Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)
so sanften Augen funkelte es zornig. Johann wich vor Schreck etwas zurück. » Friedrich würde mich niemals an diesen Menschen ausliefern. Niemals. «
» Gewiss nicht « , stammelte Johann kleinlaut, und dann fragte er, um das Mädchen wieder zu besänftigen: » Muss man eigentlich unbedingt von Adel sein, um in den Orden aufgenommen zu werden? «
Adelheids Lippen verformten sich zu seiner Erleichterung nun zu einem Lächeln.
» Wünschst du etwa dem Ritterorden beizutreten, Johann? « , fragte sie und blickte ihm nun zum ersten Male etwas länger in die Augen.
Johann spürte deutlich, wie er errötete. Am liebsten wäre er darüber im Erdboden versunken.
» Das ist nicht möglich « , stotterte er. » Oder? «
» Ich weiß es nicht. Mein Vater sagte stets, der Orden öffne sich vor allem dem niederen Adel: Söhnen von schlichten Grundherren, einfachen Rittern oder Ministerialen. Männer von hochedlem Geblüt seien dort sogar weniger willkommen als die Söhne von betuchten Stadtbürgern. Das heißt also, dass auch Nichtadelige aufgenommen werden. «
» Nun, ein reicher Kaufmannssohn bin ich nicht gerade « , murmelte Johann enttäuscht. » Aber ebenso wenig von hohem Adel. Warum wollen sie denn keine Fürstensöhne bei sich haben? «
» Der Orden will seine Selbstständigkeit bewahren und sich nicht vom mächtigen Reichsadel beherrschen lassen. Die Ritter sind sehr eigen. «
» Das gefällt mir « , lachte Johann und verlor für einen kurzen Moment seine Scheu. » Das gefällt mir sehr gut. Frei sind sie. Ungebunden. «
» Ich kann mir Euch recht wohl als Ritter vorstellen, Johann « , meinte nun Adelheid. Sie hatte sich von Johanns Freude anstecken lassen und strahlte ihn nun regelrecht an.
» Dann würde ich für Euch meine Lanze im Turnier schwingen, holde Maid. « Johann verbeugte sich bei diesen etwas zu verwegenen Worten leicht vor Adelheid und bemerkte, als er zu ihr aufsah, dass sie nun ebenfalls errötete.
Was war nur in ihn gefahren?
Er ging wieder einmal zu weit. Wieder einmal war er zu ungestüm, zu ungeduldig. Doch es war zu spät, und es reute ihn auch nicht, denn Adelheid schien ihm diesen dreisten Wunsch nicht zu verübeln.
Leicht berührte sie mit ihrer weißen Hand seine Schulter und lächelte ihn an. Noch immer waren ihre zarten Wangen rosa verfärbt.
» Da ist es! «
Majas krächzende Stimme klang begeistert und erscholl befremdlich über den müden Trupp nun still, ja apathisch wandernder Leute hinweg, die seit ihrer unerwarteten Kehrtwende vor Aschersleben jetzt bereits zwei weitere Stunden lang ohne Rast unterwegs waren. Und das, indem sie mittlerweile mühevoll einem sich schlängelnden Bachlauf gen Süden folgten, anstatt auf den festen Wegen zu gehen, welche durch die zahlreichen Bauerndörfer dieser Gegend führten, wo sich gewiss der eine oder andere trockene Heuboden zum Übernachten angeboten hätte. Doch ihre alte Wegweiserin hatte darauf bestanden, dem Bächlein durchs Nirgendwo zu folgen, und Regino war damit einverstanden gewesen.
Man hatte sich gewundert, war aber zu müde gewesen, um zu protestieren. Doch jetzt schien man hoffentlich am Ende dieses Irrwegs durch Schilf und feuchten Schlick.
Aller Augen richteten sich erwartungsvoll nach vorn. Der freudige Ausruf der Alten hatte gewiss einen guten Grund. Die erschöpfte Truppe wünschte sich, ein Wirtshaus zu erblicken, doch anstelle eines in der hereinbrechenden Dunkelheit hell erleuchteten Fachwerkhäuschens ragte vor ihnen aus der Landschaft nichts weiter auf als ein Hügel. Ein wenig einladender, von Wildwuchs überwucherter Hügel.
Doch ebendiesen schien Maja schon die ganze Zeit über anzupeilen, denn ihr ausgestreckter Arm wies eindeutig in seine Richtung. Wohin anders hätte er auch weisen können? Es war ja wenig anderes in diesem Nichts aus Wiesen und Äckern zu sehen.
» Das muss er sein, der Schalkenberg « , rief sie. » Meine Erinnerung täuscht mich also nicht. «
» Was wollen wir denn ausgerechnet dort? « , fragte der Knecht Otto erschöpft.
» Was wir dort wollen? « erwiderte die Alte. » Das ist ein heiliger Ort. Eine heidnische Stätte, in der noch immer der Geist der Ahnen spürbar ist. «
» Wie kann eine heidnische Stätte heilig sein? Das ist wieder einmal nichts als Teufelei « , flüsterte Lisa der todmüden Anna zu.
Maja hatte dies durchaus vernommen und wandte sich augenzwinkernd den beiden jungen Frauen zu, ohne jedoch einen Kommentar zu dieser Bemerkung abzugeben.
» Ganz
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