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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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taten sie.
    Eine geschlagene Stunde warteten sie auf die Rückkehr der Buben. Gustav kam als Erster, bereits von Weitem mit dem Kopfe schüttelnd. Fritz folgte wenige Augenblicke später aus dem Süden kommend, auch er brachte schlechte Nachricht:
    » Es wird bloß schlimmer. Mehrere Arme hat der Fluss da unten gar. Da müssten wir uns wenigstens zwei Mal nass machen, um hinüberzugelangen. «
    » Keine Dörfer oder Städte? « , fragte Maja.
    » Ein, zwei kleinere Bauerndörfer in den Auen, aber keine Furten oder Fähren. «
    » Boote? «
    » Danach habe ich nicht geschaut. «
    » Je weiter der Osten, desto weniger Menschen und desto wilder die Natur. Eigentlich kein schlechtes Zeichen für unser Vorhaben, aber im Moment sehr ungünstig « , murmelte Regino in sich hinein.
    » Sei’s drum « , rief er dann voller Tatendrang und klatschte aufmunternd in die Hände. » Gott wird uns beistehen. Wer von euch ist ein guter Schwimmer? Johann, du vielleicht? «
    Johann fuhr regelrecht zusammen. Immer und überall war er an erster Stelle dabei, wenn es darum ging zu helfen und seinen Mut unter Beweis zu stellen. Er ging keiner Prügelei aus dem Wege, stürzte sich sogar ins Feuer, wenn es sein musste. Aber Wasser? Nein, vor Wasser besaß Johann seit Kindertagen eine solch natürliche Scheu, dass er, der sonst so frivole Jüngling, nicht ein einziges Mal in den schönen Weiher unterhalb der Burg seiner Heimat gesprungen war, so wie es all seine Freunde an den wenigen heißen Sommertagen ihrer Jugend getan hatten. Er würde gewiss nicht über diesen Fluss schwimmen. Er konnte es auch gar nicht. Wie ein Stein würde er versinken.
    Betreten blickte er zu Adelheid hinüber, die ihn doch tatsächlich erwartungsvoll anschaute.
    Auch das noch. Seit gestern hatte sie ihn kaum eines Blickes gewürdigt, war ihm immer still und heimlich ausgewichen, wenn er sich ihr nähern oder das Wort an sie richten wollte. Und jetzt, da sie ihn zum ersten Male wieder beachtete, musste er sich als Feigling erweisen.
    Er druckste. Wusste nichts zu sagen. Schwer lasteten die hoffnungsvollen Augen auf ihm, wie bleierne Kugeln erschienen sie ihm, und fast hätte er todesmutig » Ja, ich tu es! « geschrien, als ihm zum Glück Wilhelm zuvorkam:
    » M-man s-s-sagt mir nach, i-i-i-ich sei ein g-g-g-guter Sch-sch-schwimmer, Meister R-regino. «
    Alle anderen Reisenden aus dem Dorf unter der Oldenburg nickten zur Bestätigung dieser Worte. Allein Anna schaute besorgt und wollte ihren Liebsten am Rockzipfel zurückhalten, als dieser aufstand und auf Regino zuging. Doch er ließ sich nicht beirren.
    » Das ist ja wunderbar. « Regino klopfte dem jungen Mann aufmunternd auf die breiten Schultern, und Maja war sogleich zur Stelle, um ein langes Seil zu bringen. Woher auch immer sie dieses wieder genommen hatte. Herbeigezaubert? Auf dem Wege gefunden? Oder vorausblickend auf dem Markt in Quedlinburg erstanden? Man konnte es nicht sagen.
    Sie bespuckte das Tau mehrmals und pochte in rhythmischen Bewegungen mit den Fingerspitzen darauf, dann befestigte sie es mit dem einen Ende außergewöhnlich flink und gewandt an einem kräftigen Baum und reichte das andere Ende dem mutigen Wilhelm, der das eingespeichelte Seil mit einem etwas verunsicherten Ausdruck im Gesicht entgegennahm.
    » Alle Jahre braucht das Wasser einen Menschen. Wir wollen hoffen, dass nicht du dieser Mensch bist, mein Junge « , raunte Maja ihm zu. » Gib acht, dass sie dich nicht hinunterziehen oder mit sich reißen, die schönen Nixen. «
    Wilhelm nickte hastig, von Mut in seiner Miene war nicht mehr die geringste Spur zu sehen. Maja hingegen griff ganz ungerührt, so als habe sie ihm gerade lediglich von am anderen Ufer wachsenden Blumen erzählt, nach einem langen dürren Stock, der zu ihren Füßen lag, und schleuderte diesen mit ungeahnter Kraft wie einen Wurfspieß mitten in den Fluss.
    Ein lautes » Oh « und » Ah « war aus der Gruppe zu vernehmen. Alle staunten, und manche gruselten sich ob dieser erneut zur Schau gestellten wunderlichen Taten der alten Einsiedlerin. Der Stock hatte sich doch tatsächlich in den Flussboden gebohrt und ragte für einen Moment um Halbarmeslänge heraus, bevor er von der Flut fortgerissen wurde.
    » Bis zur Brust wird es den Kleingewachsenen von uns gehen « , sagte Maja nun, nachdem sie genau Augenmaß genommen hatte.
    » Also, los! Was kann jetzt noch misslingen? Hinüber mit dir, tapferer Jüngling « , sprach Regino feierlich und spähte etwas

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