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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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mein Kind, aber jetzt bist du der König. Da musst du lernen zu herrschen. Birago wird dir helfen. Er hat in Florenz Rechtswesen studiert und wird dich lehren, wie man richtig regiert.«
    Charles runzelte die Stirn. »François hat gesagt, dass er es hasste, König zu sein. Er hat mir gesagt, dass die Guises Tag und Nacht hinter ihm her waren und er keine Zeit mehr für sich selbst hatte, nicht einen Augenblick. Sie haben ihn sogar ausgefragt, wie oft er bei Mary schlief, und haben sich fürchterlich aufgeregt, als er ihnen sagte, dass sie wie eine Schwester für ihn war. Birago wird doch nicht böse mit mir sein, oder?«
    Gewissensbisse befielen mich, als mir wieder einmal klar wurde, wie wenig es mir gelungen war, meinen verstorbenen Sohn zu beschützen. François war mein Erstgeborener gewesen, mein großer Triumph nach den Jahren der Unfruchtbarkeit. Ich erinnerte mich noch, wie schön er gewesen war, ein Kind so anmutig wie ein Faun, und wie sehr er nach Diane geschrien hatte, sobald ich ihn in die Arme nahm. Von allem, was sie mir angetan hatte, war es die schlimmste Grausamkeit gewesen, ihn mir zu entf remden. Damit hatte sie mich der Möglichkeit beraubt, François zu zeigen, wie sehr ich ihn liebte.
    Ich zwang mich zu einem Lächeln und konzentrierte mich wieder ganz auf Charles. Auch seine frühe Kindheit war von Diane überschattet gewesen, aber jetzt gehörte er mir. Ich würde ihn zu einem starken, gesunden Mann machen, zu allem, was ein König verkörpern sollte.
    »Die Guises haben hier jetzt keine Macht mehr«, erklärte ich ihm. »Du brauchst dich wirklich nicht zu sorgen.«
    Anscheinend völlig in den Anblick seines Falken versunken, zuckte er nur die Schultern. Doch unvermittelt sagte er mit dieser unheimlichen Klarsicht, die Kinder bisweilen zeigen: »Wenn Ihr meine Regentin sein werdet, warum könnt dann nicht Ihr mich unterweisen?«
    Ich lachte auf. »Weil auch ich viel zu lernen habe. Und jetzt ist Schluss mit deinem Vogel. Birago wartet im Klassenzimmer auf dich.« Als ich mich über ihn beugte, um ihn zu küssen, schlang er die Arme um mich. »Ich liebe Euch, Maman«, murmelte er. »Versprecht mir, dass Ihr nie zulasst, dass die Guises uns noch einmal Leid antun.«
    Von all meinen Kindern war er immer das verschlossenste gewesen, doch nach dem Tod seines Vaters hatte ich sehr wohl seine verzweifelte Trauer gesehen und wusste deshalb um seine tiefe Empfindsamkeit. Ich drückte ihn an mich. »Das verspreche ich dir«, flüsterte ich. »Sie werden uns niemals etwas antun. Nie. Nur über meine Leiche.«
    Ich verließ ihn, um bei Hercule, der eine milde Kolik hatte, nach dem Rechten zu sehen, und nachdem ich auch bei Margot und Henri gewesen war, denen ich ein ähnlich strenges Lernpensum wie Charles auferlegt hatte, wandte ich mich der Aufgabe zu, das Königreich zu regieren.
    Es war nicht gelogen gewesen, als ich gesagt hatte, dass ich selbst viel lernen musste. Als Königingemahlin hatte ich zu Henris Lebzeiten bis auf die kurze Regentschaft während des Mailandkriegs nie die Macht in Händen gehalten, doch jetzt hatte ich es mit einer geplünderten Staatskasse, einer verarmten Bevölkerung und einer aufsässigen Regierung zu tun. Weite Teile Frankreichs litten unter einer Hungersnot, der Folge mehrerer bitterkalter Winter und verregneter Sommer, sodass ich die königlichen Kornkammern hatte öffnen und Getreide verteilen lassen. Birago regte an, die Erhebung von Steuern mit Nachdruck zu betreiben und die Last vor allem unserem Adelsstand und weniger den Händlern aufzuerlegen. Dann wiederum wurde unsere ganze Aufmerksamkeit davon in Anspruch genommen, mein Toleranzedikt dem Parlament vorzutragen, wo es auf wütenden Widerspruch stieß und nur mit knapper Mehrheit verabschiedet wurde. Damit durften die Hugenotten ihre Geschäfte wieder aufnehmen und ihren Glauben in Frieden ausüben.
    Das Edikt war mein erster Triumph als Regentin, und bei der Feier unseres Erfolgs stellte ich Charles dem Hof vor.
    Ohne zusätzliche Geldmittel mussten wir mit dem auskommen, was wir hatten. Lucrezia, Anna-Maria und ich ruinierten uns fast die Augen und Finger, als wir die königlichen Gewänder für Charles’ schmächtige Gestalt umnähten. Auf die Kleidung meiner übrigen Kinder verwendete ich die gleiche Sorgfalt. Stolz zeigte Henri ein silbernes Stoffwams her, das er auf seine unnachahmliche Art mit Perlengehängen bestückte. Margot trug roten Satin, und Hercule zwängten wir in blauen Samt und setzten ihm

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