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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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Urkunde auf dem Dorfplatze verlas? «
    » Warum will er ausgerechnet solche? « , blaffte Ulrich, sich über das Grinsen des Possenreißers ärgernd.
    » Nun wollen wir nicht ununterbrochen meine Leute beleidigen, Bauer Ulrich. Es sind gute, kräftige, junge Menschen. «
    » Und solche gibt es nicht im Böhmerland? «
    Regino geriet ins Stocken. Wieder kamen ihm Mordgedanken in den Sinn. Konnte dieser Kerl nicht einfach sein Schandmaul halten?
    » Welche Schelmerei führst du mit den armen Kindern im Sinn, Narr? Was erwartet sie tatsächlich in diesem Altvatergebirge? « Nun wurde Ulrich ungehalten.
    Marie kannte diese Momente nur zu gut. Sie waren selten, aber wenn Ulrich einmal in Rage geriet, dann war er kaum aufzuhalten. Sie begann sich zu sorgen, denn bei allem Verständnis für den guten Mann– der gewiss in allem, was er sagte, recht hatte–, es gab nun einmal kein Zurück. Sie mussten weitergehen. Sie, Marie, sowieso, und die entlaufenen jungen Leute aus dem Dorfe ebenfalls. Wilhelm hatte mit seinem Einwand recht gehabt: Wer konnte ihnen schon garantieren, dass der Grundherr sie bei ihrer Rückkehr nicht aburteilen und richten würde? Sein gutes Recht wäre dies allemal.
    Marie wollte gerade den Mund auftun und Regino zur Seite springen, als Maja dies überraschenderweise für sie tat.
    » Auf ein Wort, guter Bauersmann « , sagte sie mit fester, warmer Stimme, griff nach dem Zügel des Esels und wartete mit dem verdutzten Ulrich, bis alle anderen an ihnen vorbeigezogen waren, sodass sie beide alleine waren.
    Marie schaute sich noch einmal um.
    Was Maja ihm jetzt wohl sagen würde?
    » Was hat die denn jetzt mit ihm zu bereden? « , sprach Regino den gleichen Gedanken laut aus und zog Marie zu sich.
    » Ist dir eigentlich wohl dabei, dass er aufgetaucht ist? «
    Marie schüttelte leicht den Kopf, löste sich dann von Reginos Griff und ging allein weiter.
    Nein, ihr war ganz und gar nicht wohl dabei, dass Ulrich ihr gefolgt war. Doch nun war es geschehen, und es ließ sich nicht mehr ändern. Er war da. Er war wieder ganz der Alte. Alles war wie früher: Er sprach lauthals seine Zweifel über alles und jeden aus, aber er sprach mit Marie nicht über ihre Vergangenheit oder über den Grund ihrer Flucht. Mit keinem Wort hatte er die seltsame Nacht erwähnt, in der sie aus seinem Haus gestürzt war, nachdem sie versucht hatte, Ulrichs Gast Vitus Fips zu töten. Mit keinem Wort. Und auch Marie war zu feige, um mit ihm darüber zu sprechen.
    Wie gern doch hätte sie das alles restlos hinter sich gelassen. Ein für alle Mal.
    » Willst du leben, Bauer Filzhut? « , fragte Maja ganz unvermittelt, sobald alle anderen außer Hörweite waren.
    Ulrich starrte sie nur verwundert an.
    Er hielt die Alte für ein seltsames Weib, eines, das man in seinem Dorf gewiss eine Zauberin geschimpft und ins Moor gejagt hätte. Im Grunde war ihm nicht danach, sich mit ihr zu unterhalten, aber immerhin hatte sie ihn am gestrigen Tage sehr gut versorgt, und es war durchaus ihrer Heilkunst zu verdanken, dass er heute wieder bei Kräften war.
    » Ja, ich will leben. Und ich will, dass mein Weib lebt « , antwortete er verwirrt.
    » Dann schweige, auch wenn du die Wahrheit spürst « , murmelte Maja verklausuliert.
    » Warum? «
    » Teufel oder Beelzebub? Wähle! «
    Ulrich schüttelte den Kopf. Dieses Weib hatte eindeutig den Verstand verloren.
    » Wir haben keine Wahl, Ulrich. Aber achtsam sollten wir sein. Du bist nun hier. Also bleibe bei uns. Lass uns gemeinsam weiterziehen. Schau nach vorn und dreh dich niemals, niemals um. «
    » Was sollen diese Rätselworte? « , brummte Ulrich und blickte nun tatsächlich nach vorn, wo soeben der Letzte der Schar hinter einer Biegung des Pfades verschwand.
    » Ich will dir nur sagen « , meinte Maja nun mit klarerer Stimme und auch mit klarerem Blick, » auch ich weiß, dass man Regino nicht vertrauen kann. Doch er ist das geringere Übel. Das ist alles. Wenn dir dein Leben und das deiner Marie lieb ist, dann würde ich mich beeilen, so weit wie möglich fortzugehen und nicht den Rückweg einzuschlagen. «
    Damit versetzte Maja dem Esel einen Klaps, sodass er davontrabte, während sie selber noch eine Weile stehen blieb und vorsichtig in den den Pfad umgebenden Wald spähte. Dann griff sie an ein Amulett, welches sie in der mysteriösen Gasse in Goslar erstanden hatte, küsste es mehrmals, stieß einige undeutliche Worte aus, schaute noch einmal nach hinten und eilte dann rasch weiter des Weges,

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