Die Flotte von Charis - 4
Ach, und auch den Lagerhausbestandszoll, wo ich gerade darüber nachdenke.«
»Aber Ehdwyrd, du warst doch derjenige, der mir gesagt hatte, die Händler und Hersteller des Königreiches sollten bereit sein, ein wenig mehr zu zahlen, um die Navy zu finanzieren.«
»Das geschah ja offensichtlich in einem kurzzeitigen Anflug geistiger Umnachtung«, gab Howsmyn sofort zurück und lachte leise. »Jetzt, wo ich meinen Verstand wiedergefunden habe, merke ich sofort, dass da schon wieder diese fremde Hand in meine Geldbörse greifen will. Du weißt schon − die mit deinen Ringen am Finger.«
»Ach, aber ich gehe so vorsichtig vor, dass du den Schmerz kaum spüren wirst. Versprochen.«
Wieder lachte Howsmyn, dann wandten sie sich wieder den Gästen im Ballsaal zu.
Hätte man ihn dazu genötigt, darüber irgendetwas auszusagen, so hätte er anmerken müssen, diesen Abend weniger lästig zu empfinden als die meisten anderen. Seine Gemahlin war hocherfreut gewesen, als die Einladung sie erreicht hatte, und dieses Mal hatte er nicht einmal versucht, sie davon zu überzeugen, sie solle doch alleine gehen und sich amüsieren, während er sich zu Hause einem guten Buch widmete. Oder vielleicht einen Notfallbesuch bei seinem Zahnarzt zu arrangieren, oder irgendetwas ähnlich Erfreuliches. Zhain Howsmyn war die Tochter eines Grafen, während Howsmyn eben in den Stand eines Bürgerlichen hineingeboren war, und er hatte sich immer noch nicht ganz an den Adelsbrief gewöhnt, den ihm sein Reichtum zweifellos zu recht eingebracht hatte. Meistens hatte Zhain überhaupt keine Schwierigkeiten damit, einfach nur ›Madame Howsmyn‹ zu sein, nicht etwa ›Lady Werauchimmer‹, doch sie hatte einen deutlich höher entwickelten Sinn für die soziale Dynamik von Tellesberg und dem ganzen Königreich im Allgemeinen.
Howsmyn wusste sehr genau, wie wichtig ihm seine Ehefrau war. Nicht nur, dass sie einander wirklich aufrichtig liebten, sie gestattete ihm auch nicht im Mindesten, sich, was Gesellschaftsdinge betraf, in jene Art Einsiedelei zurückzuziehen, die ihm in vielerlei Hinsicht besser gepasst hätte. Ob er nun an derartigen Festivitäten wie jener an diesem Abend tatsächlich teilnehmen wollte oder nicht, er konnte es wirklich nicht rechtfertigen, sie vollends zu meiden. Ein Mann von seinem Wohlstand hatte diesbezüglich überhaupt keine Wahl, doch üblicherweise sorgte Zhain dafür, dass er stets zu jenen Veranstaltungen erschien, bei denen es unvermeidbar war, und ersparte ihm gnädigerweise jene, bei der sich das irgendwie einrichten ließ.
Doch niemand auf der Gästeliste hätte es rechtfertigen können, die Einladung zu dem heutigen förmlichen Ball abzulehnen. Nicht, wenn die Gastgeberin Königin Sharleyan von Chisholm war und die Veranstaltung in einem Ballsaal stattfand, den ihr Verlobter ihr für diesen Zweck überlassen hatte.
Howsmyn blickte zu den erlesen gekleideten, überreich mit Schmuck behangenen Höflingen hinüber, die sich dicht an dicht um König Cayleb und seine zukünftige Gemahlin drängten, und empfand tiefstes Mitleid, als er sah, wie Cayleb lächelte, Begrüßungen über sich ergehen ließ und fröhliche Unterhaltung pflegte, als genieße er das alles hier tatsächlich.
Und vielleicht tut er das ja sogar, dachte Howsmyn und bemerkte, wie dicht Sharleyan stets an seiner Seite blieb. Natürlich würde ganz offensichtlich kein Mann einfach nur davonspazieren und seine Verlobte alleine und verloren auf ihrer eigenen Feier herumstehen lassen. Cayleb hingegen hatte bislang noch nicht einmal zugelassen, dass irgendjemand anderes auch nur mit ihr tanzte. Eigentlich bezweifelte Howsmyn sogar, dass irgendjemand auch nur eine Hand zwischen die beiden hätte schieben können. Und Sharleyans Miene und Körpersprache zufolge war sie damit auch sehr glücklich und zufrieden.
»Ich denke, das alles wird sogar noch besser laufen, als ich gehofft hatte«, sagte Ironhill sehr leise, und Howsmyn blickte zu seinem deutlich größeren Freund auf.
»Ich nehme an, du beziehst dich auf das unglückliche Pärchen inmitten dieses Schwarms unersättlicher Kraken?«, fragte er nüchtern.
»Die scheinen tatsächlich heute sogar noch etwas aggressiver zu sein als sonst«, gab Ironhill zu. »Aber man kann ihnen das wohl kaum verübeln, denke ich.«
»Oh, ganz im Gegenteil, es fällt mir sogar sehr leicht, ihnen das zu verübeln.« Howsmyn verzog das Gesicht. »Ist dir schon einmal aufgefallen, dass es bei derlei Veranstaltungen immer
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