Die Flotte von Charis - 4
lang wie Baron White Fords Flaggschiff von Tarot, und sie ragte viel höher aus dem Wasser heraus … doch ihre Verdrängung − für ein Schiff aus der Flotte von Dohlar schon immens! − entsprach kaum mehr als der Hälfte der Verdrängung von White Fords Flaggschiff. Selbst noch White Fords Schiff war leichter als die weitaus meisten Galeeren der Royal Charisian Navy, und auch was den Tiefgang betraf, konnte White Fords Schiff mit keinem charisianischen Schiff mithalten − und der Tiefgang der charisianischen Galeonen war noch größer. Das wiederum steigerte nicht nur ihre Hochseetauglichkeit noch weiter, sondern machte aus ihnen ideale Plattformen für diese neue Artillerie im charisianischen Stil. Geschwindigkeit und Manövrierbarkeit unter Rudern, sodass die Schiffe wie hoch aufragende Kastelle genutzt werden konnten, erwiesen sich als völlig nutzlos im Kampf gegen die ungleich schwereren Breitseiten der hochseetauglicheren Galeonen. Was das betraf, war sich Thirsk sicher, dass mindestens ein Dutzend der Schiffe, die Malikai verloren hatte − wahrscheinlich sogar noch mehr −, vor allem deswegen nie ihr Ziel erreicht hatten, weil sie einfach nicht für die Durchquerung eines Ozeans gedacht gewesen waren. Wenn also diese neu konstruierten Schiffe hochseetauglicher waren, dann umso besser.
Bedauerlicherweise bedeutet das nur, dass sie sich lange genug auf See halten werden, um dann allesamt von den Charisianern in Treibholz verwandelt zu werden.
»Das ist nicht zu verachten«, wiederholte er, »aber das ist auch nicht genug. Vergiss nicht, wir sind nicht die einzige Flotte, die Cayleb aufgerieben hat.«
»Nein, das nicht. Aber soweit ich weiß, liegen uns immer noch keine verlässlichen Berichte darüber vor, was denn nun mit Black Water und Graf Mahndyr geschehen ist.«
Erneut grunzte Thirsk kurz. Bedauerlicherweise stimmte das.
»Du hast recht«, sagte er dann. »Und ich denke, es sagt zumindest etwas über die Entschiedenheit der ›Vierer-Gruppe‹ aus, dass sie bereits ein neues Schiffsbauprogramm initiiert hat … auch wenn es das falsche Bauprogramm ist. Aber es ist wirklich zu schade, dass sie damit nicht lange genug gewartet haben, um vorher noch die Berichte durchzuarbeiten.«
Das Semaphorensystem der Kirche hatte es der ›Vierer-Gruppe‹ gestattet, mit einer Geschwindigkeit Befehle in die verschiedenen Königund Kaiserreiche auszusenden, die keine weltliche Macht hätte erreichen können. Das war ein Vorteil, der der Kirche (und der ›Vierer-Gruppe‹) im Laufe der Jahre immer gute Dienste geleistet hatte, und das war Thirsk auch durchaus bewusst. Doch in diesem Falle gereichte ihnen dieser Geschwindigkeitsvorteil eben zum Nachteil. Sie hatten das größte Schiffsbauprogramm in der Geschichte der ganzen Welt eingeleitet … und sie ließen die falschen Schiffe bauen. Gott alleine wusste, wie viel Geld und − was noch wichtiger war − Arbeitskraft und Arbeitszeit vieler geschickter Handwerker sie bereits darauf verschwendet hatten, Schiffe fertigen zu lassen, die unter den neuen Bedingungen für Seeschlachten dann mehr als nutzlos sein würden. Wahrscheinlich konnte die Kirche es sich zwar leisten, die finanziellen Konsequenzen dieser Fehlentscheidung zu tragen, doch wenn die ›Ritter der Tempel-Lande‹ weiterhin Thirsks eigene Berichte ignorierten, dann würden sie dafür sorgen, dass eine gottlos hohe Anzahl von Matrosen und Soldaten aus den anderen Reichen von der Royal Charisian Navy regelrecht zur Schlachtbank geführt würden.
Und ich kann nicht einen von denen davon überzeugen, meinen Bericht überhaupt nur zu lesen, dachte der Graf verzweifelt. Wenn man hinterher sagt, ich hätte eben doch recht gehabt, dann ist das immer nur ein schwacher Trost.
»Also, Pawal«, sagte er schließlich, »wir können nicht mehr tun als unser Bestes. Ich weiß, dass es unwahrscheinlich klingt, aber wenn ich lange genug und laut genug schreie, dann bringe ich vielleicht irgendwann doch noch jemanden dazu, mir zuzuhören. Ich bin mir sicher, seit dem Tag der Schöpfung ist an irgendeinem Ort schon irgendetwas passiert, was noch unwahrscheinlicher war.«
Pflichtschuldigst lachte Hahlynd über Thirsks schwachen Scherz, doch eigentlich war dem Graf selbst überhaupt nicht zum Lachen zumute.
Es gibt Zeiten, dachte er, da fällt es mir richtig schwer zu glauben, dass Gott auf unserer Seite ist.
Natürlich war das ein Gedanke, den er nicht einmal Hahlynd gegenüber zu äußern wagte. Tatsächlich
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