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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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Bäume des an diesem sonnigen Tag freundlichen Waldes passiert hatte und sich auf einem holprigen breiten Fahrweg wiederfand, blieb Marie plötzlich wie angewurzelt stehen.
    » Was ist das? « , fragte sie, erschrocken auf eine Landschaft blickend, die nicht viel anders aussah, als sie sich den Ort des Fegefeuers vorstellte.
    Eine graue Wüste tat sich unwirtlich, gar albtraumhaft vor ihr auf und grenzte sich durch das abscheuliche Bild, welches sie bot, scharf von dem schönen Frühsommermorgen ab, dem diese Einöde keine Gelegenheit bot, ihr mit seinen Farben und seiner Frische näherzurücken. Ein abstoßendes Gelände war das, in dem hier und dort Feuer loderten, sich dunkle Geröllberge auftürmten und schwarze Schlacke träge Rinnsale bildete, die sich in breiige Pfützen ergossen. Das monotone Schlagen von Hämmern gegen Stein war zu hören, und ein übler Gestank nach verbrannter Erde und Schwefel hing schwer in der Luft.
    » Kupferschiefer « , hörte Marie nun die schwer atmende Stimme Majas hinter sich, welche sich beeilt hatte, der jungen Frau zu folgen. » Dort wird Kupferschiefer abgebaut. Wir sind hier im Mansfelder Land, da reißen sie überall die Erde auf, um danach zu suchen. Man röstet das Gestein und gewinnt daraus Silber und Kupfer. Ekelhafte Ausdünstungen entstehen dabei, nicht wahr? «
    » Und ich dachte schon, ich hätte das Tor zur Hölle gefunden « , antwortete Marie erleichtert und drehte sich nach Maja um. Doch ihr Blick traf nicht die Alte, sondern den Mann, der plötzlich hinter Maja aufgetaucht war und eine schwere spitze Hacke in beiden Händen hielt.
    Wie aus dem Nichts war er erschienen und musterte die beiden Frauen neugierig.
    » Ihr habt ganz recht: Das ist die Hölle « , meldete er sich jetzt mit undeutlicher, kratziger Stimme zu Wort. » Die Hölle auf Erden. «
    Maja schaute stumm, aber mit fragendem Blick zu Marie, doch als diese daraufhin langsam den Kopf schüttelte, war auch der Alten klar, dass es sich bei dem verkrüppelten Menschen wohl nicht um den gefürchteten Vitus Fips handelte. Dennoch konnte Marie nicht aufhören, ihn anzugaffen, als sei er tatsächlich soeben dem Fegefeuer oder gar dem Höllenschlund entschlüpft.
    Unwillkürlich neigte auch Maja ihren Kopf ein wenig zur Seite, um dem Mann ins Gesicht schauen zu können. Sie selbst war ein buckeliges, krummes Weib, doch ihre Krümmung beschrieb eine leichte Kurve nach vorn. Dieser Kerl jedoch krümmte sich von der Brust aufwärts zur Seite, und zwar so sehr, dass er die Welt aus einem vollkommen schiefen Blickwinkel wahrnehmen musste.
    » Wie kommt’s? « , fragte Maja.
    Offensichtlich wusste der Mann sogleich, was sie meinte.
    » Der Berg. So sehen viele von uns aus. Wir liegen den ganzen Tag über in den Spalten und klopfen den Stein heraus. Da bleiben die Knochen gleich in dieser Ausrichtung, um sich am nächsten Morgen nicht wieder umbiegen zu müssen. «
    Dabei zuckte er leicht mit der nach oben gebogenen linken Schulter und lachte, als ob es das Selbstverständlichste von der Welt sei, in einem Körper, der sich fast im rechten Winkel zur Seite neigte, durchs Leben zu gehen. » Was sucht ihr hier, Weibsvolk? « , wollte er nun wissen.
    Sein Gesicht war schwarz von Ruß, aber seine Augen blickten freundlich, und nach dem Zustand seiner Zähne zu urteilen, war dieser gebogene Mensch keine dreißig Jahre alt, auch wenn man ihm gut und gerne hundert Sommer und Winter zugetraut hätte.
    » Wir suchen einen Mann « , antwortete Marie, nachdem sie sich endlich an den merkwürdigen Anblick gewöhnt hatte. » Er ist übersät mit Narben, hat bloß ein Auge, hinkt, und es fehlen ihm auch einige Finger. «
    » Der Rattenkerl in dem Umhang mit dem schwarzen Kreuz? « , fragte der Kupferhauer sofort.
    » Ja, genau. « Marie war erstaunt, dass er Fips offenbar tatsächlich begegnet war. Aber ein schwarzes Kreuz? Mit gerunzelter Stirn blickte sie zu Maja herüber, die sie in diesem Moment zum ersten Male auf ihrer gemeinsamen Reise ein Kreuzzeichen machen sah.
    » Der war gestern hier und hat in den verlassenen Hütten dort unten nach Ratten gesucht. So sagte er zumindest, als wir ihn packten. Dann versuchte er uns über das Bergwesen auszufragen. Wollte wissen, wie man Gruben gräbt, stützt und entwässert. Wir aber hielten ihn für einen gemeinen Dieb, haben ihm einen gehörigen Tritt in den Hintern verpasst und ihn verscheucht. Den also sucht ihr. «
    » Wo ist er hin? «
    » Ich weiß es nicht. Er stieß einen

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