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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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jung, nicht ganz so zart, nicht ganz so sauber gekleidet und frisiert wie die Engel, aber mindestens ebenso liebreizend: seine Marie.
    Er hatte sie tatsächlich gefunden.
    » Da bist du. Na endlich « , flüsterte er nur und versank wieder in einem wohligen Dämmerschlaf.
    » Er ist einfach bloß erschöpft und wird gewiss in ein paar Stunden wieder aufwachen « , meinte Maja, als sie einen Blick auf den ausgemergelten Mann warf, welchen Regino und Johann in die Höhle gebracht hatten.
    » Wie hat er mich nur gefunden? « , fragte die erstaunte Marie, während sie die Hand des Schlafenden streichelte.
    Maja blickte zu ihr herüber. Marie schien nicht glücklich über diese Begegnung zu sein. Traurig wirkte sie, belastet, aber dennoch wohlwollend. Die alte Frau legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter.
    » Die Liebe, Marie. Sie ist ein tückisches Kraut. Nur in wenigen Fällen wirkt sie, sobald zwei von ihr probieren, bei beiden auf die gleiche Weise. Meistens entfacht sie nur in einem ein Feuer, während sie den anderen unberührt lässt. Ungerecht ist das, nicht wahr? «
    » Ich hab ihn doch gern « , widersprach Marie.
    » Das bezweifele ich nicht « , schmunzelte Maja, während sie die Hand auf die Stirn des Schlafenden legte, um zu prüfen, ob er fieberte. » Es wird nicht leicht für ihn werden. Besser, er wäre in seinem Dorf geblieben. «
    » So ist es « , hörten sie nun die Stimme Reginos. Sie hatten sein Herannahen gar nicht bemerkt. Doch mehr noch als sein plötzliches Erscheinen hinter ihrem Rücken erschreckte die beiden Frauen der Klang seiner Stimme. Sie war alles andere als fröhlich, vielmehr wirkte sie düster. So hatte man den lustigen Gaukler bislang nicht erlebt.

XV III
    R egino hatte es mit einem Male sehr eilig weiterzuziehen.
    Äußerst übellaunig verhielt er sich, seitdem der Bauer Ulrich Filzhut zu ihnen gestoßen war. Anders als die übrigen Reisenden schien es ihn überhaupt nicht zu freuen, dass der Neuankömmling sich binnen eines Tages von seinem Schwächeanfall erholt hatte, wieder aufrecht sitzen, feste Nahrung zu sich nehmen und vor allem auch unverblümt seine Meinung von sich geben konnte.
    Und diese Meinung war keine hohe, was das Vorhaben des Pfeifers von Bunseborn betraf. Zum Glück waren die Frauen und Burschen anfangs zu sehr damit beschäftigt, das magere, graue Männlein zu umhegen und nach der Reaktion ihrer verlassenen Familien sowie nach seinem abenteuerlichen Marsch zu befragen, als dass irgendjemand seinen dahingeplapperten Warnungen Gehör geschenkt hätte. Doch spätestens nach ihrem sehr frühen Aufbruch am nächsten Morgen, zu welchem Regino sie allesamt drängte, indem er jeden Einzelnen eigenhändig aus dem Schlaf rüttelte– spätestens seitdem hatte die Redseligkeit des sonst so sturen Ulrich Filzhut derartig zugenommen, dass es langsam bedrohlich für Regino wurde und er sich überlegen musste, wie er diesem Bauern die Butter vom Brot nehmen konnte.
    Sie stapften in der gewohnten Formation über schmale Pfade dahin. Im besten Falle konnten zwei nebeneinandergehen, meist mussten sie jedoch im Gänsemarsch laufen, während Marie das Eselchen führte, auf welchem ihr überraschend aufgetauchter Gemahl aufgrund seiner wunden Füße Platz genommen hatte. Widerwillig war Ulrich auf das Tier gestiegen, geschimpft hatte er und sich sturer betragen als das Grautier selbst, denn es wollte ihm nicht gefallen– dem zwar schwachen, aber dennoch so robusten Mann–, dass er der Einzige in der Gruppe war, dem eine derartige Sonderbehandlung zukam. Reisten mit ihnen doch auch noch eine Greisin und zwei zarte Fräulein, von denen eine jede es eher verdient hätte, getragen zu werden. So war zumindest seine Meinung, während Marie ihn ständig auf seine blutigen, geschwollenen Füße hinwies, die eher unförmigen Fleischklumpen glichen.
    » Jetzt lass gut sein, Ulrich. Du bleibst auf dem Tier sitzen. Wenn du auch nur drei weitere Schritte gehst, dann wirst du es mit dem Wundfieber zu tun bekommen « , wiederholte sie nun gewiss zum siebenten Male, während auch Ulrich ein ihm wichtiges Anliegen wiederholt zum Besten gab:
    » Mariechen, ich habe gar nicht vor, meine Füße weiter-, sondern sie vielmehr zurückzutragen. Zurück in unser Dorf, dahin, wo die Heimat dieser verlorenen Kinder ist, die von dem Spitzbuben dort vorn ins Verderben geführt werden. « Den Ausdruck » Spitzbube « betonte er besonders und erntete daraufhin einen düsteren Blick seitens Regino, in dem

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