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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Zu meiner Überraschung aber schob er das Kinn vor. »Ja! Darf ich, Maman?«
    Was konnte sie schon machen? Mit einem widerstrebenden Kopfnicken sah sie zu, wie ich seine kleine Hand ergriff – er hatte kleine Hände für so einen stämmigen Jungen – und ihn an den Kindertisch brachte, wo ich ihn dem gelangweilt gähnenden jungen Guise und meinen eigenen Kindern vorstellte. »Das ist euer Cousin aus Navarra«, sagte ich. »Er ist neu am Hof. Bitte nehmt ihn freundlich auf.«
    Margot lächelte. »Du bist Marguerite«, platzte der kleine Navarra heraus, und sie warf ihre Locken zurück. »Ich bin kein Blümchen, Cousin. Alle nennen mich Margot.«
    Henri reckte das Kinn. »Ich bin Henri, Duc d’Anjou.«
    »Kommt schon, Kinder«, tadelte ich, »seid nett zueinander. Nachher, wenn die Erwachsenen geendet haben, könnt ihr zusammen tanzen.« Navarra schlug die Augen zu mir auf. »Ich hoffe, du findest Gefallen an der Zeit hier mit uns«, sagte ich, und wieder spürte ich fast schmerzlich die unerklärliche Wesensverwandtschaft zwischen uns.
    Er lächelte mich an, was meinen Henri zum Schmollen brachte. Ich neigte den Kopf in Jeannes Richtung, woraufhin sie sich auf ihren Platz zurückzog wie eine verdrossene Löwin, der man ihr Junges genommen hatte.
    Die Nachwirkungen meiner Vision ließen allmählich nach, doch ich verbrachte den Rest des Abends in stiller Betrachtung auf meinem Podest, während der kleine Navarra sich unbeholfen auf den Tanzboden wagte und Margot wie ein Irrwisch um ihn herumwirbelte. Hier, dachte ich, war ein Prinz, den man im Auge behalten musste.

    Nach der Hochzeit zogen wir uns in die ruhigen Gefilde von Fontainebleau zurück. Zwar schien die Welt für die Vermählung meines Sohnes eine Pause eingelegt zu haben, aber die Wirklichkeit sah anders aus, wie die neuesten Depeschen des Kardinals bestätigten.
    Henri ließ mich in sein Arbeitsgemach rufen. Ich fand ihn am Schreibtisch vor, übernächtigt, mit dunklen Schatten unter den Augen. »Mary Tudor liegt im Sterben«, sagte er. »Unser englischer Botschafter meldet, dass ihre vorgebliche Schwangerschaft in Wahrheit ein Tumor ist. Sie hört nicht auf ihre Ärzte und verbringt ihre Zeit damit, Philipp nachzuweinen, der nach Spanien zurückgekehrt ist, sobald er hörte, dass sie schwanger sei.«
    »Die Arme. Sie hatte kein leichtes Leben.«
    »Nein, und wenn sie stirbt, wird auch unser Leben schwer.« Er überflog die Depesche in seiner Hand. »Die Engländer wollen ihre Schwester Elizabeth als Königin, obwohl Mary sie unter Hausarrest hält.« Er lächelte säuerlich. »Es ist ihr gelungen, jede Anklage wegen Verschwörung zu vermeiden, obwohl jeder weiß, dass Elizabeth eine bekennende Häretikerin ist. Wenn sie den Thron besteigt, wird sie sich gegen uns wenden. « Er warf die Depesche beiseite und blickte mich bedrückt an. »Monseigneur meint, wir müssen Philipp eine neue Braut anbieten, sobald Mary Tudor tot ist.«
    Alles um mich her versank. Ich hörte nur noch das eine Wort. »Braut?«, stammelte ich.
    »Jawohl. Da Elizabeth sich anschickt, Königin von England zu werden, müssen wir uns mit Spanien verbünden.«
    Das goldene Licht wimmelte von tanzenden Staubkörnern, blendend hell. Henri seufzte. »Cathérine, wenn es einen anderen Weg gäbe, würde ich ihn einschlagen. Aber es gibt keinen. Nur eine unserer Töchter ist im heiratsfähigen Alter.«
    »Aber Elisabeth ist erst vierzehn, und Spanien ist so weit weg.«
    »Sie ist eine Prinzessin. Sie muss ihre Pflicht erfüllen, wie wir es getan haben.« Er griff nach meiner Hand. »Versteht Ihr?«
    Ich nickte. »Ja, aber versprecht mir, dass ich diejenige bin, die es ihr sagt. Sie sollte es von mir erfahren.«
    »Ihr habt mein Wort«, sagte er und küsste mich auf die Wange.

    Der Rest des Jahres verflog wie die wirbelnden Blätter vor dem ersten Wintersturm. Der Konnetabel und sein Neffe Coligny, den ich seit Jahren nicht gesehen hatte, wurden an Philipps Hof nach Brüssel gesandt, um den Ehevertrag auszuhandeln. Kurz darauf kamen mir Gerüchte zu Ohren, Coligny habe sich bei seiner Reise durch die Niederlande dem protestantischen Glauben angenähert.
    Ich gab nicht viel auf das Geschwätz. Ich war viel zu sehr in meinen Schmerz um den Verlust gleich zweier meiner Kinder versunken, denn kaum hatte Henri der Vermählung zwischen Elisabeth und Philipp II. zugestimmt, verlor der Kardinal keine Zeit, meine Tochter Claude für den Herzog von Lothringen vorzuschlagen, einen Verwandten der Guise.

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