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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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seinem Gegenüber im nächsten Moment den Kopf abschlagen.
    » Gefunden « , antwortete der andere Strohgast lapidar und streichelte einem der noch immer erschrockenen Nagetiere über den Rücken.
    » Wo? «
    » Unweit Quedlinburgs. «
    » In einem Grab? «
    » Nicht auf einem Friedhof. Ich schände keine heiligen Stätten. « Wieder kam die Antwort lapidar und ließ es Konrad schwerfallen, nicht einfach zuzuschlagen.
    » Du hast ein Grab geöffnet? «
    » Wusste ich, dass es eines ist? Es war ein frischer Erdhaufen inmitten eines Waldes. Keine geweihte Erde. Ich war neugierig. «
    » Du bist ein Leichenfledderer. Du wirst in der Hölle schmoren. Was hast du noch genommen? « , Konrad hatte nun das Schwert fallen lassen und war dem drahtigen Mann an die Gurgel gegangen. Ein fester Ruck, und er hätte ihm den Hals umgedreht. Es kribbelte entsetzlich verlangend in Konrads Fingern.
    » Einen Ring « , ächzte der andere, grinste aber immer noch.
    Konrad stand auf und zog den Fremden mit nach oben, ohne von dessen Hals abzulassen. Dann stieß er ihn so heftig von sich, dass er krachend gegen einen Bretterverschlag fiel, diesen dabei zertrümmerte und somit vier dürren, quiekenden Ferkeln einen größeren Auslauf ermöglichte. Danach ging er hinüber zu dem Lager des Grabräubers und wühlte in dessen Beuteln herum. Bald war zwischen allerlei widerwärtigen Abfällen– gewiss Rattenfutter–, Landkarten, Lumpen und wenigen Kupfermünzen der Ring des verstorbenen Graumäntlers Bertold gefunden.
    Konrad steckte ihn ein und bekreuzigte sich mehrmals. Er würde den Ring nach seiner Rückkehr auf die Marienburg an die Verwandten des Toten schicken und ein Dutzend Messen für dessen erschüttertes Seelenheil lesen lassen.
    » Hast du das Grab wieder geschlossen? « , herrschte er nun den noch immer keuchend am Boden Liegenden an.
    » Ja, das habe ich. «
    » Schwörst du? «
    » Ich schwöre bei meinem Leben. «
    » Von deinem Leben wirst du nicht mehr viel haben, du Untier. «
    » Verschont mich, Herr. Gott wird es Euch lohnen « , flehte der andere nun mit einer Stimme, so schrill wie das Fiepen seiner Ratten.
    » Nicht auf meine Gnade, sondern auf die des Herrn bist du angewiesen, Leichenfledderer. Du hast das Grab eines Pesttoten geschändet. «
    » Die Pest? «
    Nun war der vermeintliche Knecht doch wieder auf seinen drahtigen Beinen.
    » Die Pest? « , wiederholte er, und der Blick seines einzigen Auges verriet, dass er von Konrad ein » Nein « erhoffte. Doch das erhielt er nicht.
    » Pack deine Sachen und dein Ungeziefer und verschwinde. Wenn du mir noch einmal in meinem Leben begegnen solltest, dann werde ich dich auf der Stelle einen Kopf kürzer machen. Das schwöre nun wieder ich bei meinem Leben. «
    » Ich bin schon fort « , zischte der andere, kehrte humpelnd und sich die Seite haltend zu seinem Lager zurück, packte unter dem wachsamen Blick des Ordensritters seine Siebensachen zusammen, schulterte seinen Rucksack und ließ auch die Ratten auf seine Schultern klettern, um alsdann das Weite zu suchen.
    Hinaus in die stürmische, regnerische Nacht.
    Auf in die reiche Bischofsstadt Aschersleben, wo der nächste Streich seines Spiels auszuführen war.
    » Sei verflucht « , hauchte er noch, als er sich ein letztes Mal nach der riesigen Gestalt des Ritters umwandte und dann die windschiefe Türe hinter sich zuschlug.

XIX
    S ie hatten den Harz nun endgültig hinter sich gelassen und nach einem Marsch durch verhältnismäßig trockenes und nur leicht hügeliges Ackerland die Stadt Aschersleben beinah erreicht. Die Rast verheißenden imposanten Stadtmauern zeigten sich bereits in der Dämmerung, und ein erleichtertes Aufatmen war in der Gruppe zu spüren. Man freute sich auf eine geruhsame, trockene Nacht in einer bescheidenen Herberge. Doch dann überlegte es sich, zur Überraschung aller, der noch immer seltsam wortkarge Regino anders.
    » Liebe Leute, wir gehen nicht in die Stadt der Askanier « , verkündete er laut und fast ein wenig majestätisch, während er beide Arme ausbreitete und somit die Übrigen zum Stehen brachte.
    » Warum denn das nicht? « , fragte Marie. Sie ging neben dem mittlerweile wieder völlig erschöpften Ulrich her, der nur noch wie ein lebloser Mehlsack auf dem Rücken des ebenfalls müden Eselchens hing. Der geschwächte Mann benötigte unbedingt eine längere Rast in einem halbwegs trockenen Unterschlupf.
    Auch von den anderen in den hinteren Reihen waren Laute des Unmutes und der

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