Die florentinische Prinzessin
sollte ich Nostradamus herbeirufen. Er hat schon einmal geholfen, meinen Gemahl zu heilen.«
»Das war eine Fleischwunde am Bein«, entgegnete Paré sanft. »So gelehrt Nostradamus auch ist, so ist er doch kein Chirurg. Es würde zu lange dauern, bis er hier ist, und der Splitter muss so schnell wie möglich entfernt werden, bevor die Wunde zu schwären beginnt. Ich habe schon Operationen durchgeführt, auf dem Schlachtfeld, aber ich brauche erst ein Modell, zum Experimentieren.« Er sah mich ernst an. »Ich brauche Köpfe, Hoheit, so viele wie möglich.«
»Lasst zehn Gefangene exekutieren und bringt mir ihre Köpfe«, befahl ich Monseigneur.
»Dürfte ich vorschlagen«, erwiderte der Kardinal, »dass einer dieser Köpfe der von Montgomery wäre?«
Ich funkelte ihn an. »Es war ein Unfall. Wir ahnden keine Unfälle.«
»Montgomery ist Hugenotte. Es war kein Zufall, dass er zuerst meinen Bruder herausgefordert hat. Seine Majestät ist ein Feind der Ketzer; dies war ein hugenottischer Racheakt.«
Ich trat so nah an ihn heran, dass ich den teuren Moschus an seinen Gewändern riechen konnte. Er widerte mich an mit seiner aalglatten Art, seinen manikürten Händen, der Leichtigkeit, mit der er sein monströses Wesen verbarg. »Ich rate Euch, mich nicht noch mal zu reizen«, sagte ich. »Geht. Tut, was ich Euch geheißen habe. Jetzt.«
Montgomery war mir vollkommen gleichgültig, doch er sollte nicht sterben, nur weil es Monseigneur so passte. Als der Kardinal in die Galerie hinauseilte, wo man die Höflinge nach Neuigkeiten rufen hörte, legte der Doktor bedenklich die Stirn in Falten. Ich konnte es nicht ertragen, den Zweifel in seiner Miene zu sehen, also verließ ich ihn und kehrte an Henris Seite zurück. Ich zog einen Stuhl ans Bett und ergriff die Hand meines Gemahls.
Er würde leben. Er musste leben.
Die körperlosen Köpfe lieferten keine schlüssigen Erkenntnisse, und Paré beschloss, den Splitter zunächst zu kappen, um die Heilung der Wunde zu erleichtern. Das Fleisch rings um das verletzte Auge sah schlimm aus, rot, geschwollen, und aus Angst vor Wundbrand sandte ich einen Eilboten zu Nostradamus nach Salon, mit der dringenden Bitte um Hilfe. Während ich auf seine Antwort wartete, wich ich nicht von Henris Seite, unterstützt von Marguerite und meiner Elisabeth. Von Zeit zu Zeit gelangte er wieder zu Bewusstsein, und immer, wenn er erwachte, sah er mich. Ich benetzte ihm Gesicht und Hals mit Rosmarinwasser; ich lächelte und gab mich zuversichtlich. Niemals ließ ich ihn die Angst sehen, die mir die Luft nahm wie eine allmählich sich zuziehende Schlinge.
Am dritten Tag fieberte er, und seine Haut hatte die Farbe von Sand. Nostradamus hatte geantwortet, er käme sofort, wenn er helfen könne, doch leider sei er kein Chirurg und könne nur seinen Rat anbieten. Seinem Brief hatte er ein Rezept für ein Kataplasma beigelegt. Inzwischen war Henris Auge ein eitriger Sumpf, und seine Diener mussten ihn mit aller Kraft niederhalten, damit Paré ihm den Verband wechseln und das Kataplasma auflegen konnte. Trotz ihrer Entschlossenheit, bei mir auszuharren, wirkte Elisabeth so erschöpft, dass ich sie mit Marguerite fortschickte.
Marguerite kam zurück, sobald sie meine Tochter zu Bett gebracht hatte. Paré war fertig, und ein Knäuel besudelter Gaze bauschte sich zu seinen Füßen. Ich spürte, wie sich mir die Haare im Nacken sträubten, so unheilverkündend war der Eitergeruch, der deutlich anzeigte, dass die Wunde infiziert war. Henris Stirn war in eisigen Schweiß gebadet. Er hatte sich aufgebäumt und gebrüllt wie ein Tier; nun lag er so still da, dass ich das Schlimmste befürchtete.
»Er rührt sich nicht mehr«, flüsterte ich Paré zu. »Gibt es denn nichts, was wir noch für ihn tun können?«
»Ich fürchte, der Splitter hat das Auge Seiner Majestät durchstoßen und die schützende Membran seines Gehirns verletzt«, murmelte er. »Das Kataplasma hilft vielleicht gegen die Entzündung, doch wenn der Splitter noch tiefer eindringt …« Seine Worte endeten in vielsagendem Schweigen.
»Und was ist mit einer Operation?«, wollte ich wissen. »Wenn die Schwellung abklingt, könntet Ihr den Splitter doch entfernen?«
Er schüttelte den Kopf. »Dazu müsste der Schädel trepaniert werden, und im Moment ist Seine Majestät zu schwach dafür. Vielleicht, wenn das Kataplasma gewirkt hat, oder vielleicht wird es auch gar nicht nötig sein. Er könnte von selbst genesen.«
»Mit einem Splitter im
Weitere Kostenlose Bücher