen glänzten fiebrig, und er war abgemagert bis auf die Knochen. Man schickte nach Henri, der wie üblich auf der Jagd war. Ich nahm an, dass ich wieder schwanger war, fand jedoch keine Gelegenheit, es ihm zu sagen, denn kaum war er eingetroffen, begaben wir uns sofort zu François’ Gemächern.
Das Skelett auf dem karmesinrot verhängten Bett war nicht wiederzuerkennen. Docteur Ambrose Paré, unser königlicher Leibarzt, winkte Henri heran. Ich wartete neben dem Alkoven und hielt Marguerites Hand.
François streckte die Hand aus; Henri trat zaghaft näher. Als er seinem Vater ins Antlitz blickte, entgleisten seine Züge. Sie sprachen mit gedämpften Stimmen, ehe Henri hinauswankte. Zum ersten Mal sah ich die schreckliche Last, die er trug, die Jahre des Hasses auf seinen Vater, die er nun nicht mehr gutmachen konnte.
François lächelte Marguerite zu. » Ma fille. «
Marguerite hielt tapfer die Tränen zurück, beugte sich über ihn und küsste ihn auf die Stirn, bevor sie aus dem Raum lief wie von einem unsichtbaren Wind geschüttelt. Ich blieb allein zurück. » Ma petite «, murmelte er, »setz dich zu mir.« Ich ließ mich auf der Bettkante nieder, nahm seine
Weitere Kostenlose Bücher