Die Flucht der Königin: Die Chroniken des Magnus Bane (02) (German Edition)
Besitz und ihren natürlichen Rechten. Ich bin mir sicher … Ich bin mir sehr, sehr sicher … wenn sie nicht bald befreit werden, überleben sie das nicht. In diesem Bewusstsein kann ich nicht länger leben. Als man sie aus Versailles herausgezerrt hat, habe ich all meinen Besitz verkauft und bin ihnen nach Paris gefolgt. Ich werde ihnen überallhin folgen.«
»Was erwarten Sie von mir?«, wollte Magnus wissen.
»Man hat mir gesagt, Sie könnten das Aussehen eines Menschen verändern. Durch … eine Art … Wunder.«
Diese
Beschreibung seiner Talente nahm Magnus nur allzu gerne an.
»Welchen Preis auch immer Sie verlangen, er wird bezahlt werden. Darüber hinaus wird die königliche Familie von Schweden über Ihre großzügige Unterstützung in Kenntnis gesetzt.«
»Bei allem Respekt, Monsieur«, antwortete Magnus. »Ich lebe nicht in Schweden. Ich lebe hier. Und wenn ich tue, worum Sie mich bitten …«
»Wenn Sie tun, worum ich Sie bitte, erweisen Sie Frankreich den allergrößten Dienst. Sobald die königliche Familie an ihren rechtmäßigen Platz zurückgekehrt ist, wird man Sie als großen Helden verehren.«
Auch das änderte wenig an Magnus’ Entscheidung. Was Magnus’ Entscheidung ins Wanken brachte, war von Fersen selbst. Es waren seine blauen Augen und sein schwarzes Haar, seine Leidenschaft und sein offensichtlicher Mut. Es war die Art, wie er vor ihm stand: so groß und stark …
»Monsieur, werden Sie uns beistehen? Geben Sie uns Ihr Wort, Monsieur?«
Es war außerdem eine wirklich schlechte Idee.
Es war eine furchtbare Idee.
Es war die schlechteste Idee, die er jemals gehabt hatte.
Es war unwiderstehlich.
»Ihr Wort, Monsieur«, wiederholte Axel.
»Ich gebe es Ihnen«, antwortete Magnus.
»Dann komme ich morgen Abend wieder und erläutere Ihnen den Plan«, sagte von Fersen. »Ich erkläre Ihnen, was zu tun ist.«
»Ich bestehe darauf, dass wir gemeinsam zu Abend essen«, entgegnete Magnus, »wenn wir uns zusammen in dieses große Abenteuer stürzen.«
Es folgte eine kurze Pause, dann nickte Axel kurz.
»Ja«, sagte er. »Ja. Ich stimme Ihnen zu. Wir werden gemeinsam dinieren.«
Als von Fersen gegangen war, betrachtete Magnus sich lange im Spiegel und suchte nach ersten Anzeichen einer Geisteskrankheit. Der Zauber, den er für das Unterfangen brauchen würde, war recht simpel. Er würde problemlos in den Palast hinein- und auch wieder hinausgelangen und zwischendurch einen einfachen Zauberglanz erzeugen. Niemand würde je davon erfahren.
Er schüttelte den Kopf. Das war Paris. Hier erfuhr jeder auf irgendeine Weise alles.
Er nahm einen tiefen Schluck von seinem Champagner, der längst warm geworden war, und ließ ihn im Mund kreisen. Alle berechtigten Zweifel wurden vom lauten Pochen seines Herzens übertönt. Es war so lange her, dass er dieses Kribbeln verspürt hatte. In seinem Kopf war jetzt nur noch Platz für von Fersen.
Am nächsten Abend ließ sich Magnus das Essen liefern, eine Gefälligkeit des Küchenchefs des Hôtel de Soubise. Magnus’ Freundeskreis ermöglichte es ihm, über das Küchenpersonal und ihre vorzüglichen Speisen zu verfügen, wann immerer ein besonderes Mahl auf den Tisch zu bringen hatte. An diesem Abend wartete er mit einer cremigen Taubenbisque, Steinbutt, Ente à l’Orange, am Spieß gebratenem Kalbfleisch, grünen Bohnen
au jus
, Artischocken und einem Tisch voller Eclairs, Obst und winzigen Kuchen auf.
Die Zusammenstellung des Menüs war recht einfach gewesen – die seiner Garderobe war alles andere als das. Nichts, aber auch wirklich gar nichts, erschien ihm passend. Es musste etwas sein, das einerseits kokett und anziehend wirkte, andererseits aber auch geschäftsmäßig und seriös. Erst dachte Magnus, der zitronengelbe Rock und die gleichfarbigen Kniebundhosen mit der lila Weste würden diesen Anforderungen gerecht werden, doch dann tauschte er sie gegen die limonengrüne Weste und die violetten Kniebundhosen ein. Schließlich entschied er sich für ein Ensemble in schlichtem Himmelblau, aber erst, nachdem er den gesamten Inhalt seines Kleiderschranks durchprobiert hatte.
Das Warten war ein süßer Schmerz. Magnus konnte nichts tun als auf- und abzulaufen und dabei immer wieder aus dem Fenster zu schauen, während er darauf wartete, dass von Fersens Kutsche vorfuhr. Dazwischen kontrollierte er immer wieder sein Aussehen im Spiegel und sah nach der Tafel, die Claude und Marie so sorgfältig eingedeckt hatten, bevor er sie für den Abend
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