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Die Flotte von Charis - 4

Die Flotte von Charis - 4

Titel: Die Flotte von Charis - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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wusste, wie sehr er sie liebte, so genau wusste sie auch, dass sie ihn in dieser Entscheidung zu weit getrieben hatte. Sein Vertrauen − nicht nur auf Gott, sondern auch auf Gottes Kirche − würde ihm niemals gestatten, diese Eheschließung gutzuheißen. Und auch nicht die Politik, die Caylebs Antrag der ganzen Welt offenbart hatte. Irgendwo musste es eine Grenze geben zwischen dem, was die Liebe ihres Onkels noch ohne aktiven Widerstand zu ertragen vermochte, und dem, was Mutter Kirche einem treuen Sohn dieser Liebe zum Trotz abverlangte − und Sharleyan hatte nicht die Absicht, ihn in eine Lage zu bringen, sich zwischen diesen beiden Dingen endgültig entscheiden zu müssen.
    Sie wünschte, sie wäre in der Lage gewesen, ihn jetzt zu sich auf das Achterdeck zu holen. Doch er hatte ihr erklärt, er sei ›seekrank‹, so ruhig das Wasser der Tellesberg-Bucht auch war, und sich dann in seine Kabine zurückgezogen. Deswegen war der Mann, der nun tatsächlich neben ihr stand, der Graf Gray Harbor, nicht einer ihrer Landsleute aus Chisholm.
    Aus dem Augenwinkel betrachtete Sharleyan sein Profil. Seine Freude darüber, wieder in die Heimat zurückzukehren, war unverkennbar, und sie sah, wie sein Blick eifrig die farbenprächtige Menschenmenge betrachtete, die sich am Pier drängte. Die Holzplanken des Kais hatte man mit schweren, dicken Teppichen ausgelegt − erst jetzt bemerkte Sharleyan, dass alle diese Teppiche in chisholmianischem Blau gehalten waren, und sie fragte sich, wie Cayleb genug davon hatte auftreiben können. Die Banner beider Königreiche flatterten im Wind, und die Ehrengarde hatte bereits Aufstellung genommen. Doch Gray Harbors Gesichtsausdruck machte deutlich, wie wenig ihm an all dem festlichen Gepränge lag. Er suchte nach jemandem − einer ganz bestimmten Person −, und Sharleyan sah, wie er die Augen zusammenkniff, als er sie endlich gefunden hatte.
    »Dort, Eure Majestät«, sagte er leise, auch wenn angesichts der tumultartigen Jubelrufe am Ufer wohl niemand seine Worte verstanden hätte, der mehr als drei Schritte von ihnen entfernt stand, wenn der Graf geschrien hätte. Kaum merklich hob er die rechte Hand; fast glaubte Sharleyan schon, sie habe sich die Bewegung nur eingebildet. »Links neben der königlichen Standarte«, setzte er noch hinzu, und Sharleyan spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss, als sie in die angewiesene Richtung blickte.
    »War es wirklich so offensichtlich, Mein Lord?«
    »Eigentlich nicht, Eure Majestät.« Der Graf wandte sich zu ihr um und lächelte sie an. »Andererseits habe ich schließlich selbst eine Tochter.«
    »Ich werde mich nicht wie eine nervöse Jungfrau verhalten«, erklärte sie ihm und sprach damit genau die Gedanken aus, die ihr zuvor durch den Kopf gegangen waren. Sie sah, wie Mairahs Lippen sich zu einem angedeuteten Lächeln verzogen, als Gray Harbor leise lachte.
    »Wenn Eure Majestät mir gestatten, das anzumerken: Das ist beinahe schon ein wenig albern von Euch. Ihr seid immer noch sehr jung, wisst ihr? Älter als Cayleb zwar, das wohl, aber immer noch jung. Die ganze Welt wird noch reichlich Gelegenheit haben zu begreifen, dass Ihr beide eindrucksvolle Regenten seid. Doch nur dieses eine Mal, Eure Majestät, solltet Ihr bedenken, dass Euer Thron Euch bereits zahlloser Freuden beraubt hat, die jungen Frauen und Männern weniger hoher Geburt vergönnt sind. Genießt diese eine Freude, Eure Majestät! Ungeachtet aller Staatsangelegenheiten! So wahr auch alle Argumente sind, die ich vorgebracht habe, um meiner Verantwortung gerecht zu werden, Euch von der Staatskunst und der Weisheit dieser Entscheidung zu überzeugen, versichere ich Euch, dass der junge Mann, der Eurer dort drüben harrt, ein wirklich guter junger Mann ist. Er wird Euch glücklich machen, wenn dies überhaupt einem Mann gelingen kann, und ich verspreche Euch, dass Ihr niemals an seiner Ehre werdet zweifeln müssen oder über jedwede Entscheidung beschämt sein werdet, die er eines Tages treffen wird.«
    »Gott gebe, dass Ihr recht habt, Mein Lord«, sagte sie leise und ernsthaft.
    »Ich glaube, das wird Er tun«, erwiderte Gray Harbor. »Natürlich bin ich voreingenommen. Ich wäre wohl auch ein schlechter Erster Ratgeber, wenn es anders wäre. Aber ich habe miterlebt, wie Cayleb aufgewachsen ist, Eure Majestät. Es war mir vergönnt, sowohl seinen Vater als auch seine Mutter kennenzulernen, die Ehe mitzuerleben, die die beiden geführt haben … und die zu erstreben sie

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