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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Wahrsagungen bislang unbewiesen waren.
    Und trotzdem wusste ich es. »Ich gebe ja zu, es klingt verrückt, aber ich fühle es, Henri, ich fühle es in meinem Herzen. Was, wenn es um Elisabeth geht? Wir haben so viel von ihr verlangt, und sie ist so erschöpft. Was, wenn sie krank werden sollte?«
    »Wir sind alle erschöpft. Wir sind Englands und Spaniens überdrüssig, wir haben genug von Ketzern, die ein Recht auf Gottesdienst fordern, genug von Missernten und Elend. Wir haben alle unsere Last zu tragen. Elisabeth wird die ihre tragen, so gut sie kann. Ich schicke sie nicht fort, weil ich es will, sondern weil ich es muss.«
    »Das weiß ich. Niemand wirft Euch etwas vor. Es könnte auch um jemand anderen gehen, eines unserer anderen Kinder. «
    »Cathérine, es gibt keine Warnung, keine Prophezeiung. Ihr seid überreizt wie wir alle, obwohl Ihr es nicht zugeben wollt. Ihr macht Euch Sorgen um Elisabeth, weil Ihr eine gute Mutter seid.« Er hielt inne, senkte die Stimme. »Philipp verlangt, dass sie bis November in Spanien ist, damit er sie zur Weihnachtszeit seinem Hofvorstellen kann. Ihr solltet die verbleibende Zeit nutzen, um Elisabeth zu unterstützen, nicht um an die Loire zu verschwinden, weil irgendjemand vor Jahren etwas zu Euch gesagt hat.«
    »Henri, bitte.« Ich sah ihn flehend an und brach in Tränen aus.
    Er stand auf und nahm mich in die Arme. Das Ohr an das kalte Gold seines Brustpanzers gepresst, spürte ich, wie er mir übers Haar strich. »Schon gut, Kleines«, murmelte er. Sanft hob er mein Kinn an. »Es ist keine Sünde zu weinen.« Mit einem resignierten Lächeln ließ er mich los, als Stimmen aus dem Vorzimmer anzeigten, dass seine Horde zurückgekehrt war. »Lass uns das verdammte Turnier durchstehen, und wenn du morgen noch so denkst, sehen wir, was wir tun können, ja? Wenn es sein muss, fahren wir zusammen nach Blois.«
    Ich atmete auf. »Danke. Ich … ich liebe dich.«
    Unversehens waren mir die Worte entschlüpft, und er sah mich schweigend an. Dann schloss er mich wieder in die Arme. »Ich liebe dich auch«, murmelte er.
    Er sagte nichts weiter, da seine Diener nun in den Raum platzten. Doch als ich hinausging, wurde mir bewusst, dass ich endlich von ihm bekommen hatte, was ich mir seit jeher ersehnte.

    Keine Wahrheit kann mit Bestimmtheit erkannt werden, welche die Zukunft betrifft.
    Während ich in meine Gemächer eilte, rief ich mir das Diktum des alten Maestro Ruggieri in Erinnerung und deutete es mir so, dass noch Zeit sei, das Unheil abzuwenden, wenn wir vorgewarnt waren. Morgen würde ich mir das Buch von Nostradamus bringen lassen und den Seher selbst, wenn es sein musste, um es mir zu erklären. Ein Tag mehr oder weniger würde keinen Unterschied machen.
    Es war schon mitten am Vormittag, und ich legte meine Prunkrobe und Juwelen an, umgab mich mit meinen Kindern und Hofdamen. Zu Trompetenschall hielten wir Einzug in der Rue de Saint-Quentin. Meine Damen und ich stiegen auf die Empore zu Elisabeth, Mary und François, während Charles, Henri und Margot unterhalb von uns auf gepolsterten Tribünen Platz nahmen. Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück, nahm einen Becher Wein von einem Pagen entgegen und machte mich auf einen langen Nachmittag gefasst. Das Hufegetrappel von Streitrössern, das Splittern von Lanzen und das Lärmen der Menge hatte ich immer für ein unnötig wüstes Spektakel gehalten.
    Vier Kandidaten sollten heute gegeneinander antreten und Henri dann gegen den Sieger. Die Menge johlte, als Henris Gefährte, der narbige Balafré, auf einem gewaltigen weißen Ross losgaloppierte. Schnell hatte er seinen ersten Gegner aus dem Sattel gestoßen, und Mary sprang begeistert auf. »Schlagt ihm den Kopf ein, Oheim!«
    Ich zupfte sie heftig am Rock. »Setz dich! Bist du denn ein Heidenkind, dass du dich so aufführst?«
    Sie warf den Kopf zurück; ihr Guise-Onkel hatte auch die nächsten drei Runden gewonnen. Le Balafré trat dann gegen den Duc de Nemours an, der verlor. Ich versuchte nicht mal mehr, Mary zurückzuhalten, die mit den anderen um die Wette johlte, als Guise mit freudig gerötetem Narbengesicht eine Ehrenrunde um den Kampfplatz drehte.
    »Wer will mich herausfordern?«, rief er mit erhobenem Fehdehandschuh. »Wer wagt es, sich mit dem Sieger zu messen?«
    Montgomery, ein Capitaine der schottischen Garde, trat vor. »Ich will es wagen.«
    Die Menge tobte. Montgomery gehörte zum privilegierten Trupp, der meinen Gemahl beschützte, doch er war eben nur ein

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