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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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Drahtigkeit zurückgefunden. Noch immer sehr mager, erwies er sich dennoch als äußerst robust und widerstandsfähig, hielt leicht mit den jüngeren Leuten Schritt und mauserte sich auch bald zum eigentlichen Anführer des ganzen Unternehmens, was unter anderem auch daran lag, dass Ulrich sich als Einziger von den nunmehr fünf Reisenden nicht von den Schauermärchen beeindrucken ließ, welche in der Gegend, in der sie ihre Goldhöhle zu finden trachteten, erzählt wurden.
    Eine ganze Weile hielten sie sich nun schon inmitten des Altvatergebirges auf. Selbst hier im Zentrum dieser Gegend, die noch waldreicher und schroffer war, fanden sich durchaus Siedlungen. Auch sie waren zumeist von Grubenarbeitern und Holzfällern bewohnt, denn neben Gold, Salz, Blei, Eisen und ebendiesem grenzenlosen Wald gab es kaum Äcker und Wiesen. Und das Gebiet erweckte auch ganz und gar nicht den Eindruck, in dieser Form urbar gemacht werden zu wollen. Wild war es, düster, unheimlich und dennoch so anziehend– ganz so wie die Weißen Frauen, von denen man sich erzählte und die seit dem letzten Winter in der Gegend um das Dörfchen Hotzenplotz ihr Unwesen trieben.
    In eben diesem Örtchen Hotzenplotz hatten die fünf gerastet, als ein altes Männlein, ursprünglich ein Siedler aus dem Schwäbischen, der schon als junger Knabe hierhergekommen und des Deutschen noch mächtig war, als ebendieser freundliche Greis ihnen von den Geistern erzählte:
    » Reisende, ich rate euch, bleibt immer auf den Pfaden. Verlasset niemals die Wege. Die Heulerinnen sind unterwegs. «
    So hatte der Alte begonnen und damit in Marie und Johann sogleich einen ordentlichen Schauder ausgelöst. Auch Reginos Neugierde war geweckt, von Maja ganz zu schweigen, deren Blick zwischen Faszination und Schrecken wechselte. Bloß Ulrich hatte die folgenden Worte stets mit ungläubigem Kopfschütteln quittiert und still immerzu » Unfug « vor sich hin gemurmelt. Doch den greisen Schwaben schien das nicht zu beirren. Er, wie sämtliche Bewohner der Gegend, war nämlich von der Wahrheit dieser Erzählung überzeugt, denn mehr als einer hatte sie nicht nur gehört, die Heulerinnen, nein, zahlreichen Menschen waren sie auch schon leibhaftig im tiefen Wald begegnet. Und so erzählte er seiner gespannten Zuhörerschaft, die sich in seiner bescheidenen, aber massiven Holzhütte um ein kleines, knisterndes Feuer versammelt hatte, von ebendiesen seltsamen Spukgestalten:
    » Weiß sind sie. Kreidebleich. Dem Grab entstiegen, in welches sie viel zu jung gelegt worden waren. Niemand kennt sie, niemand hat sie je zuvor gesehen. Wie wandelnde Lichter schreiten sie in den Wäldern des Altvater umher. Seit Anbeginn des Winters, seitdem die Tage kürzer und die Nächte länger werden, werden sie immer wieder gesehen. Meist jedoch hört man nur die Klagelaute der Winselmütter. So nennen die Menschen diese Weiber. Denn so jung und rein sie auch erscheinen, so schrecklich und markerschütternd sind ihre Schreie. Wem sie auf seinem Weg durch den Wald begegnen, dem droht der baldige Tod. Einigen ist es bereits so ergangen. Jüngst erst einem Jäger, der nur wenige Tage, nachdem er die Weißen Frauen gesehen hatte, von einem wilden Keiler getötet wurde. Wenn sie nur im Walde bleiben würden, so könnte man sie meiden. Längst umgehen die Menschen das Gebiet um die Dachsschlucht in einem großen Bogen. Auch jetzt, nach der Schneeschmelze, wagen sich nicht einmal die tapfersten Holzfäller dorthin, um das Bruchholz zu räumen. Denn dort wurden sie am häufigsten gesehen. «
    » Dachsschlucht? «
    Diese Frage kam wie aus einem Munde sowohl von Maja als auch von Marie. Die beiden Frauen schauten sich an, und auch Ulrich hielt kurzzeitig in seinem zweifelnden Kopfschütteln inne. Marie griff unwillkürlich nach der Karte, die sie in einem um die Hüften geschnürten Beutelchen verstaut hatte. Sie holte sie jedoch nicht hervor. Sie alle hatten sich nämlich hoch und heilig versprochen, niemandem etwas von dem endgültigen Ziel ihrer Reise im Altvater zu verraten, was die Suche natürlich umso schwieriger machte. Denn die dem üblen Fips entwendete Karte allein nützte mangels ihrer notwendigen Ortskenntnis in dieser spärlich erschlossenen Gegend nur wenig. Dennoch: Sie hatten beschlossen, es allein zu schaffen, ohne die Aufmerksamkeit der hiesigen Bewohner auf sich zu ziehen. Immerhin musste ihr Unterfangen nun einmal heimlich bleiben.
    » Ja, in der Dachsschlucht « , fuhr der Alte unbekümmert

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