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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Ich protestierte heftig, verwies auf Claudes zartes Alter, denn sie war erst elf Jahre. Doch zu jedermanns Verblüffung nahm Claude die Sache selber in die Hand. Klein und pummelig, mit den weniger attraktiven Aspekten unseres kombinierten Erbguts behaftet, kam sie zu mir und verkündete: »Der Duc de Lorraine und ich kennen uns seit frühester Kindheit. Er hat alles, was ich mir von einem Ehemann wünsche.«
    »Aber, mein gutes Kind, wie kannst du das in deinem Alter denn wissen?« Ich musterte sie mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Mitleid. Diese Tochter, die ich immer am wenigsten beachtet hatte, sprach und dachte fast wie eine erwachsene Frau, auch wenn ihr Körper noch kindlich war.
    »Ich weiß es«, sagte sie. »Ich sehe keinen Grund, meine Verlobung hinauszuzögern. Ich möchte nicht wie Cousine Jeanne von Navarra enden, an irgendeinen Prinzen verheiratet, der mir nichts bedeutet.«
    Ich musste zugeben, sie hatte gute Argumente; also stimmte ich ihrer Verlobung zu, unter der Voraussetzung, dass der Lothringer die Ehe nicht vollzog, bevor sie vierzehn Jahre alt war.
    Mary Tudor starb im November. Die Halbschwester, die sie gefangen gehalten und fast wegen Hochverrats enthauptet hatte, bestieg den Thron von England als Königin Elizabeth I.
    Innerhalb kürzester Zeit nahm Philipp von Spanien unseren Heiratsantrag an.

    Im Januar 1559 wurde Claude mit dem Duc de Lorraine, dem Herzog von Lothringen, vermählt. Admiral de Coligny und der Konnetabel hatten den Ehevertrag ausgehandelt, demgemäß Henri unsere Tochter Elisabeth Philipp II. zur Frau gab sowie seine Schwester, meine liebe Marguerite, Filbert von Savoyen, einem von Philipps wichtigsten Verbündeten. So wurde der Frieden mit Spanien nach langen Jahrzehnten der Streitigkeiten erreicht; und wie versprochen ließ Henri mich unserer Tochter die Botschaft von ihrer Verehelichung überbringen.
    Ich fand Elisabeth im Kindergemach am Fenster.
    Draußen war es sonnig. Stimmen wurden von der Brise zu uns heraufgetragen. Ich trat neben Elisabeth und blickte auf die Gruppe von Gestalten im Park hinab. Eine davon war unverkennbar, eine grazile Schönheit, die ihre Mähne ebenso feurig zurückwarf wie der tänzelnde Hengst, den sie am Zügel hielt. Mit Schrecken sah ich meinen Sohn François auf dem Biest, wie er sich an den Sattelknauf klammerte, während Mary das Pferd im Kreis herumführte. Ich war erleichtert, genügend Rossknechte in der Nähe zu sehen.

    »Anscheinend hat Mary Stuart sich entschlossen, François seine Angst vor Pferden überwinden zu helfen«, bemerkte ich ein wenig säuerlich.
    »Er macht Fortschritte«, sagte Elisabeth. »Bald wird er auf seiner ersten Jagd mitreiten.«
    Mein Blick fiel auf die alten Schulhefte, die neben ihr aufgestapelt waren. Sie hatte wohl die Truhen durchstöbert, um diese Kindheitsrelikte zutage zu fördern.
    »Warum bist du nicht bei ihnen?«, fragte ich und schob den Stapel beiseite, damit ich mich setzen konnte.
    Sie sah mit ihren ernsten Augen zu mir auf, ein Buch zwischen den wohlgeformten Händen. Ihre Finger waren ohne Ringe, obwohl sie alt genug war, sie zu schmücken; ihr dunkles Haar umrahmte ein Antlitz, auf welches das Leben erst noch seine härtesten Lektionen eingravieren sollte. »Ich wollte sehen, ob ich mein Latein noch beherrsche.«
    »Ja, wie denn nicht, mein Kind?« Mein Lachen klang etwas bemüht. »Du warst doch immer die Beste in Latein. Keiner konnte dich übertreffen.«
    »Ich wollte sicher sein.« Sie schlug die Augen nieder. »Ich werde es brauchen am spanischen Hof. Darum seid Ihr doch hier, nicht wahr? Um mir zu sagen, dass ich Philipp heiraten werde?«
    Ein stechender Schmerz durchzuckte mich. »Wer hat dir das verraten?«
    »Madame la Sénéchale. Aber seid ihr nicht böse; ich argwöhnte es schon seit langem. Mir ist bewusst, wie viel Ihr wegen ihr zu leiden hattet, Maman, aber hier trifft sie keine Schuld. Es ist meine Pflicht zu heiraten, wen man mir zuweist, und sie hat nur bestätigt, was ich ohnehin wusste.«
    Sie verstand, was Diane mich gekostet hatte, obwohl meine Rivalin wie eine zweite Mutter zu ihr gewesen war, stets an der Seite ihres Vaters. Dass ihr klar war, was ich im Schatten der Mätresse meines Mannes erduldet hatte, gab mir das Gefühl, wie hinter einer Glasscheibe gelitten zu haben, meine Geheimnisse in aller Öffentlichkeit ausgestellt.
    Ihre nächsten Worte äußerte sie mit der gleichen Ruhe: »Wird Philipp sich eine Mätresse nehmen?«
    »Nein«, sagte ich

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