Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)
sich möglichst eindrucksvoll verständlich zu machen, als auch schon der beherzte Johann zur Stelle war und etwas sehr Unvernünftiges tat.
» Johann! « , schrie Marie, die noch immer benommen war. » Johann! «
Aber Johann hörte nicht.
Ungestüm ging er mit seinem etwas krummen, grob gearbeiteten und schon teils rostigen Kurzschwert auf den sehr viel besser gerüsteten Ordensritter los und rief, ihm seine Waffe entgegenhaltend: » Wenn Ihr einen Schuldigen sucht, so habt Ihr ihn in mir vor Euch, edler Ritter, der so edel nicht sein kann, wenn er einen Unbewaffneten von hinten angeht. «
Konrad grinste müde, wandte sich langsam dem kühnen Angreifer zu und holte dann blitzschnell mit dem Arm aus, um diesem die lächerliche Waffe aus den Händen zu schlagen. Doch offenbar hatte er sich in dem jungen Kerl getäuscht.
Ausgewichen war dieser. Und zwar so rasch, dass Konrad recht unelegant nach vorn ins Leere stolperte und sogar beinahe wieder im Uferschlamm gelandet wäre, wo er noch soeben mit dieser schönen Bäuerin gelegen hatte. Gerade hatte er sich wieder aufgerappelt und umgedreht, da war der Bursche mit seinem Sax– einer Waffe, so alt, dass sie gewiss noch aus den heidnischen Zeiten seiner Urväter stammte– zur Stelle und hielt ihn dem Ritter gegen die Brust.
Konrad ließ sein Schwert sinken, blickte hinunter auf die stumpfe Klinge, die sich gegen den teuren, aus Leidener Tuch gefertigten Mantel drückte, den er über seinem schützenden Kettenhemd trug.
» Du wirst die Kraft dreier Ochsen benötigen, Junge, um mit diesem Brotmesser auch nur einem Hasen die Kehle zu durchtrennen. Aber flink bist du, das muss ich dir lassen « , murmelte er grinsend.
Ein leichtes, zufriedenes Zucken umspielte nun auch Johanns Mundwinkel, doch er versuchte es zu unterdrücken. Platzen hätte er können vor Stolz. Einen echten Ritter hatte er bezwungen und sich von diesem auch noch ein Lob eingehandelt. Doch es war keine Zeit, um sich zu freuen.
» Ich habe die beiden Damen aus dem Stift geholt « , sagte er jetzt, während er sich vor Konrad aufrichtete.
Johann war kaum kleiner als dieser, aber um einiges schmächtiger. Dennoch nahm er all seinen Mut zusammen, um Eindruck auf diesen Mann zu machen, konnte aber nicht verhindern, dass seine Stimme bebte. » Und ich bereue es nicht. Denn ich handelte redlich. «
» Ja, das tat er « , mischte sich Marie ein. Sie näherte sich den beiden Kampfhähnen vorsichtig, um nicht erneut eine versehentlich zugefügte Verletzung davonzutragen.
Konrads Blick wanderte von Johann zu Marie und wieder zurück, dann zog er kritisch die Brauen hoch: » Redlich? «
» Traut Ihr mir nach diesem Kampf etwa kein redliches Handeln zu? Ich errettete die Damen aus arger Bedrängnis « , tönte Johann.
Selbst Marie musste bei diesen etwas zu dick aufgetragenen Worten ein wenig kichern.
Konrad begann laut zu lachen. » Wahrlich, das war eines der schwersten und langwierigsten Gefechte, die ich je habe bestreiten müssen « , sagte er dann und verbeugte sich leicht vor Johann. Dieser wurde rot vor Zorn, doch das schien Konrad nicht zu stören. » Aus welcher Bedrängnis, tapferer Herr, mussten die Damen denn errettet werden? «
» Gebt es zu. Ihr seid es « , presste Johann nun mit zusammengekniffenen Augen zwischen den Zähnen hervor. » Ihr seid es! «
» Oh ja, er ist es. Er– und kein anderer « , vernahm man jetzt auch die dunkle Stimme Majas aus dem Hintergrund. Sie hatte sich bislang sehr zurückgehalten und stand noch immer im großen Abstand am äußersten Rande der Szenerie. So wie der erleichterte Regino, welcher es in dieser Situation ausnahmsweise für angebracht hielt zu schweigen.
» Wer bin ich? «
» Der Mann, den sie ehelichen soll. Ihr seid es. Doch sie will Euch nicht. «
» Johann! « , zischte Marie wieder und griff nach dem Arm des Jungen. Wenn es stimmte, was der verliebte Grünschnabel da vermutete, so war es sehr gefährlich, gar tödlich für ihn, dies auszusprechen.
Konrad sagte nichts, aber er tat auch nichts. Lange blickte er dem Burschen nur mit verkniffenem Mund ins wütende Gesicht.
Dann hatte sich dieses junge Ding tatsächlich selbst zu helfen gewusst.
Friedrichs Schwester schien gar kein solch frommes Lamm zu sein, wie ihr Bruder sie geschildert hatte, denn zu ihrer Errettung vor dem unerwünschten zukünftigen Gatten hatte sie sich einen zwar nicht standesgemäßen, aber doch immerhin hübschen und zudem mutigen jungen Helden auserwählt. Damit
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