Die Flucht der Königin: Die Chroniken des Magnus Bane (02) (German Edition)
aus dem Haus geschickt hatte. Axel hatte darauf bestanden, dass sie unter sich bleiben würden, und Magnus erfüllte ihm diesen Wunsch nur allzu gern.
Um Punkt acht Uhr hielt eine Kutsche vor Magnus’ Tür, und er stieg aus – Axel. Er sah sogar hoch, als wüsste er,dass Magnus am Fenster stehen und auf ihn warten würde. Er schenkte ihm ein Lächeln zur Begrüßung und Magnus verspürte eine angenehme Form von Übelkeit, Panik …
Er eilte die Treppe hinunter, um Axel die Tür zu öffnen.
»Ich habe meinen Bediensteten den Abend freigegeben, wie Sie es wünschten«, sagte er, während er sich bemühte, seine Fassung wiederzuerlangen. »Treten Sie ein. Das Abendessen wartet bereits auf uns. Ich hoffe, Sie verzeihen mir diesen informellen Empfang.«
»Selbstverständlich, Monsieur«, entgegnete Axel.
Axel hielt sich jedoch nicht lange mit dem Essen auf. Er gestattete sich noch nicht einmal das Vergnügen, genüsslich seinen Wein zu trinken und dabei Magnus’ Charme auf sich wirken zu lassen. Stattdessen ging er gleich zum geschäftlichen Teil des Abends über. Er hatte sogar Karten mitgebracht, die er auf dem Sofa ausbreitete.
»Wir haben den Fluchtplan im Laufe der vergangenen Monate ausgearbeitet«, erklärte er, während er eine Artischocke von einem Silbertablett gabelte. »Das heißt: ich, einige Unterstützer und die Königin selbst.«
»Und der König?«, fragte Magnus.
»Seine Majestät hat sich gewissermaßen aus der Angelegenheit … herausgehalten. Ihn hat angesichts der Lage der Dinge der Mut verlassen. Ihre Majestät hat daraufhin die Verantwortung übernommen.«
»Sie scheinen Ihrer Majestät sehr … freundlich gesinnt«, bemerkte Magnus vorsichtig.
»Ihr gebührt unser aller Bewunderung«, entgegnete Axel, während er sich mit der Serviette die Lippen abtupfte.
»Und ganz eindeutig vertraut sie Ihnen. Sie müssen einander sehr nahestehen.«
»Sie hat mich großzügigerweise ins Vertrauen gezogen.«
Magnus konnte zwischen den Zeilen lesen. Axel war jemand, der genoss und schwieg, was ihn nur noch attraktiver machte.
»Der Fluchtversuch muss am Sonntag stattfinden«, fuhr Axel fort. »Unser Plan ist einfach, muss aber genauestens befolgt werden. Wir haben alles so arrangiert, dass die Wachen bestimmte Leute zu bestimmten Zeiten an bestimmten Ausgängen sehen. Am Abend der Befreiung werden wir diese Leute durch die königliche Familie ersetzen. Die Kinder werden um halb elf geweckt. Den Dauphin verkleiden wir als kleines Mädchen. Er und seine Schwester werden von der königlichen Gouvernante, der Marquise de Tourzel, aus dem Palast gebracht werden und zum Place du Carrousel laufen, wo ich auf sie warte. Ich werde die Reisekutsche lenken. Dann warten wir auf Madame Elisabeth, die Schwester des Königs. Sie wird durch dieselbe Tür entkommen wie die Kinder. Sobald der König sein
Coucher
für den Abend beendet hat und man ihn allein gelassen hat, wird er den Palast ebenfalls verlassen, und zwar verkleidet als Chevalier de Coigny. Ihre Majestät … flieht als Letzte.«
»Marie Antoinette verlässt den Palast als
Letzte?
«
»Das war ihre Entscheidung«, antwortete von Fersen schnell. »Sie ist außerordentlich mutig. Es war ihr Wunsch, als Letzte zu gehen. Sollte die Flucht der anderen entdeckt werden, gedenkt sie, sich selbst zu opfern, um ihrer Familie die Flucht zu ermöglichen.«
In seiner Stimme lag wieder dieses leidenschaftliche Beben. Doch als er Magnus diesmal ansah, ließ er seinen Blick einen Moment lang auf ihm ruhen. Er sah ihm direkt in die katzenartigen Pupillen.
»Warum soll dann nur die Königin einen Zauberglanz bekommen?«
»Das hängt zum Teil mit unserem Zeitplan zusammen«, erklärte Axel. »Mit der Reihenfolge, in der die Leute beim Kommen und Gehen gesehen werden müssen. Seine Majestät wird bis zu seinem
Coucher
permanent von Menschen umgeben sein. Gleich danach wird er fliehen. Ihre Majestät ist die Einzige, die eine Weile allein im Palast sein wird. Zudem würde sie schneller erkannt werden.«
»Schneller als der König?«
»Aber natürlich! Seine Majestät ist nicht besonders … attraktiv. Niemand sieht ihm lange ins Gesicht. Bei ihm behalten die Leute seine Kleidung im Gedächtnis, die Kutsche und sämtliche äußerlichen Anzeichen seines königlichen Status. Ihre Majestät dagegen … ihr Gesicht ist wohlbekannt. Es wurde studiert, gezeichnet und gemalt. Man kopiert ihren Stil. Sie ist wunderschön und ihr Gesicht ist vielen Menschen in Erinnerung
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